Ausgeloescht
Hartholzböden, gewölbte Decken mit glattem Putz, indirekte Beleuchtung. Eine Treppe mit Holzgeländer und beigefarbenem Teppich führt ins Obergeschoss. Das Haus ist groß. Ich tippe auf fünf Schlafzimmer. Wahrscheinlich drei oben, einschließlich des Zimmers der Eltern, und zwei unten. Nett.
Wir kommen an der Küche vorbei, die geräumig und schick ist, mit Granitarbeitsplatte und Edelstahlgeräten, ohne dabei kalt zu wirken. Schnickschnack und Topfpflanzen stehen auf Zierdeckchen, die ein Stilbruch sind. Das ist nicht die Küche eines Puristen. Die Kühlschranktür ist unter Zetteln und Magneten verschwunden. An der Wand hängt ein Emailschild mit dem Spruch »Gott segne dieses Heim«.
Wir gelangen ins Wohnzimmer, in dem es nicht viel anders aussieht. Ein Fünfzig-Zoll-Plasmafernseher steht gegenüber einer langen Couch. Ich sehe eine Xbox und einen Stapel Spiele. Ein gefülltes DVD-Regal in gefälliger Unordnung. Auf dem Sofatisch liegt eine feine Staubschicht, schätzungsweise drei oder vier Tage alt.
Das kommt mir bekannt vor. Es ist das Zuhause eines berufstätigen Paares, das sich Mühe gibt, den Zeitmangel aufzufangen, und das seine Sache ganz gut macht. Überall sieht man Nachlässigkeit, aber sie ist nicht störend, und es ist nirgendwo schmutzig. Dasselbe finde ich jeden Abend vor, wenn ich nach Hause komme.
Hollister bittet uns mit einer Geste, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Alan setzt sich neben ihn, Burns nimmt auf der anderen Seite Platz. Ich bleibe stehen. Es geht nichts über eine kleine Abweichung, wenn man für Unbehagen sorgen will.
Ich schaue in den Garten, als Alan zu reden anfängt. Es ist ein großer Garten ohne Bäume, aber mit saftigem grünem Gras.
»Gestern hat sich etwas ereignet, Mr. Hollister«, sagt Alan. »Wissen Sie noch, an welchem Tag Ihre erste Frau entführt wurde?«
»Heather?«
»Ja.«
Hollister denkt darüber nach und schwitzt, »äh ... warten Sie. Es war nach ihrer Fitnessstunde. Mitte der Woche. Mittwoch. Ja. An einem Mittwoch. Warum?« »Wo waren Sie zu der Zeit?«
Verärgerung huscht über sein Gesicht, doch er antwortet ohne Zögern. Hier bewegt er sich auf sicherem Boden. »Ich war zu Hause.« »Was haben Sie getan?«
Hollister gräbt in seinem Gedächtnis. »Ich habe mir einen Film angesehen. Meine Söhne haben schon geschlafen. Der Film war, äh ...
Dirty Harry.«
Alan schmunzelt. »Clint. Ein Mann nach meinem Herzen. Was halten Sie von ihm? Ist er als Schauspieler oder als Regisseur besser?«
Burns wirf mir einen Blick von der Seite zu. Ich ignoriere ihn. Er weiß nicht, worauf es Alan ankommt, aber ich weiß es.
Hollister findet die Frage genauso rätselhaft. Dennoch antwortet er. »Ich finde ihn als Regisseur besser. Ich mag die Dirty-Harry-Filme und die Western, aber erst als Regisseur konnte er zeigen, was wirklich in ihm steckt.«
»Ganz meine Meinung. Welchen Film halten Sie für seinen besten? Filme, bei denen er Regie geführt hat, meine ich.«
Hollister überlegt. Dass er überhaupt auf diese Fragen antwortet, stärkt meinen Verdacht, dass er schuldig ist. Bei einer Vernehmung stürzt ein Schuldiger sich auf jede Möglichkeit, sich beliebt zu machen, weil er meint, dass wir ihm wegen seiner Freundlichkeit mehr trauen. Hollister jedoch bemüht sich so verzweifelt um Alans Sympathie, dass er sich nicht einmal zu wundern scheint, warum Clint Eastwood das Gesprächsthema ist.
»Mystic River,
würde ich sagen.«
»Ihre Frau Heather wurde lebend aufgefunden.« Alan wechselt den Gang, ohne auf Hollisters Antwort einzugehen.
Man könnte eine Stecknadel fallen hören. Hollister starrt Alan an. Er macht eine Schluckbewegung wie ein Fisch, der einen Köder herunterwürgt. »Heather wurde gefunden?«, sagt er schließlich. »Wo?«
Ich runzle die Stirn.
Gefunden?
Nicht:
Sie lebt?Eine
seltsame Rückfrage.
»Sie wurde auf einem Hotelparkplatz aus einem Auto geworfen. Meine Kollegen und ich haben dort an einer Hochzeitsfeier teilgenommen. Wir vermuten, der Täter hat den Ort wegen der vielen Polizisten ausgesucht.«
»Viele Polizisten? Was meinen Sie damit?«
Wieder eine seltsame Rückfrage.
»Fast jeder Hochzeitsgast gehörte zum FBI oder zum LAPD.«
Hollister sieht weg. Sein Blick streift mich und huscht sofort in eine andere Richtung. Er schwitzt jetzt noch heftiger, hat bereits nasse Flecke unter den Achseln.
»Wow«, bringt er hervor. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist ein bisschen... erschütternd.«
Ein bisschen?
Er zeigt mit
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