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Ausgerockt - [Roman]

Ausgerockt - [Roman]

Titel: Ausgerockt - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: FUEGO
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Welt umzusehen, auch wenn der Anblick nicht erfreulich sein würde.
    Die letzten fünfzehn Jahre seines Lebens waren übersät mit Spuren. Überreste nicht genutzter Chancen. Ein Lebensweg voll davon.
    Seine Energie und Ausdauer hatte er dem gewidmet, was am wenigsten Erfolg versprach, und zwar konsequent.
    Er überlegte, ob er Brunssen anrufen sollte. Er wollte diese Dinge jemandem sagen. Wollte keine digitalen Fotos und Buchstaben mehr versenden, sondern sprechen. Sprechen und hören. Irgendetwas Tröstliches. Vielleicht würde Brunssen gewohnt pragmatisch anmerken: Tja, Keller. Wir wollten Erfolg. Wir haben ihn nicht bekommen. Nun suchen wir ihn woanders, in etwas kleinerem Maße vielleicht.
    Das Handy lag in seiner Hand, der Eintrag Brunssen war bereits aufgeblättert, doch Linus steckte das Telefon wieder ein. Brunssen hatte vor wenigen Stunden geheiratet. Vermutlich lag er jetzt mit seiner Braut im geschmückten Bett in dem erstklassigen Hotel und wollte keinen Gedanken an die Band verschwenden. Wer könnte ihm das verdenken?
    Linus zog das Handy wieder hervor und rief ihn an.
    »Ja?«
    »Hey. Ich bin’s.«
    »Hey, Alter.« Brunssen klang zufrieden. »Genießt du die Insel?«
    »Ich sitze in einem Strandkorb und beobachte ein Rudel Möwen. Vor allem krame ich alten Ballast raus. Werde ihn auf der Rückfahrt über Bord werfen.«
    »Ein Rudel Möwen …« Brunssen lachte. »Gut so. Spann mal aus.«
    »Ja, das sollte ich wohl.« Und so verkniff Linus sich die brennenden Fragen zum Sinn des Großen und Ganzen, obwohl er so dringend Antworten brauchte.
    »Wir sagen allen Bescheid, dass es heute Abend ein Treffen in einer kleinen Cocktail-Bar neben unserem Hotel gibt. Wer Lust hat, kann kommen. Nur damit du Bescheid weißt.«
    »Kommst du denn auch?«, fragte Linus.
    »Wir wissen es noch nicht. Ina tun die Füße weh, kein Wunder bei den Schuhen.« Er lachte. »Wir werden uns erst mal etwas entspannen. Aber Ramona will auf jeden Fall hingehen.«
    »Okay.«
    »Also dann. Vielleicht bis später.« Brunssen legte auf.
    Wir, wir, wir, dachte Linus, als er sein Handy einsteckte. Der Wind war kalt und hart geworden.
    Ein älteres Paar mit einem kleinen Hund spazierte von der Promenade zum Meer hinunter.
    Linus verließ seinen Strandkorb und lief ihnen den hölzernen Weg zur Promenade entgegen. Er ging in eine kleine Kneipe am Kaiserhof, um sich mehr Bier zu kaufen. Die Kellnerin gewährte ihm drei ungeöffnete Flaschen Jever, ohne dafür Pfand zu verlangen.
    Mit dieser Verpflegung lief er zurück zum Strand, setzte sich in denselben Strandkorb, trank das gleiche Bier und fühlte sich mit jedem Schluck stärker und verlorener zugleich.
    Er spielte mit dem Gedanken, eine Nachricht an Natascha zu schicken. Du hattest recht. Es war dumm von mir. Lass uns zusammenziehen.
    Ihre Antwort würde lauten: Zu spät, du Ärmster!
    »Du Ärmster« würde ihm mehr weh tun als »zu spät«.
    Wahrscheinlicher war aber, dass er überhaupt keine Antwort erhalten würde.
    Natascha hatte viel Geduld mit ihm gehabt. Sie hatte geglaubt, er würde wieder arbeiten gehen, was er zweifelsohne gekonnt hätte. Sie hatte gehofft, er würde allmählich zur Vernunft kommen und sie würden sich irgendwann eine gemeinsame Wohnung nehmen. Aber Linus hatte nichts dergleichen im Sinn gehabt. Er war vernarrt in die Idee gewesen, musikalisch erfolgreich zu sein, womit er Natascha letztendlich die Augen geöffnet hatte. Über sich.
    Nein, sie würde nicht antworten. Er schrieb ihr trotzdem, schrieb, wie schön das Meer sei und dass er an sie denke. Sie hatten sich zwei Jahre nicht gesehen.
    Es dämmerte allmählich. Linus schaute immer wieder auf das Handy in seiner Hand, sehnte sich nach einer Antwort, doch wie erwartet kam nichts zurück.
    Über dem Meer zogen dunkle Wolken auf.
    Das Bier war leer. Linus verließ seinen Platz, um sich mehr davon zu besorgen. Erste Regentropfen versanken im Sand. Er begann zu laufen, wollte mit Nachschub zurück im Strandkorb sein, bevor es einen Platzregen gab. Seine Gedanken und Gefühle standen längst unter dem Einfluss des flüssigen Gifts, das so viele trügerische Emotionen erzeugte, und so fand er es auf verklärte Weise romantisch, alleine in einem Strandkorb auf Wangerooge zu sitzen und sich vollaufen zu lassen, während der Himmel den Strand vollaufen ließ.
    Die Vorstellung, Natascha könnte ihn so sehen, gefiel ihm. Sie war sein Publikum, nicht anwesend, doch er glaubte daran, dass sein momentaner Zustand, sein

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