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Ausgesaugt

Ausgesaugt

Titel: Ausgesaugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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wird er Haken schlagen und springen, so dass ich nicht mehr richtig zielen kann. Doch er rennt direkt auf mich zu, wahrscheinlich, um Terry und Hurley auszuweichen, die von beiden Seiten auf ihn zugestürzt kommen. Möglicherweise auch, weil ihn der Gedanke an den Wahnsinn, aus dem heraus ich das getan habe, was ich getan habe, rasend gemacht hat. Er stürzt direkt auf mich zu, und ich drücke wieder und wieder ab. Er fliegt direkt in die Kugeln, durch die Kugeln oder sie durch ihn, er ist zu schnell, als dass ihn Terry oder selbst Hurley aufhalten könnten. Nur mein Finger am Abzug und nur die Kugeln sind schneller als seine Wut.
    Und dann hat er mich erreicht, hat mich am Hemd gepackt und seine Stirn gegen die meine gepresst. Er ist nicht unsterblich. Seine Brust und sein Bauch klaffen weit auf, die Eingeweide quellen aus den Löchern in seinem Rücken, die die Kugeln geschlagen haben. Er wirkt noch immer jung und voller Leben, die Röte seiner Wangen ist kaum geschmälert durch die frischen Blutspritzer.
    Er sagt etwas.
    – Eine Frau. Eine Frau, Pitt. Eine Frau.
    Ich habe die leergeschossene Pistole fallen lassen und das Amputationsmesser gezogen.
    – Eine Frau, Mr. Predo.
    Ich lege meine Hand um seinen Hals und verfahre genau so, wie er es mir beschrieben hat. Ein langer, tiefer Schnitt direkt bis zum Knochen.
    – Aber eine wirklich tolle Frau.
    Es ist, wie er gesagt hat: Nach dem Schnitt folgt nur noch ein kleiner Arbeitsschritt mit der Säge, und die Amputation ist vollendet.
    Ich brenne.
    Aber ich sterbe nicht.
    Ich sitze wieder im Sessel. Wundersamerweise ist noch ein Schluck in der Whiskeyflasche, obwohl sie mir runtergefallen ist. Der Kopf meines Feindes liegt in meinem Schoß.
    Zu meinen Füßen ein erster Körper für den Scheiterhaufen.
    – Hey, Terry. Du hast doch was über mich und die Glut in meinem Herzen gesagt. Wolltest du da noch was hinzufügen?
    Er starrt auf den Boden.
    – Weißt du, Joe...
    Ich folge seinem Blick bis zu dem Fläschchen, das beim Kampf mit Predo von der Sessellehne gefallen und davongerollt ist. Jetzt liegt es nur wenige Zentimeter von Terrys Zehenspitzen entfernt.
    – Ich hab, nun ja, meine Meinung geändert.
    Er bückt sich, hebt das Fläschchen auf und wiegt es in der Hand.
    – Holst du mir mal die Knarre, Hurl?
    – Klar doch, Ter.
    Hurley öffnet sanft Amandas Finger, nimmt ihr die Waffe aus der Hand und reicht sie Terry.
    Er hat jetzt beide Waffen. Die Pistole des toten Mädchens und die Flasche der Apokalypse.
    – Ohne schnippisch werden zu wollen, aber ich glaube, man kann mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass sich die Machtstrukturen soeben verändert haben.
     
    – Hör mit dem Gewäsch auf, Terry.
    Lydia kommt auf uns zu.
    – Und lass uns ernsthaft reden.
    Er zeigt ihr das Fläschchen.
    – Ist das nicht ernsthaft genug? Keine Ahnung, aber wäre es nicht angesagt, diesen Vorteil möglichst schnell zu nutzen?
    – Vorteil?
    Er sieht zur Decke auf und schüttelt den Kopf, bevor er sich ihr erneut zuwendet.
    – Lydia, mir ist bewusst, dass dein dir ureigener Idealismus einfach nicht totzukriegen ist, aber, Mann, ich hätte nicht gedacht, und man verzeihe mir die unverblümte Ausdrucksweise, aber ich hätte nicht gedacht, dass er noch von der Dicke deines Schädels übertroffen wird.
    Ich betaste meine Taschen.
    – Ich glaub, das sollte heißen, dass du bescheuert bist, Lyd.
    Sie streckt den Arm aus und hält mir die Handfläche hin. Wie ein Footballspieler bei der Abwehr.
    – Schnauze, Joe.
    Terry macht eine kreisförmige Bewegung mit dem Pistolenlauf.
    – Ja, soll ich’s euch denn aufmalen? Gibt es denn noch Klärungsbedarf bezüglich dessen, was hier soeben geschehen ist?
    Er richtet die Waffe auf den Kopf in meinem Schoß.
    – Dexter Predo ist tot. Dutzende, ja mehrere Dutzend seiner Leute wurden hier massakriert. Die Koalition in ihrer Gesamtheit hat ja überhaupt nur ungefähr hundert Mann zur Verfügung. Lydia, gerade habe ich zwar gesagt, dass Mathe nicht so mein Ding ist, aber das kann selbst ich ausrechnen. Addition und Subtraktion. Sie sind ungeschützt. Ihre erste Verteidigungslinie verrottet hier im Keller. Wir, also, jetzt hat sich das Blatt gewendet.
    Sie schüttelt den Kopf.
    – Gewendet? Was soll das heißen? Wir haben keine Truppen. Wie soll das gehen? Nein. Außerdem haben wir Wichtigeres zu tun.
    Er hält das Fläschchen hoch.
    – Wir müssen nicht zu den Waffen greifen. Hat hier denn keiner mehr Visionen? Was glaubt ihr, was das

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