Ausgerechnet Souffle'!
ist der Geschäftsführer des Frauenstudios nicht nur männlich, sondern dazu noch übergewichtig. Im Übrigen nicht nur ein bisschen. Unverblümt ausgedrückt: Er ist ein Fesselballon. Ich habe prinzipiell nichts gegen Fesselballons. Sie sind meistens bunt, rund und schweben majestätisch in den Lüften. Letzteres geht Heiner jedoch völlig ab. Königlich ist allenfalls sein Umfang. Als er mich zu meiner Ersteinführung begrüßte, begriff ich daher auch nicht, wer hinter dieser enormen Plauze steckte. In Erwartung eines athletischen, knackigen Trainers, der sich wohl verspätete, nickte ich also höflich während des Rundgangs durch das Studio, ohne ihn wirklich zu beachten. Machte er sich Gedanken darüber, weshalb ich seine fachmännischen Ausführungen wohlweislich ignorierte, so ließ er sich das nicht anmerken. Erst später fiel der Groschen, als Heiner mich auf ein Herzfrequenzmessgerät scheuchte. Der durchtrainierte Coach war lediglich ein Produkt meiner Fantasie. Im Venus gibt es nur Heiner.
In Heiners allwöchentlicher Spinning-Stunde bereitet es mir fortwährend Sorge, dass er gleich vom Fahrrad fallen könnte. Sein Schnaufen übertönt sogar die Lautstärke der Musik und die kurzatmigen Kommandos gehen vollends darin unter. Nach der Trainingseinheit glänzt er schweißgebadet und meist habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich leicht wie eine Feder an ihm vorbei in Richtung Umkleide tänzle.
Heiner macht gerade ein Handzeichen und ruft, ob ich etwas brauche. Mit erhobenen Daumen signalisiere ich ein Okay und winke zurück. Irgendwie und trotzdem mag ich ihn gut leiden. Obwohl ich seinen hautengen Trainingsanzug ausgesprochen fragwürdig finde.
In meinem Kopf dröhnen 145 Beats in der Minute, während meine Beine Gedankenfluten hinterherlaufen. Es wirkt unglaublich befreiend und hilft mir, mein kreatives Potenzial zu entfalten. Britta bezeichnet mich als Sportjunkie und tippt sich demonstrativ an die Stirn, versuche ich sie zu überreden, mal mitzugehen. Sport ist Mord, sei die eigentliche Wahrheit und schiebt sich provokativ einen Schokoladenkeks in den Mund. Sie hat keine Ahnung.
Den einzig echten, weil ersten Liebeskummer durchlitt ich mit vierzehn. Ich verliebte mich unsäglich in Markus aus meiner Klasse. Obgleich er zwei Jahre älter war, fand ich ihn anbetungswürdig. Vielleicht eben gerade deshalb. Unerfreulicherweise schlussfolgerte ich daraus nicht, dass das auch zweimal Sitzenbleiben hieß. Er war nicht nur faul, sondern dazu noch blöd wie eine Packung Mehl. Doch ich ließ ihn abschreiben, um ihm nahe zu sein. Und er wollte mir nahe sein. Zumindest im Unterricht. Leider interpretierte ich sein Interesse völlig fehl. Er war nur auf mein Wissen scharf. Und auf meine Freundin. Letzteres stellte sich heraus, als er mich um eine Verabredung bat. Das überwältigende Gefühl des Glücks dauerte exakt viereinhalb Sekunden. Dann kam der Nebensatz nach dem Hauptsatz.
„Bringst du Kirsten mit?“
Dieses Schuljahr entwickelte sich zum Fiasko. Markus verkuppelte ich erfolgreich mit meiner Schulfreundin. Ich erlebte das heulende Elend. Und kompensierte. Mit vierzehn konnte ich nicht kochen. Meine Mutter bereitete mit Todesverachtung Dosengemüse in Sauce hollandaise, Pfannkuchen mit viel Butter und Käsetortellini in Sahne zu. Sie hasste ihren Herd vermutlich noch mehr als meinen Vater. Ich stopfte demnach mangels Liebe mit gebrochenem Herzen ausschließlich Kohlenhydrate als auch schlechtes Fett in mich hinein. Meine Nahrungsergänzung bestand aus Cola, Chips und Schokolade. In Folge ging ich auseinander wie Muttis Butterpfannekuchen. Was natürlich meine Chancen beim männlichen Geschlecht auf minus einhundert reduzierte.
Jugendliche zu sein ist schon schlimm, eine übergewichtige Jugendliche zu sein die Hölle. Immerhin kann ich mittlerweile guten Gewissens sagen: Mein Figurwahn und die desaströsen Männergeschichten sind die Nachwirkung meiner traumatischen Kindheit und Jugend.
Bis heute fürchte ich nach jedem Hauptsatz den Nebensatz. Markus ist also an allem schuld. Das finde ich sehr befreiend.
Köstliche Vollkornspaghetti auf gegrilltem Gemüse
(für zwei Personen oder eine unglückliche Jugendliche)
Man nehme:
375 g. Vollkornspaghetti,
1 rote und 1 gelbe Paprika,
100 g. Zuckerschoten,
2 Möhren,
1 kleine Zucchini,
2 Essl. Olivenöl,
2 Knoblauchzehen,
Kräuter,
1 Stück festen, frischen Parmesan.
Für die Spaghetti einen großen Topf Wasser aufsetzen.
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