Ausgeloescht
dem Finger auf Burns und legt selbstgerechte Empörung an den Tag. »Sehen Sie! Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich Heather nicht umgebracht habe. Sie haben mich verfolgt, haben mir keine Ruhe gelassen, aber Heather lebt! Es geht ihr gut!«
Mir fällt beinahe die Kinnlade herunter. »Das würde ich nicht gerade behaupten, Sir. Wir vermuten, dass sie acht Jahre lang von der Außenwelt abgeschnitten war. Sie hat eine schwere Psychose. Da kann man wohl kaum von >gutgehen< sprechen.«
Ich spüre Alans warnenden Blick und zügle mich.
»Sie haben recht«, sagt Hollister kleinlaut. »Es ist nur ... ich fühle mich wie eine Kugel im Flipperautomaten. Es ist einfach ...« Er klemmt die Hände zwischen die Knie und senkt den Blick. »Acht Jahre sind eine lange Zeit. Als Heather spurlos verschwand, hätte ich mich beinahe umgebracht. Dann wurde mir vorgeworfen, an ihrem Verschwinden schuld zu sein, sie sogar getötet zu haben.« Er schaut zu Burns hinüber. »Ich weiß, Sie haben nur Ihre Arbeit gemacht. Ich entschuldige mich für meinen Ausbruch.«
»Kein Problem«, sagt Burns entsprechend der Regieanweisung, aber ich kann seine Anspannung spüren.
»Wo ist Heather jetzt?«, fragt Hollister. »Ist sie verletzt? Kann ich zu ihr?« Das sind die Fragen, die er
sofort
hätte stellen müssen.
»Sie wird noch ärztlich untersucht«, sagt Alan. »Bisher fanden sich keine Anzeichen auf bleibende körperliche Schäden, aber ihr psychischer Zustand gibt Grund zur Sorge. Die Ärzte würden es begrüßen, wenn sie im Augenblick noch keinen Besuch bekäme.«
Ich bewundere immer wieder, wie mühelos Alan seine Ausdrucksweise wechseln kann. In normalen Situationen redet er unbekümmert drauflos; jetzt klingt er förmlich, beinahe gespreizt.
»Ich verstehe«, sagt Hollister und gibt für meinen Geschmack ein bisschen zu schnell auf. »Haben Sie schon eine Idee? Ich meine, wer ihr das angetan haben könnte?«
Das ist die Frage, die ihn wirklich interessiert. Alan wartet, lässt Hollister ein bisschen zappeln, wobei er ihn anschaut. »Nein«, antwortet er schließlich. »Ich fürchte, nein. Wir hoffen, dass Mrs. Hollister Licht in die Sache bringen kann, wenn sie wieder zu sprechen anfängt.«
Hollister beugt sich leicht vor. Mit einem Mal ist ihm gespannte Neugier anzumerken. »Glauben Sie denn, Heather findet die Sprache wieder?«
Ich staune. Entweder ist der Kerl der beste Lügner der Welt, oder der Schock hat ihn tatsächlich ein bisschen aus der Bahn geworfen.
Wieder macht Alan eine ausgedehnte Pause. Er zieht sie so sehr in die Länge, dass Hollisters Gesicht vor Anspannung zuckt.
»Das ist zurzeit ebenso ungewiss, fürchte ich«, antwortet Alan schließlich.
»Ich verstehe«, sagt Hollister. Er lächelt nun wieder. »Möchte jemand ein Bier? Ich kann jedenfalls eins gebrauchen.«
Wieder eine völlig unpassende Reaktion. Alan zuckt nicht mit der Wimper.
»Danke, Sir, aber wir dürfen nicht. Wir haben fast alles erfahren ... ich meine, besprochen, weshalb wir hergekommen sind.«
Alans Versprecher war keiner. Hollisters Auge zuckt bei dem Wort »erfahren«.
»äh ... in Ordnung«, sagt er heiser und starrt Alan an. Er klingt, als wäre sein Mund staubtrocken.
»Fällt Ihnen noch etwas ein, das uns weiterhelfen könnte, Sir? Ist bei Ihnen kürzlich etwas vorgefallen, das mit dem Auftauchen Ihrer Frau zu tun haben könnte? Hat jemand Kontakt mit Ihnen aufgenommen? Eine seltsame Nachricht hinterlassen? Per E-Mail zum Beispiel?«
»Nein, nichts dergleichen«, sagt Hollister.
»Irgendetwas anderes?«
»Nichts. Das ist ja das Seltsame. Bis vor drei Tagen war alles wie immer, und jetzt auf einmal ist alles anders geworden.«
Er lügt nicht, ich höre es an seinem Tonfall. Das Problem liegt wieder in seiner Wortwahl: Heather ist gestern aufgetaucht, nicht schon vor drei Tagen.
Alan nickt mitfühlend. »So kann es kommen. Manchmal sind wir schon sicher, die Schäfchen auf dem Trockenen zu haben, und plötzlich unterläuft uns ein Fehler.«
»Ja.« Hollister starrt ihn mit banger Faszination an. »Sie haben zwei Söhne, nicht wahr?«, fragt Alan.
»Ja. Avery und Dylan.«
»Was glauben Sie, wie sie auf die Nachricht reagieren werden?« »Ich habe keine Ahnung.«
Hollisters Blick ist mit einem Mal kühler geworden, seine Stimme ausdruckslos. Alan hat es ebenfalls wahrgenommen. »Wo sind Ihre Söhne jetzt?« »Bei einem Freund.«
Zum ersten Mal unterbricht Alan den Blickkontakt mit dem Verdächtigen und schaut mich an. Ich
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