Ausgerechnet Souffle'!
werden keine Bewerberin finden, die ähnliche Qualitäten aufzuweisen vermag. Bitte schenken Sie mir eine halbe Stunde Ihrer wertgeschätzten Zeit für ein unverbindliches Gespräch.
Mit herzlichem Dank im Voraus
und freundlichen Grüßen
Ihre Katharina Lehner (Katta)
Oh Mann. Klingt das formell. Ich grusele mich beinahe vor mir selbst. Mit einem erleichterten Seufzen schüttle ich die Kekskrümel vom Blatt und tüte den Brief ein. Es gibt nichts zu verlieren und ich vergebe mir auch nichts dabei. In der Kanzlei ging es mir nie wirklich schlecht.
Mein Magen knurrt wie ein verwöhntes Schoßhündchen, das wochenlang mit Pizza gefüttert wurde und unwillig nach Premiumfutter mit Vitaminen verlangt. Ich habe es definitiv wochenlang mit Pizza gefüttert. Abgesehen von dem indischen Abend mit Britta und Frank. Es wird auch in dieser Beziehung Zeit, den alten Rhythmus wieder aufzunehmen. Ich schlüpfe in meine Jacke, um einkaufen zu gehen.
Wenige Tage darauf sitze ich in vertrauten Räumen in der ungewohnten Rolle des Gastes, beziehungsweise Bittstellers. Ich schmore seit einer Stunde im Wartezimmer und warte auf das obligatorische Vorstellungsgespräch. Nicht, dass ich mich unwohl fühlen würde. Na ja, ein bisschen vielleicht. Doch da ich weiß, was dahinter steckt, gebe ich mich betont entspannt. In Rechtsanwaltskanzleien werden Strategien gefahren, die cholerische Klienten in die Schranken weisen, Verzweifelte beruhigen und Unsichere stärken sollen. Gegner lassen sich so überaus effektiv mürbe machen. Nur was bin ich? Freund oder Feind? Elfi begrüßte mich freundlich, wenn auch etwas betreten. Vermutlich nagt noch immer das schlechte Gewissen bezüglich ihrer unkollegialen Nummer an ihr. Jedenfalls bemühte sie sich geflissentlich, mir aus der Jacke zu helfen, sie sorgsam auf einen Bügel zu hängen und mir sofort einen Kaffee anzubieten. Sie brachte ihn mir mit Süßstoff, so trank ich ihn früher. Aus purer Gemeinheit verlangte ich Zucker. Das tat mir unverzüglich leid, als ich bemerkte, wie sie mit ihren rheumageplagten Knien in die Hocke gehen musste, um im alleruntersten Regal im allerhintersten Eck nach dem braunen Rohrzucker zu suchen, der nur speziellen Gästen und besonders „gewichtigen“ Mandanten ab einem Gegenstandswert von 100.000 Euro vorbehalten ist. Also schenkte ich ihr ein winziges Mundwinkelzucken, das man mit viel Fantasie als Lächeln deuten konnte. Dann ist es so weit. Dr. Johannes Hennemann lässt bitten. Und ich lasse mir das nicht zweimal sagen.
„Frau Lehner! Wie schön, Sie zu sehen!“
Er kommt mir heiter entgegen und reicht mir die Hand. Ich bin verwirrt, was allmählich zum Dauerzustand wird. Entweder spielt Johannes Theater oder ich leide an Wahrnehmungsstörungen. Er behandelt mich tatsächlich wie eine Fremde. Oder eben wie eine ehemalige Angestellte. Aber nicht mehr wie Katta. Mit einem kleinen Stich nehme ich innerlich Abstand und begegne meinem Chef mit demselben unverbindlichen Schmunzeln, während meine Rechte schlaff seinen Händedruck erwidert.
Auf dem Tisch liegen meine Personalakte und die Bewerbungsmappe. Als er sich setzt und mir mit einer Geste zu verstehen gibt, es ihm gleich zu tun, schiebt er die Akte nebst den restlichen Papieren achtlos zur Seite. Er wirkt dermaßen unbefangen, dass er mir beinahe unheimlich ist. Johannes reibt sich die Nase. Früher tat er das, wenn er einem Mandanten mitteilte, dass wir gewonnen haben. Was ist das für ein perfides Spiel?
„Frau Lehner. Um ehrlich zu sein, habe ich Sie ein wenig angeschwindelt.“
Ach ja?
„Sie sind heute nicht in einem Bewerbungsgespräch.“
Ach nein?
„Ich beabsichtige nicht, Sie einzustellen, um es vorwegzunehmen. Denn ich glaube nicht, dass Sie für diese Kanzlei geeignet sind.“
Na toll. Was mache ich hier?
„Sie wurden vorgeladen, weil ich eine Mandantin vertrete.“
Oh Scheiße. Ein Gläubiger. Meine Bank. Der Gemüsehändler. Ich bin geliefert. Verraten und verkauft. Mieser Rechtsverdreher, von Loyalität keine Spur. Dr. Hennemann fällt mir in den Rücken und dreht dabei genüsslich den Strick um meinen Hals. Leider kommt meinerseits nur ein reichlich schwaches:
„Ach ja?“
Hinter mir öffnet sich die Tür. Die neugierige Elfi hat bestimmt gelauscht. Jetzt meint sie es gut und will was zu Trinken rein bringen. Ich halte tapfer meine Tränen zurück.
Dann sehe ich Louise von Stetten und verstehe überhaupt nichts mehr. Ich schaue von Dr. Hennemann zu
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