Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
Vom Netzwerk:
unsicher zu fühlen. Und wer zu sehr um seine Sicherheit besorgt ist, sticht auch wieder heraus. Dieses Haus ist ein Rückzugsort und wird wahrscheinlich nur benutzt, wenn Dali in der Stadt ist. Sein Hauptwohnsitz wird in Los Angeles sein.«
    »Wie sollen wir vorgehen?«, wendet Tommy sich an Kirby.
    Sie grinst und zwinkert. »Ich wäre für die direkte Methode. Ich klopfe an die Tür. Nicht sehr wahrscheinlich, dass Dali mich kennt, oder?«
    »Dafür würde ich die Hand nicht ins Feuer legen.«
    Sie zuckt mit den Schultern und klopft auf die Pistole, die sie unter ihrer Windjacke verbirgt. »Wenn Dali nicht an die Tür kommt, muss ich eben Big Red hier ziehen und mich selbst ins Haus lassen.«
    »Kirby«, warne ich, »wir dürfen keine Aufmerksamkeit auf uns lenken.«
    Sie verdreht die Augen. »Nur Ruhe, Boss-Lady. Ich bin Profi, schon vergessen? Das Auto ist ein Wegwerffahrzeug mit falschen Nummernschildern. Ihr beide zieht euch Strumpfmasken über, dann passiert uns nichts. Vertraut mir.«
    Ich vertraue ihr nicht, ich vertraue hier gar nichts, aber mir bleibt keine Wahl. Kirby ist die Profikillerin in unserer Truppe. Sie tötet schon sehr lange und ist allen Aussagen zufolge sehr gut darin.
    »In Ordnung«, sage ich seufzend. »Wir tun, was du vorschlägst.«
    »Seid ganz ruhig und wartet, bis ihr von mir hört. Entweder, ich klingele euch auf den Handys an, oder ihr seht, wie ich die Tür eintrete. Okay?« Sie zwinkert mir noch einmal zu und steigt aus dem Auto.
    »Verrückt«, murmelt Tommy.
    »Ja.«
    Wir beobachten, wie sie zur Haustür schlendert und anklopft. Augenblicke vergehen. Schweiß tritt mir auf die Stirn. Es ärgert mich.
    Die Tür wird geöffnet. Wir können nicht erkennen, wer drin ist, aber wir sehen, wie Kirby in die Jacke greift, sich voranbewegt und im Haus verschwindet.
    »Himmel«, hauche ich.
    Diese Bedenkenlosigkeit. Wenn man überlegt, wer Kirby ist und womit sie ihr Geld verdient, wirft es ein bestürzendes Schlaglicht darauf, wie rasch ein Mensch sterben kann.
    Ungefähr fünf Minuten vergehen, dann klingelt mein Handy. »Ich habe Dali gesichert«, sagt Kirby. »Die Haustür ist auf, also parkt in der Einfahrt und kommt rein. Keine Sorge, okay?« Sie legt auf.
    Ich starre auf das Haus. Jetzt müssen wir es bis zum Ende durchziehen. »Also?«, fragt Tommy. »Gehen wir.«
     
    Das Haus ist anders, als ich erwartet habe. Ich hatte mir eine Art Vorstadt-Gulag vorgestellt: keine Bilder an den Wänden, im Kühlschrank ein einziger Milchkarton, der Schrank voll gefriergetrockneter Mikrowellenmahlzeiten.
    Stattdessen sehe ich Gemälde und Fotos in eleganten Rahmen. Das meiste ist geschmackvoll.  Einiges  ist sogar sehr gut,  besonders die Fotografien,  die unterschiedliche Motive zeigen, von Menschen bis zu Landschaften. Die Fußböden bestehen aus honigfarbenem Hartholz, das warm und einladend wirkt. Kleine Teppiche liegen dekorativ an sinnvollen Stellen. Das Mobiliar ist sauber und nicht mehr ganz neu.
    »Kirby?«, rufe ich.
    »Im Wohnzimmer.«
    »Ist das Musik?«, fragt Tommy.
    Ich lausche. »Klassische Musik. Ich glaube, Beethoven.«
    Wir durchqueren den Korridor und das Esszimmer und kommen ins Wohnzimmer. Es liegt neben der Küche, ein weiter, offener Raum in dem Stil, der von Architekten als das »Konzept des großen Raums« bezeichnet wird. Ich mag es nicht. Ich ziehe Räume mit Wänden vor. Im Wohnzimmer stehen ein hübsches Sofa, ein mittelgroßer Flachbildfernseher und ein Couchtisch. Stehlampen spenden Licht. Die Vorhänge vor den Fenstern sind zugezogen. Die Jalousie auf der Glasschiebetür, durch die man in den Garten hinter dem Haus gelangt, ist geschlossen.
    Dali sitzt auf einem Küchenstuhl, an Händen und Füßen mit Handschellen gefesselt, und sieht mich kühl an. »Hallo, Mercy Lane«, sage ich. »Hallo, Nummer fünfunddreißig«, antwortet sie.
    Ich hatte es bereits vermutet, bevor der Name auf dem Grundbucheintrag des Hauses diese Vermutung bestätigt hat. Dennoch erstaunt es mich maßlos: Dali ist eine Frau. Was ich in meiner Zelle gesehen und für mich behalten habe, war ein glatter Hals ohne Adamsapfel. An Eric Kellermans Leiche hingegen war er sehr ausgeprägt gewesen.
    »Woher wussten Sie Bescheid?«, fragt sie mich.
    Ich antworte nicht gleich. Ich lasse mir Zeit. Ich betrachte die Person, die mich in dieses Schattenland geführt hat, in dem ein Mord sowohl akzeptabel als auch wünschenswert ist. Dali ist eine kleine Frau mit hübschem Gesicht. Sie trägt ihr

Weitere Kostenlose Bücher