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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Winter
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seinem Gegenüber Aufmerksamkeit und gefällige Bereitschaft zu signalisieren.
    „Wie darf ich Ihnen behilflich sein, verehrte Frau ...?“
    Ein schwarzes Notizbuch knallt auf seine Schreibunterlage.
    „Louise von Stetten. Ich kann mein Buch nicht beenden.“
    Johannes hebt leicht eine Augenbraue.
    „Ich verstehe nicht …“
    Louise rollt ungeduldig die Augen gen Himmel und seufzt.
     
    *
     
    Tatsächlich verlasse ich manchmal das Haus. Auch wenn es inzwischen üblich ist, sich von Schuheinlagen bis zu Medikamenten hin alles im Internet mit einem Klick zu besorgen, finde ich, bei Kippen und Brot hört das auf. In einer Großstadt befindet sich der nächste Kiosk entweder direkt gegenüber, oder zumindest an der nächstgelegenen Straßenecke. Vorher stecke ich aber den Kopf zur roten Haustür hinaus und schaue prüfend erst nach links. Dann nach rechts. Es kann nämlich sein, dass Britta irgendwo rumlungert, um mich in einem günstigen Augenblick abzugreifen. Ihre Hartnäckigkeit ist rekordverdächtig. Fast täglich steht sie in Sünderpose an der Tür, um sich Absolution abzuholen. Ihre Zeit vertreibt sie sich mit Zigaretten und Zeitschriften, die sie demonstrativ auf dem Treppenabsatz liegen lässt. Einmal hat sie sogar aus Filtern „Sorry“ auf die Fußmatte gepuzzelt.
    Ich habe ihr längst verziehen. Im Lauf meines wochenlangen Einsiedlerdasein bot sich ausreichend Gelegenheit, ihre Worte sacken zu lassen und darüber nachzudenken. Irgendwie kam mir im Zuge der Selbsterkenntnis meine Wut abhanden. Wenn auch widerstrebend, gestehe ich ein, dass nicht alles, was sie sagte, an den Haaren herbeigezogen war. Okay. Vieles davon. Übrig blieb eigentlich nur der viel größere Schmerz, meine beste Freundin missen zu müssen. Ohne Britta fühle ich mich unvollständig. Allerdings finde ich es mehr als angemessen, sie ein wenig zappeln zu lassen. Die Kränkung steckt zu tief und suhlt sich begeistert in meinem Stolz. Mein schlechtes Gewissen verdränge ich. Obwohl es mir wie ein scheinheiliger Engel auf der rechten Schulter sitzt und mit moralisch erhobenem Zeigefinger mahnt, dass ich mit ihrer Freundschaft keinen Deut besser umgehe als sie mit meiner. Das gehässige Teufelchen auf der Linken hingegen schmollt und tippt sich bei dem Gedanken an Waffenstillstand und Vergebung unmissverständlich an die Stirn. Ich bin also noch nicht so weit. Entweder einigen sich die zwei Kontrahenten oder der eine pustet dem anderen das Licht aus. Solange es unentschieden steht, verharre ich in Reglosigkeit.
    Ist die Luft rein, überquere ich die Straße und husche sofort in den Kiosk. Das ging bisher immer gut. Bis heute. Es kommt nämlich genau zum selben Zeitpunkt jemand raus, als ich hinein will. Der lauwarme Inhalt eines Pappbechers entleert sich über meiner Brust und ein Regen aus Bonbonkonfetti prasselt auf meinen Kopf. Ich starre erschrocken in Julias, nicht minder bestürztes Gesicht.
    Das Vögelchen Julia. Schau an. Sie kam mir stets irgendwie kleiner und zarter vor. Sie hat ihre blasse Farbe gegen eine mondäne Sonnenbräune ausgetauscht und ihren Frisör gefeuert. Ihr neuer Haarstylist ist mutiger und malte Sonnenstrahlen in ihr Haar. Sie trägt eine enge Jeans, Schuhe mit Absatz und ein leuchtend türkisfarbenes T-Shirt. Das fade Brillengestell wich unsichtbaren Kontaktlinsen, deren Türkiston mit ihrem Oberteil um die Wette funkelt. Um ehrlich zu sein, ich hätte sie fast nicht erkannt. Doch die altbekannte, fahrige Unsicherheit, mit der sie jammernd an den braunen Flecken auf meinem Trägerhemdchen herumzupft, das sowieso nicht mehr zu retten ist, lässt keinen Zweifel daran. Die attraktive, fremde Frau ist mein Schneckenvögelchen.
    Sie strahlt freudig, als sie mich erkennt. Was ein Wunder ist. Sehe ich mich im Spiegel, erkenne ich gar nichts.
    „Oh Katta! Wie schön!“, ruft sie und ignoriert netterweise meinen Aufzug in Schlabberripp und Jogginghose.
    Mein Shampoo ist seit einer Woche alle. Ich benutze nicht mal mehr Wimperntusche. Einen Moment denke ich an Flucht. Blöderweise brauche ich zu lange. Vögelchen packt mich am Arm und führt mich nach draußen auf die schiefe Sitzbank in der Sonne. Ich hätte nicht vermutet, dass Julia eine derartig resolute Ader besitzt.
    „Es tut mir so leid, dass ich dich bekleckert habe ...“, sagt sie in einem etwas atemlosen Ton, dem mein lahmes Ich nicht die geringste Gegenwehr entgegensetzen kann, „bleib hier, ich hole eben schnell einen Lappen!“
    Sprachs und hastet

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