Ausgerechnet Souffle'!
wir eine reißerische Zeitungsannonce aufgeben oder lieber Autobahnbrücken mit Liebesschwüren beschmieren. Aber wahrscheinlich führt eine weniger plakative Aktion bei Felix eher zum Erfolg. Ich glaube nicht, dass er in dieser Hinsicht Verständnis für derlei Überschwänglichkeit besitzt.
Bisher habe ich noch jeden gefunden. Ich erinnere mich genau die Sternstunde meiner beruflichen Laufbahn, die Akte Meier gegen Meier. Der abtrünnige Exmann unserer Mandantin hatte sich elegant samt Porsche, Rolex und Hartz IV-Antrag bei seiner neuen Freundin eingenistet, um von dort aus seine Briefkastenfirma auf den Fidschi-Inseln zu betreiben. Okay, Letzteres ist rein spekulativ und ein klitzekleines bisschen übertrieben. Mit seiner Gattin, also Frau Meier, fühlte ich mich sofort auf einer Wellenlänge. Die war sich todsicher, dass ihr Ex, das miese Element, längst wieder über eine lukrative Einkommensquelle verfügte, die er selbstredend nicht angab. Natürlich zahlte er keinen müden Cent an die Mutter seiner zwei Kinder, von denen eines behindert war. Er ließ auch kein Futtergeld für das Kaninchen da. Ich fand die Sache zum Brüllen unfair. Ich mag Kaninchen. Wenn ich etwas ungerecht finde, werde ich sehr erfinderisch. Sollten Sie eine Vorstellung davon besitzen, wie viele Thomas Meier in Köln und Umgebung wohnen, können Sie sich vielleicht denken, dass es bereits eine Glanzleistung ist, den Richtigen herauszufinden. Intelligenterweise hatte Herr Meier die Kopie seiner Rolexrechnung zum Altpapier gelegt, wo Frau Meier diese in die Finger bekam, als sie den Hasenkäfig säuberte. Blöd für ihn. Gut für uns. Mittels charmanten Anrufs bei der Uhrenfirma notierte ich mir nur zwanzig Minuten später die neue Telefonnummer unseres Gegners. Beziehungsweise die seiner neuen Bettgefährtin, da sie das teuere Stück zufälligerweise gerade dort in Reparatur gegeben hatte. Ha.
Der spontane Gedanke, mich als Sachbearbeiterin vom Arbeitsamt auszugeben, stammt nicht von mir, sondern von Britta. Wem auch sonst. Ich rief also die Lebensgefährtin Herrn Meiers in ihrem Beauty-Studio unter dem fadenscheinigen Vorwand an, für eine Nachzahlung dringend die Kontonummer ihres Liebhabers zu benötigen. Möchte man Leuten Geld geben, bekommt man fast alles dafür. Und in dem für beide Seiten erfreulichen Gespräch erschlich ich mir von der vertrauensseligen Kosmetikerin die Adresse des geheimen Arbeitgebers Herrn Meiers, die ich angeblich verbummelt hatte. Sie verriet mir sogar stolz sein Bruttoeinkommen und seinen Herrenausstatter. Seine Lieblingsfarbe war übrigens azurblau. Genau in dieser hatte er seinen neuen BMW bestellt.
Noch am gleichen Tag ging eine Lohnpfändung an Herrn Meiers Brötchengeber raus. Und eine Fahrzeugbeschlagnahmung an das Autohaus. Das Bankkonto wurde mittels Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gesperrt. Drei Wochen darauf erhielt unsere Mandantin aus dem Guthaben eine Überweisung in mehrstelliger Höhe. Eine Strafanzeige gab es als Sahnehäubchen hinterher. Mann, ich war sagenhaft. Frau Meier hat vor Glück geweint, vor allem, als das tolle Auto vor ihrer Tür stand. Selbst der Hennemann lächelte. Ich sage ja, ich finde jeden. Wenn ich will.
Da es hier aber nicht um Gesetzeswidrigkeiten, den Weltfrieden oder schnöden Mammon geht, sondern um meine persönliche Herzensangelegenheit, werde ich genauestens abwägen, was in Sachen Felix Sander zu tun ist. Und ob überhaupt. Augenblicklich muss ich Hasenherz jedoch zugunsten existenziellen Eigeninteresses vertrösten. Also stelle ich mich stattdessen vor den Schreibtisch. Den kleinen, fiesen Stapel zuerst. Katharina Lehner schiebt Unangenehmes niemals auf. Ich reibe mir die Handflächen und fasse nach dem ersten Umschlag.
Eine halbe Stunde später bin ich am Boden zerstört. Meine wirtschaftliche Lage ist ein wesentlich größeres Desaster, als ich annahm. In Zukunft werde ich nur noch mit Papiertüte über dem Kopf das Haus verlassen. Am besten ändere ich sofort meinen Namen und ziehe um. Nach Australien. Neuseeland fände ich genauso gut. Und ich wollte schon immer Blanca Blase heißen. Okay, Letzteres war ein Witz. Ernsthaft, ich habe überall Außenstände. Wirklich überall. Bei der Bank, bei Lieferanten, bei den Stadtwerken und bei der Versicherung. Und dank meiner untätige Selbstfindungsphase inzwischen auch bei Anwälten und Gerichtskassen für Mahn- und Vollstreckungsbescheide. Wenn ich mir die formellen Zahlungsaufforderungen hier so ansehe,
Weitere Kostenlose Bücher