Ausgerechnet Souffle'!
Gewürze und verschiedene Spezialitäten. Jedem Bereich des Cook & Chill wird eine Bestimmung zugewiesen, wobei in der Mitte die Kaffeetheke angelegt wird und vor dem linken Schaufenster die Bistroecke. Dort wird ein buntes Sammelsurium antiker Tische und Sitzgelegenheiten platziert, vielleicht auch eine Couch. Sämtliche Stühle sollen Unikate sein. Diverse Standregale und Bücherborde werden außerdem als Raumteiler diagonal in das Ladenlokal hineinreichen und dem Leser Rückzugsmöglichkeiten zum ungestörten Schmökern geben.
Wie benebelt schaue ich auf. „Terra“ und „Ochsenblut“ prangt auf den Farbeimern, die der Gehilfe hereinschleppt, als wäre sein Tätigwerden bereits ausgemachte Sache. Der Meister erhebt sich umständlich von meiner Seite, wischt sich die Käsefinger an seinem fleckigen Blaumann ab, um mir seine Hand entgegenzustrecken.
„Sind wir im Geschäft?“
Ich zögere nur den Bruchteil einer Sekunde und das eher beim Anblick seines schmutzigen Handtellers, als bei der Überlegung, ihm mein Projekt nicht anvertrauen zu wollen. Wenn nur ein Zehntel seiner Beschreibungen nebst dem Kostenvoranschlag zur Realität gelangt, gibt es keinerlei Zweifel: Der Mann ist ein Genie.
„Wir sind definitiv im Geschäft!“
Und ich ergreife seine Käsehand.
Zuhause quillt mein Postkasten über. Meine Nachbarin legt mir vorwurfsvoll fünf dicke Kataloge in den Arm, die der Postmann nicht in den schmalen Schlitz stopfen konnte. Ich bedanke mich freundlich. Beladen bis zur Nasenspitze fummele ich blind an der Tür herum, bis es mir gelingt, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Endlich fallen die Papiere auf den Tisch, auf dem sich weitere Prospekte und Broschüren stapeln. Die Nachbarin steht noch immer im Türrahmen und versucht, einen Blick in meine Wohnung zu erhaschen. Ich drücke ihr ein Döschen von Muttis Gewürzmischung „Freudenhaus“ (wie kam sie bloß auf diesen Titel?) in die Hand. Vermutlich meinte sie „Freude ins Haus bringen“. Ich sollte sie über den missverständlichen Namen ihrer Komposition aufklären. Geflissentlich ignoriere ich die leicht verwirrte Miene der guten Frau und schließe dankend die Tür vor ihrer Nase.
Das Licht auf dem Anrufbeantworter blinkt. Sechs Anrufe. Zuerst Mutti. Die hört zwar nicht, ob einer abnimmt. Es kümmert sie auch nicht. Sie wählt meine Nummer, zählt bis fünf und plappert auf gut Glück in den Hörer. Ich lausche ihrer monotonen, undeutlichen Stimme und dem letzten Drittel ihres Satzes:
“… füllen Glas verkaufen. Kommst du bald.“
Den Sinn reime ich mir zusammen. Nachricht zwei hinterlässt mein Makler. Ha! Den kann ich feuern. Anruf drei kommt von Britta:
„Ruf mich mal zurück.“
Nummer vier zweifelsohne erneut meine lästige Freundin:
„Jetzt.“
Oh Mann. Mitteilung fünf. Es knistert in der Leitung. Aufgelegt. Anruf sechs. Ich trete näher an den Apparat. Tatsächlich. Da spricht Elfi. Sie flüstert. Wahrscheinlich befindet sich einer der Schlipsträger in Hörweite.
„Es tut mir so leid …“ wispert es. Blöde Kuh. Verräterin. Illoyales Miststück. „Hier herrscht Land unter. Da hast du ja mal was angerichtet. Wir versuchen, dich dauernd zu erreichen. Der Hennemann … Komme!“
Es knackst, als die Verbindung abrupt beendet wird. Was will die denn noch?
Ich widme mich lieber den bunten, verheißungsvollen Katalogen. In sämtlichen Einrichtungshäusern habe ich Küchenausstattungen angefragt. Die Gastronomieprospekte lege ich zuletzt auf den Stapel. Alles eine Sache der Organisation und des richtigen Sortierens. Darin bin ich nicht wirklich gut, wie ich unlängst deutlich zu spüren bekam. Aber das steht für mein altes Leben. Vor mir liegt die chromglänzende Zukunft.
Und die fängt verdammt kostspielig an. Ich werde blass, als ich die ersten zwei Preisverzeichnisse für eine Standardausstattung durchblättere. Das erfordert Umsicht und Beratung. Britta muss her. Schleunigst. Ich greife zum Telefon.
7. Eisgekühlt
„Fertig.“
Mit einem Ächzen lehnt sich Britta zurück. Ich fächere mir mit dem ausgefüllten Bestellschein des günstigsten Küchenhauses Luft zu. Außerdem basteln wir schon seit Tagen an der Website für das Cook & Chill. Dabei stürzte mein altersschwacher Rechner nicht nur einmal ab. Haben Sie ein Computerproblem mal eben kurz zu lösen versucht? Es geht nie „mal eben kurz“. Meist verirrt man sich hoffnungslos in Windungen aus unverständlichen Befehlen und aufpoppenden
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