Ausgeloescht
möglich.«
Ich schaue an meinem sonnengelben Kleid hinunter und seufze. »Ja, Sir. Ich bin gleich da.«
Kapitel 5
Der Mann starrt auf die E-Mail und fängt an zu zittern. Er kann nichts dagegen tun. Der Schrecken wirkt sofort und mit voller Wucht. Auf dem Bildschirm steht:
Du hast deine Chance vertan. Ich habe dir etwas in den Garten gelegt.
Die Nachricht trägt keinen Namen, aber das ist auch nicht nötig. Der Mann weiß, von wem sie stammt.
O
Gott, warum habe ich nicht getan, was er verlangt hat?
Er schaut zum anderen Ende des Wohnzimmers, wo die Glasschiebetür hinaus in den Garten führt. Die Angst jagt seinen Puls hoch. Sein Herz klopft heftig. Zu heftig.
Bekomme ich einen Herzanfall?
Er blickt wieder auf die E-Mail, dann noch einmal zur Terrassentür. Er schließt die Augen.
Reiß dich zusammen.
Der Mann steht auf, geht vom Computer weg und aus dem Arbeitszimmer. Er lässt die Nachricht auf dem Bildschirm. Ihm ist jeder Schritt bewusst, den er über das Nussbaumparkett macht. Beinahe zählt er seine Schritte ab.
Das wird schlimm.
Er weiß es, weil er den Mann kennt, mit dem er es zu tun hat. Nein, das ist nicht ganz richtig. Wenn es so wäre, wenn er wirklich begriffen hätte, wie dieser Mann ist, hätte er seinen Teil der Abmachung auf jeden Fall eingehalten.
Er erreicht die Schiebetür und späht hindurch. Es ist früher Vormittag, und die Sonne ringt mit den Wolken um die Vorherrschaft am Himmel. Er hat einen großen Garten mit einem überreichlich bewässerten Rasen, wie Kalifornier ihn bevorzugen.
Er sieht es sofort und blinzelt.
Was ist das?
Es sieht aus wie ein schwarzer Plastiksack mit einem ... Strohhalm? Ist das ein durchsichtiger Plastikstrohhalm, der da rausguckt?
Sein Herz klopft noch heftiger, soweit das überhaupt möglich ist. In seinem Kopf bahnt sich ein Gedanke seinen Weg.
Schwarzer Plastiksack...
Er kennt ein Wort dafür.
Leichensack.
Der Mann schluckt Galle, schiebt die Tür zur Seite und überquert die Terrasse. Er ist barfuß, und das Gras ist feucht und kalt unter seinen Sohlen, doch er bemerkt es kaum. Der schwarze Sack nimmt seine Aufmerksamkeit gänzlich in Anspruch.
Er glänzt in der Sonne. Ein starker Reißverschluss zieht sich über die gesamte Länge hinweg. Der Strohhalm (das sieht der Mann jetzt) ist ein Stück durchsichtiges Plastikrohr und steckt in einem Loch, das in den Sack geschnitten wurde.
Mach ihn nicht auf.
Die innere Stimme ist laut und voller Angst. Wahrscheinlich ist es ein guter Rat, den Sack nicht aufzumachen. Der Mann kniet sich ins Gras. Schmutz und Nässe, die in den Stoff seiner hellen Hose dringen, sind ihm egal. Er greift nach dem Reißverschluss. Zögert.
Das ist deine letzte Chance. Noch kannst du zurück.
Er schluckt und zieht den Reißverschluss zur Hälfte herunter, ehe er weiter darüber nachdenken kann.
Er sieht ihr Gesicht und taumelt zurück. Fast wird ihm schwarz vor Augen. »Dana!«
Das Wort kommt wie ein Keuchen hervor, als hätte er sich einen Schlag in den Magen eingefangen.
Sie ist da. Der Strohhalm ist an ihren Mund geklebt; das Klebeband verdeckt die Lippen. Mit ihren Augen stimmt etwas nicht, ganz und gar nicht. Sie sind klar, aber leer.
Tote Augen.
»O Gott, o Gott...«, flüstert der Mann.
Sie sollte gestern in einen Badeort reisen. Ein Zwei-Tage-Trip, ein kleiner Tapetenwechsel. Zwar hatte sie am Abend nicht angerufen, aber der Mann hat sich nichts dabei gedacht. Er hatte zu viele andere Dinge im Kopf.
»Verzeih mir, Liebling ... o Gott, es tut mir so leid ... warte, ich nehme den Strohhalm weg ...« Er plappert dummes Zeug, das ist ihm klar, aber er kann nicht anders.
Sanft zieht er das Klebeband von ihren Lippen und das Röhrchen aus ihrem Mund.
Der Mund öffnet sich, bleibt schlaff. Speichel läuft aus den Mundwinkeln, während sie geistlos in den Himmel starrt. Aus dem Sack riecht es. Der Mann braucht ein paar Sekunden, um zu begreifen, wonach es riecht: Urin und Kot.
»Dana?«, spricht er sie an und hofft auf eine Reaktion.
Ihr Kehlkopf bewegt sich ein bisschen, und er glaubt, sie wolle etwas sagen. Ungeachtet des Gestanks beugt er sich vor.
»Liebling?«
Sie rülpst lange und laut, leckt sich über die Lippen. Weiterer Speichel fließt aus ihrem Mund.
Er weicht hastig zurück, auf allen vieren, will Abstand zu dem Grauen gewinnen. Dann fällt er auf den Rücken ins Gras und blickt hinauf zum Himmel, der tiefblau ist. Die Sonne ist durch die Wolken gekommen. Es wird ein schöner
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