Ausgerechnet Souffle'!
neue Adresse. Dabei zwinkerte er und entkräftete meine Abwehr mit einer einfachen Frage.
„Warum wohl, glaubst du, wählte er dieses Motiv für seine Karte?“
Nachdenklich betrachte ich den winzigen Ausschnitt des mir wohlbekannten Schwarz-Weiß-Fotos. Meine sommersprossige Nase hinter dem Fernglas. Ja. Warum eigentlich?
*
Dr. Johannes Hennemann fläzt sich behaglich in seinem bequemen Ledersessel. Er wippt leicht mit dem linken Bein und verschränkt die Arme über der Brust. Er trägt Jeans sowie ein locker geknöpftes Hemd, seine nackten Füße stecken in Flip Flops. Ein breites Grinsen überzieht seine Miene. Er beugt sich zur Sprechanlage vor.
„Frau Müller, die Personalakte von Frau Lehner und die Akte von Stetten. Außerdem brauche ich das Handelsgesetzbuch als auch mein BGB, das der Frentzen auf der Damentoilette vergessen hat. In meinem Terminkalender finden Sie die Telefonnummer von Friedrich Busch, den Sie bitte umgehend zu mir durchstellen. Ach, wenn sie dann noch so lieb wären, einen Latte macchiato mit jeder Menge von ihren großartigen Schokokeksen hereinzubringen? Danke.“
Elfi Müllers Schokotaler
Man nehme:
300 g. Butter,
300 g. feiner Rohrzucker,
2 ausgeschabte Vanilleschoten,
2 Eier,
1 TL Backpulver,
Salz,
450 g. Mehl,
100 g. Haferflocken,
200 g. gehackte Schokolade (Zartbitter).
Die Butter schmelzen und mit dem Zucker und der Vanille schaumig rühren. Das Ei unterschlagen, Mehl, Backpulver, Salz, Schokolade und Flocken unterrühren. Ein Backblech mit Backpapier auslegen, Taler formen und draufsetzen.
Im vorgeheizten Ofen bei 175 Grad 10-15 Minuten backen.
Jeden Samstag genießen Friedrich Busch und sein Lebensgefährte Jens Humboldt ein ausgiebiges Frühstück auf der Dachterrasse ihres exklusiven Lofts in der Kölner Innenstadt. Seit Friedrich kochen gelernt hat, ist er in der Lage, seinem Liebsten French Toast mit Speck und Früchten zu bereiten, was ihrer Beziehung äußerst zugute kommt. Jens Leibesumfang im Übrigen ebenfalls. Gerade lehnt sich Jens entspannt hinter seiner Zeitung zurück und liest Friedrich das Horoskop des Tages vor, und Friedrich schenkt sich noch ein Glas von dem frisch gepressten Orangensaft ein, als das Telefon nachdrücklich klingelt.
„Friedrich Busch?“
Er lauscht schweigend. Jens lässt den Stadtanzeiger sinken und zieht fragend eine Augenbraue hoch.
„Wir sind in einer halben Stunde in der Kanzlei.“
Friedrich legt den Hörer beiseite und blickt seinen Lebensgefährten nachdenklich an. Der faltet bereits geruhsam das Blatt zusammen.
„Katharina Lehner?“
Auch Jens ist ein Mensch, der feststellt. Er fragt nicht. Friedrich nickt.
*
Ich habe meine erste und letzte Bewerbung vor sieben Jahren geschrieben. Mangels aktuellen Fotos klebe ich trotzig ein altes ein. Auf den Hüften tummeln sich fünf Kilo mehr und nebst den entsprechenden Hamsterbacken trage ich eine hässliche Brille, die mein halbes Gesicht verdeckt. Außerdem sieht man ein korrektes Hemd und eine spießige Perlenkette. Ich sehe aus wie Tante Almut. Während ich meinen Lebenslauf zu Papier bringe, ziehen die Stationen meines Lebens an mir vorüber. Dann komme ich in 2009 an und schlucke, als ich versuche, mit dem Stift das Wort Cook & Chill niederzuschreiben. Nach einem seitenlangen Lebensweg der kürzeste Abschnitt in diesem Formular. Aber der Glücklichste. Nach der schwungvollen Unterschrift hole ich tief Luft. Ich nehme mir ein neues Blatt, schiebe mir sinnierend einen Schokoladenkeks in den Mund und beginne grinsend mit dem Anschreiben:
Sehr geehrter Herr Dr. Hennemann,
mittels anliegender Unterlagen übersende ich Ihnen meine Vita nebst Zeugnissen. Ich möchte mich für eine Stelle in Ihrem Sekretariat bewerben. Bei meinem vorherigen Arbeitgeber habe ich jede Menge Mist gebaut und dann gekündigt. Im Zuge der Existenzgründung versuchte ich, mich neu zu orientieren. Nun zwingen mich wirtschaftliche Gründe, in meinem alten Berufsfeld erneut tätig zu werden. Ich ersuche Sie daher höflich, meine Dokumente zu überprüfen und mir eine zweite Chance einzuräumen. Ihre Lieblingsfarbe ist blau, Sie mögen Ihren Kaffee schwarz und ohne Zucker, lesen die Frankfurter Allgemeine und Ihr Schneider sitzt in der Rhongasse. Ich kann Ihre Hieroglyphen mühelos entziffern, da sie mir seit Jahren geläufig sind, und weiß, welchen Mandanten ich Ihnen am Telefon besser erspare. Außerdem lieben Sie meine Mandelkekse. Sie
Weitere Kostenlose Bücher