Ausgerechnet Souffle'!

Spaghetti brauchen viel Platz zum Schwimmen. Auf keinen Fall Öl ins Nudelwasser geben und Salz erst, wenn es bereits kocht. Das Öl verhindert, dass die Pasta die Soße aufnimmt. Währenddessen das Gemüse säubern und in mittelgroße Stücke schneiden, die Möhren etwas dünner, die Zuckerschoten ganz lassen. Die Knoblauchzehen in hauchdünne Scheiben schneiden.
     
    Die Spaghetti in das kochende Wasser geben. Man nehme alle in die Hand und stelle sie in die Mitte des Topfes um sie dann in einer leichten Drehbewegung loszulassen. Wie beim Mikado-Spiel. So kriegt man sie alle gleichmäßig unter Wasser.
    Das Öl in einer Pfanne erhitzen. Ich nehme immer eine Paellapfanne, die ist optimal für dieses Gericht. Zuerst das Gemüse darin anbraten und unter Wenden so lange schmoren, bis das Wasser verdampft ist und das Gemüse eine leichte braune Färbung annimmt. Die Temperatur runter und bei geschlossenem Deckel noch etwas weiterschmoren lassen. Mit Salz, Pfeffer sowie beliebigen mediterranen Kräutern würzen. Wenn die Spaghetti al dente gekocht sind, die Nudeln in die Gemüsepfanne geben und kurz umrühren. Mit gehobeltem Parmesan bestreuen und servieren.
     
    Vollkornnudeln liefern wertvolle Kohlenhydrate für das angeschlagene Nervenkostüm eines Teenagers, aber gesunde. Buntes Gemüse stimmt durch seine schönen Farben fröhlich, ist also gut für die Psyche. Übersichtliche Kalorienanzahl.
     
    Guten Appetit.

Auf dem Laufband werde ich heute zur Unternehmerin im Geiste. Ich jogge mich durch imaginäre Zahlen, Terminpläne und Einrichtungshäuser.
     
    Baabak nötigte mich noch am selben Nachmittag die Treppen zur Vermieterin des Gemüseladens hinauf. Er verfehlte eindeutig seine wahre Bestimmung, als er den Job als Taxifahrer annahm. Sein kulturelles Erbe warf ihm die Kunst des Feilschens geradewegs in die Wiege. Mit Sicherheit verkaufte er in einem früheren Dasein Teppiche. Er nahm mir tatsächlich die Mietpreisverhandlung aus der Hand, ohne erst zu fragen. Weil Soraya die Wohnung von Frau Krause putzt, kam die eingefleischte Altkölnerin mit der Mietpreiserhöhung, die sie ins Auge fasste, nicht weit. Zur Nebendarstellerin degradiert sah ich hilflos und beinahe peinlich berührt zu, wie sein persischer Charme sie fein säuberlich wie einen Bindfaden um den Finger wickelte. Schweigend duldete sie seine Komplimente und lauschte höflich meinen Ausführungen. Baabak schmeichelte ihr in den höchsten Tönen und ergoss sich in Lobhudeleien über ihr angenehmes Wesen, als sie mir unerwartet einen amüsierten Blick zuwarf. Sie durchschaute ihn. Ich grinste zurück. Lange, bevor wir das Geschäft mit Handschlag besiegelten, waren sie und ich uns einig. Nur dem übereifrigen Teppichhändler zuliebe marketenderten wir noch ein bisschen hin und her, der guten Form halber. Der Mietzins interessierte Frau Krause nicht im Geringsten. Sondern ich. Einen wunderbaren Zwiebelkuchen werde ich ihr backen. Meine Vermieterin schwärmt nämlich vom Elsass, wo sie mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann jedes Jahr den Urlaub verbrachte. Tarte a l´oignon besteht aus einer dicken Schicht in Schmalz gebratener Zwiebelringe auf einem Sauerteig, das Ganze mit Speckstreifen und Béchamelsauce oder Schmand überbacken. Er kommt warm auf den Tisch und schmeckt begleitet von einem Gewürztraminer nach den erdigen Herbstfarben des Südens. Man hört sogar Vogelgezwitscher, allerdings erst nach etwa drei Gläsern. Mit Sicherheit wird Helga Krause zufrieden mit ihrer neuen Mieterin sein.

Frau Krauses Zwiebelkuchen (tarte a l´ óignon)
     
    Man nehme:
     
    500 g Brotteig für Sauerteigbrot,
    1 kg Zwiebeln,
    1 Becher Schmand,
    Speck gewürfelt, Butterschmalz, Salz, Pfeffer, Kümmel.
     
    Den Brotteig in eine 28-cm-Springform einbringen und einen ca. 2 cm Rand lassen.
    Die Zwiebeln in feine Scheiben schneiden und in Butterschmalz andünsten, bis sie eine schöne braune Färbung annehmen und mit Salz, Pfeffer und Kümmel nach Belieben würzen. Sie müssen wirklich gut durchgebraten sein, sonst sind sie ein Garant für Magenbeschwerden und unfeine Geräuschzulagen.
    Den Teigboden mit Schmand bestreichen. Nun die Zwiebeln draufgeben und mit gewürfeltem Speck bestreuen.
     
    Den Zwiebelkuchen etwa eine halbe Stunde bei 225 Grad backen.

Während ich unter körperlicher Höchstleistung diesen ereignisvollen Tag überdenke, notiere ich im Geiste eine kleiner als gedachte Summe in der Minusspalte Fixkosten. Allmählich werde ich mir selbst unheimlich.