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Ausgerockt - [Roman]

Ausgerockt - [Roman]

Titel: Ausgerockt - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: FUEGO
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aber sie kam nicht. Sie tanzte weiter mit Bernd. Linus trank. Und etwas passierte mit ihm.
    So wie heute Abend, aber heute konnte er sich beschwichtigen. Die Erinnerung an den unschönen Ausgang jenes Abends ernüchterte sein Gemüt etwas.
    Er lief noch kurz vor dem Eingang der Disco auf und ab. Dann hielt er dem Türsteher seinen Stempel unter die Nase und ging rein und da sah er sie auch schon.
    Sie redete mit jemandem, dem Typen von vorhin. Als sie Linus bemerkten, gaben sie sich die Hand und dann ging der Typ, und als Linus kam, fragte sie: »Wo warst Du?«
    »Draußen.«
    »Was machst du denn draußen?«
    »Frische Luft«, sagte er. »Wollen wir?«
    Sie nickte. Sie verließen den Laden, und während sie zur nächsten S-Bahn-Station gingen, fragte Linus sich, ob sie ihm wohl die Wahrheit gesagt hatte.

Sommer des Jahres 1993. Linus flüsterte etwas, irgendetwas, an sich selbst gerichtet. Oder an Hannah, die nun im Himmel war. Er vergaß es schnell wieder. Ein kleines in Holz gerahmtes Foto von Hannah und Mark lag auf seinen Oberschenkeln.
    Er saß auf der Terrasse hinter dem Haus, auf einer Blumenbank. Der neue Besitzer des Hauses wollte die Bank kaufen.
    Die meisten anderen Dinge wie Möbel, Wäsche, Hausgeräte, Werkzeuge, Putzmittel, Blumen, Teppiche, Decken, Lampen, Spiegel und Wandbilder, waren bereits ausgeräumt. Abgesehen von den wenigen auf dem Hausflohmarkt verkauften Kleinigkeiten war Hannahs Hab und Gut an vier Adressaten gegangen.
    Zum einen an die Leute von der Arbeiterwohlfahrt. Sie waren freundlich. Sie sprachen Linus beim Abtransportieren einiger Möbel Mut zu und klopften ihm auf die Schulter. Mitleid.
    Nur wenige Dinge fanden ihren Platz bei Mark und Cathy in Vermont, eben das, was in den großen Umzugskarton passte, den Mark gepackt hatte.
    Linus’ eigene Möbel und ein paar andere nützliche Dinge wie Geschirr, Handtücher, Putzmittel und die meisten Gegenstände aus seinem alten Zimmer landeten in seiner neuen Wohnung in der Neustadt.
    Der Rest fiel dem Sperrmüll zum Opfer.
    Von der Blumenbank aus sah er durch die offen stehende Terrassentür ins Haus.
    Der Makler hatte zwei Haustürschlüssel mitgenommen, den dritten sollte Linus bis Ende des Monats behalten, damit er das Haus fit für die Übergabe machen konnte. Fit für die Übergabe. So hatte der Makler es genannt und dabei versucht, aufmunternd zu klingen, vermutlich weil er wusste, dass Linus eine schwere Zeit bevorstand.
    Aber Linus hatte nicht die Absicht, das Haus zu reinigen, es fit zu machen. Er zog es vor, auf dem Dachboden Musik zu machen. So wie sie es die letzten drei Wochen auch getan hatten. Holger und er.
    Er übernachtete auf dem Dachboden. Er schaffte es an den Abenden nicht, in seine Wohnung in die Neustadt zu gehen.
    Sein Bett, sein Kleiderschrank, ein Sessel, zwei Stühle und seine persönlichen Sachen waren zwar dort, aber die Wohnung war dennoch kahl und leer.
    Er fühlte sich darin schlecht. Wie ein Reisender ohne Heim, in einem fremden, ungemütlichen Hotelzimmer.
    Hannahs Haus war unterdessen zwar auch kahl und leer geworden, aber in der Wohnung herrschte eine andere Leere. Es fehlten nicht einfach nur die Bilder an den Wänden. Es fehlte Vergangenheit.
    Linus war klar, dass er sich mit seinem neuen Zuhause früher oder später ohnehin würde arrangieren müssen, aber er zögerte es bis zum letzten Moment hinaus wie einen Besuch beim Zahnarzt.
    Mittags fuhr er direkt von der Schule in die Wohnung, räumte ein paar Sachen ein oder saß schweigend auf einem Küchenstuhl und betrachtete das, was seine Zukunft sein sollte. Nachmittags traf er sich fast täglich mit Holger und sie spielten stundenlang ihre ersten fünf fertigen Songs, so begeistert von deren Vollkommenheit, dass sie es einfach nicht schafften, einen sechsten zu komponieren.
    Einmal machte Holger eine zynische Bemerkung: »Wir stören ja niemanden.«
    Aber er hatte recht. Hannah war tot, Mark war jetzt in Nordamerika, der Makler hatte sein Geschäft gemacht und wartete nur noch auf die Übergabe des Hauses. Und der neue Besitzer war noch nicht da.
    Ein paar Mal hatten Holger und Linus zusammen unter dem Dach übernachtet. Der Dachboden war isoliert und mit Holz vertäfelt, der Fußboden mit weichem Teppich ausgelegt. Zu den wenigen Dingen, die sich noch im Haus befanden, gehörten Wolldecken und ein paar kleine Sofakissen.
    Tagelang spielten sie improvisierte, nicht enden wollende Maxiversionen ihrer Songs bis zur Erschöpfung ihrer Ohren und legten

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