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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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geschwitzt wie ein Schwein, als wir hereinkamen. Sie sagten, Sie seien krank und hätten geschlafen, aber ich glaube Ihnen nicht.«
    Hollister schweigt. Er hat sich in den Vogel verwandelt. Alan ist die Kobra.
    »Was mich ernsthaft beunruhigt, ist Folgendes.« Alan rückt näher heran, schiebt ein Knie zwischen Hollisters und erzeugt eine unterschwellige Bedrohung seiner Männlichkeit. »Als ich Sie gefragt habe, wo Ihre Söhne sich aufhalten, haben Sie gelogen. Und das macht mir Sorgen, Mr. Hollister. Was könnte Sie bei der harmlosen Frage, wo Ihre Jungs sind, zu einer Lüge veranlassen?«
    Hollisters Augen sind immer größer geworden, und sein Mund steht offen, doch ich bezweifle, dass es ihm bewusst ist. Er zerbricht vor unseren Augen.
    »Außerdem achten wir auf die sogenannten Affekte«, fährt Alan fort. »Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um die sichtbaren Wirkungen bestimmter Emotionen, die jemand erlebt - ein gelangweilter Affekt, ein trauriger Affekt und so weiter.« Er rückt noch näher und schiebt das Knie noch weiter vor. Es ist nur noch eine Handbreit von Hollisters Schritt entfernt.
    Hollister furzt, ohne es zu merken, doch für uns ist es verräterisch genug. Man erlebt so etwas manchmal bei Vernehmungen. Furzen oder Rülpsen sind unwillkürliche Angstreaktionen, unabhängig von Schuld oder Unschuld eines Befragten.
    »Ihr Affekt, als ich nach Ihren Söhnen fragte, wechselte von ängstlich bis zu gefühllos. Wissen Sie, bei wem ich diese Reaktion meistens erlebe?« Alan reckt den Kopf nach vorn. »Bei Mördern.«
    Hollister schluckt. Er zittert jetzt am ganzen Körper. Die meisten Leute haben keine Ahnung, wie vernichtend ein Verhör sein kann.
    »O Mann, er macht sich nass«, murmelt Burns.
    Ich sehe, wie der Fleck sich ausbreitet, noch ehe ich es rieche.
    »Wo sind die Leichen Ihrer Söhne?«, fragt Alan.
    Hollister bleibt stumm. Er kann nicht mehr sprechen. Stattdessen streckt er den Arm aus und zeigt zur Treppe.
    Ich verliere keine Zeit. Ich überlasse Hollister meinen Kollegen und stürme die teppichverkleideten Stufen hinauf. Im Flur brennt Licht. An den weißen Wänden hängen dicht an dicht gerahmte Fotos. Was die Schlafzimmer angeht, habe ich falsch gelegen: Es sind nur zwei. Die Flügeltür führt ins Elternschlafzimmer, während eine andere, schlichte Tür am rechten Ende des Flurs in das andere Schlafzimmer führt. Die dritte Tür gehört zum Bad; ich sehe es, weil sie offen steht.
    Ich nehme mir das Elternschlafzimmer zuerst vor. Als ich die Tür aufdrücke, schlägt mir Fäkaliengeruch entgegen. Ich ziehe die Nase kraus und gehe mit gezogener Waffe weiter. Das Zimmer ist erstaunlich schmucklos. Über dem Ehebett hängt ein Ventilator. Eine Wand ist dunkelblau gestrichen, die anderen weiß. Die Möbel sind aus Holz und weder alt noch neu.
    Von jetzt an werde ich Beige mit ganz anderen Augen sehen.
    Die Witzelei verjagt die Angst nicht, und beinahe drücke ich ab, als ich das Geräusch höre: ein Schnauben, dann ein nasses Schmatzen. Es kommt aus dem Bad.
    Ich atme tief durch, konzentriere mich und bewege mich zur Tür. Sie ist nur angelehnt, und ich schiebe sie auf.
    Ich sehe Avery und Dylan Hollister sofort. Ich habe nichts anderes erwartet, dennoch werden mir vom Schock die Knie weich. Auf dem Boden liegt ein dicker Badezimmerteppich, der bis zur Wanne und zur Dusche reicht. Einer der Jungen liegt auf der Seite, das Gesicht zum Teppich gedreht, sodass sein Hinterkopf und die Ohren zu sehen sind. Er hat Blutergüsse am Hals. Der andere Junge liegt auf dem Rücken, mit dem Gesicht nach oben; die Augen sind geschlossen, der Mund steht offen. Ich knie mich hin, taste bei dem ersten Jungen nach dem Puls, hoffe ihn zu spüren, rechne aber nicht damit.
    Nichts.
    In diesem Moment höre ich wieder das Schmatzen.
    Ich springe auf, die Waffe erhoben. Das Geräusch kommt aus der Wanne, die sich als tiefer Whirlpool entpuppt. Langsam bewege ich mich darauf zu. Ich kann einen Leichensack darin liegen sehen. Ein weißes Plastikrohr lugt heraus. Plötzlich bewegt sich der Sack, und ein nasses Gurgeln dringt daraus hervor.
    Ich stecke die Waffe weg und steige in den Whirlpool, ohne nachzudenken. Mir zittern die Hände, als ich den Reißverschluss aufziehe. Der Fäkaliengestank ist übelkeiterregend, doch ich beachte ihn nicht. Ich kann nur eines denken: In dem Sack steckt jemand, der noch lebt, der möglicherweise verletzt ist, und die Zeit arbeitet gegen ihn. Ich schlage die Seitenbahnen

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