Ausgeloescht
wurde. Außerdem hat sie Verbrennungen, die möglicherweise von Elektroschocks stammen.«
»Also wurde sie gefoltert?«, fragt Alan.
»Ich bin mir ziemlich sicher«, erwidert der Arzt. »Was die Frage sexueller Misshandlung angeht, habe ich nach einer ersten, allerdings flüchtigen Untersuchung keine Anzeichen dafür gefunden. Keine jüngeren oder älteren Risse in der Scheidenwand oder am Anus. Keine Bissspuren. Ich konnte jedoch feststellen, dass sie eine Geburt gehabt hat.«
Ich zucke zusammen. »Was?«
»Die Frau hat eine Kaiserschnittnarbe und Dehnstreifen.«
»O Gott«, flüstere ich. »Und wo ist das Kind?«
»Haben Sie sonst noch etwas herausgefunden?«, fragt Callie.
Der Arzt zögert. »Sie ist zu hellhäutig«, erklärt er schließlich.
Alan zieht eine Braue hoch, sagt aber nichts.
»Wie meinen Sie das?«, frage ich.
»Manche Menschen haben von Natur aus sehr helle Haut, aber diese Frau hat eine extrem ungesunde Farbe. Ich kann keine Hinweise auf eine Anämie feststellen, aber ihre Augenlider sind weiß, und in Anbetracht der Narben liegt die Vermutung nahe, dass ihr über einen langen Zeitraum hinweg das Tageslicht verwehrt wurde.« »Du lieber Himmel!«, stößt Alan hervor.
»Ich habe ihr Blut abgenommen und werde es unter anderem auf Vitamin-D-Mangel prüfen. Das ist vorerst alles, was ich Ihnen berichten kann.«
»Danke«, sage ich. Es klingt lahm und unangemessen, aber so ist es immer.
»Seltsam, dass keine sexuelle Gewalt angewendet wurde«, sagt James. Ich habe gar nicht bemerkt, dass er sich wieder zu uns gesellt hat. »Lange Gefangenschaft und Folterungen haben in den meisten Fällen entweder politische oder sexuelle Motive.«
Er hat recht. Da macht sich jemand die Mühe, einer Frau zu folgen und ihren Tagesablauf auszukundschaften. Er beobachtet sie und entführt sie dann. Er fesselt sie an Händen und Füßen, peitscht sie aus, sodass Narben zurückbleiben, aber er vergewaltigt sie nicht?
»Er kann es natürlich auf nicht invasive Art getan haben«, überlegt James. »Möglicherweise hat er sie betäubt, oder er hat sie gezwungen mitzumachen, um Willigkeit vorzutäuschen.«
»Aber das passt nicht mit dem Foltern zusammen«, entgegne ich. »Die andere Frage ist: Warum hat er sie freigelassen? Und warum hat er sie vor unseren Augen aus dem Wagen geworfen? Glaubt hier noch jemand an einen Zufall?«
»Ein Zufall ist sehr unwahrscheinlich«, sagt James.
»Der Ansicht bin ich auch«, sagt Barry, der sich zum ersten Mal äußert. »Jemand, der diese Frau über einen so langen Zeitraum hinweg am Leben halten konnte, kann kein Idiot sein. Er würde nicht den Fehler begehen und sie grundlos in der Nähe einer Versammlung von Polizisten freilassen. Was hat er noch mal geschrieben? >Folgen Sie den üblichen Ermittlungsschritten.< Er weiß, was wir tun werden, und er will,
dass
wir es tun.«
Ich schaue ihn an, und er zieht fragend die Augenbrauen hoch. »Was ist?«
»Das weißt du genau. Ich glaube nicht, dass ich Zuständigkeitsprobleme bekommen werde, da es offenbar ein Entführungsfall ist, aber falls doch, könntest du ein Wort für mich einlegen?«
Barry kratzt sich am Kopf und überlegt. »Ich werde mit dem Captain reden«, sagt er dann. »Den Entführungsaspekt hochspielen und darauf hinweisen, dass ihr schon immer solche Fälle bekommen habt.«
»Danke.«
»Nicht der Rede wert. Diesen Fall wird sowieso keiner wollen. Der stinkt meilenweit nach unlösbar.« »Wir werden sehen.«
»Ja«, sagt Barry. »So, Leute, ich muss los. Ich habe ein heißes Date heute Abend.«
Callie blickt ihn finster an. »Du hast dich an meinem Hochzeitstag verabredet?« Barry lächelt. »Du bist immer noch die Schönste im ganzen Land.« Sie schnieft. »Entschuldigung akzeptiert.«
Barry tippt sich grüßend an die Stirn und geht. »Das ist Bockmist«, sagt James kopfschüttelnd.
Ich beachte ihn nicht, sondern wende mich Callie zu. »Wir werden die Fingerabdrücke der Frau nehmen und durchs Suchprogramm laufen lassen, Callie. Vielleicht haben wir Glück, und sie ist schon mal aufgefallen.« Ich zeige auf ihr Kleid. »Hast du was zum Wechseln?«
Sie hält ihr Handy in die Höhe. »Ich ruf Kirby an. Sie wird mir alles bringen, was ich brauche.«
Mein Handy klingelt.
»Barrett«, melde ich mich.
»Sie müssen ins Büro kommen, Smoky«, sagt AD Jones.
»Jetzt, Sir?«
»Unverzüglich.«
»In Ordnung. Ich fahre nur schnell nach Hause und ziehe ...« »Keine Zwischenstopps. Kommen Sie so schnell wie
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