Ausgesaugt
nochmal Witterung auf.
– Schwer zu sagen, aber ich glaub, da ist auch ’ne Spur Schießpulver dabei.
Terry zupft sich ein Haar aus seinem Ziegenbärtchen.
– Ich will ja bei so einer, nun, gemeinschaftlichen Unternehmung nicht übermäßig argwöhnisch wirken, aber mir ist nicht wohl dabei, in ein dunkles Kellerloch zu kriechen, wenn wir nicht genau wissen, wonach es da drin riecht.
Er deutet auf mich.
– Du zuerst, Joe.
Ich sehe zu dem Loch auf.
– Hätt’ ich mir ja denken können.
Der Schmerz ist inzwischen bis in meine Fingerspitzen gekrochen.
Noch sind die Krämpfe nicht so schlimm, dass ich lieber sterben würde, als den nächsten abzuwarten, doch ich spüre, dass jetzt ein Anfall nach dem anderen über mich hereinbrechen wird. Wie Wellen, die gegen die Klippen donnern. Meine Knochen fühlen sich abwechselnd eiskalt oder sengend heiß an.
Ich zittere, schwitze, stehe unter dem Loch und halte mir den Bauch.
Lydia kniet einen Meter von mir entfernt und hat einen alten Karabiner mit einem hölzernen Schaft auf das Loch gerichtet.
– Je eher du da hochkletterst, umso eher kriegst du dein Blut.
Ich wische mir den Schweiß von der Stirn.
– Ich glaub, ich muss gleich kotzen. Krämpfe. Hitzewallungen. Schüttelfrost.
Ich deute auf mich.
– Sicher, dass ich die Vorhut bilden soll?
Sie deutet ruckartig mit dem Gewehr auf das Rohr.
– Jetzt hör auf zu jammern und schwing deinen Arsch da rauf, Joe. Klingt nicht schlimmer als das, was die meisten Frauen einmal pro Monat durchmachen.
– Nennst du mich einen Feigling?
Sie lässt die Waffe sinken, bis sie auf meine Beine zielt.
– Eine kleine Zusatzmotivation gefällig?
Ich halte meine halbe Hand hoch.
– Lady, lass noch was für die Geier übrig.
Sie deutet mit dem Kopf auf die Öffnung.
– Los, zeig uns, wie sicher es da oben ist.
Ich reibe mir das Kinn.
– Klar. Bombensicher. Da oben ist keine Menschenseele.
Ich springe los.
Mit ausreichend Blut intus hätte ich hoch genug springen können, um stehend im Raum oberhalb des Rohrs zu landen. Aber in meinem Zustand erreiche ich kaum den Rand, kann mich ohne Hilfe eines zweiten Daumens gerade eben so festklammern und hochziehen.
Aber was einen nicht umbringt...
Im von unten heraufdringenden Licht kann ich den Körper der Kreatur ausmachen, die ich vor ein paar Stunden ins Jenseits befördert habe. Bei dem Anblick dreht sich mir der Magen um. Das Ding sieht aus, als hätte jemand einen Kaktus mit einer Seekuh gekreuzt und das Ganze dann von innen nach außen gekrempelt. So ähnlich, nur noch schlimmer.
Amanda. Verrücktes kleines Mädchen. Was zum Teufel tust du hier?
Viel mehr kann ich nicht erkennen, da ich lange nicht so gut im Dunkeln sehe wie sonst. Aber es stinkt durchdringend nach Vyrus. So stark hat das vor ein paar Stunden noch nicht gerochen. Und ich glaube, Hurley hatte Recht. Schießpulver. Hatten das Mädchen oder ihr Freund eine Waffe dabei? Haben sie damit vielleicht auf Sela geschossen?
Scheiße. In diesem Fall wird sie beide umgebracht haben. Wenn sie den Jungen erwischt hat, könnte das den starken Vyrusgeruch erklären. Besonders, wenn sie seine Leiche hier runtergeschmissen hat.
Terrys Stimme erklingt von unten.
– Joe, bist du tot?
Ich stecke den Kopf in die Öffnung und schirme mein Auge vor dem grellen Strahl der Taschenlampen ab. Lydia und Terry haben ihre Waffen auf mich gerichtet.
– Ist das eine Fangfrage?
Terry deutet auf mich und macht eine kreisende Bewegung mit dem Finger.
Ich blicke über meine Schulter in den Kellerraum, dann wieder zu ihnen hinunter.
– Ich schau mich mal kurz um. Gebt mir eine Taschenlampe.
Einer von ihnen wirft seine Lampe hoch. Ich verfehle sie, sie segelt an mir vorbei durch das Loch, landet auf dem Boden, geht aus und rollt leise klirrend davon.
Also muss ich mit dem Licht vorliebnehmen, das von unten heraufscheint. Leider reicht das nicht besonders weit, und schon bald krieche ich durch die Dunkelheit. Meine Hand landet in etwas Feuchtem. Es ist weich, knotig und fühlt sich an wie warmes Schweinefett. Als ich die Hand zurückziehe, streife ich mit den Fingerspitzen etwas anderes, das sich leise klirrend auf dem Boden verteilt.
Glasscherben von der Taschenlampe.
Hoffentlich funktioniert das Scheißding noch.
Die Lichtkegel von unten beleuchten die Spinnweben an der Kellerdecke. Ihre Lampen sind nur ein paar Meter entfernt, nutzen mir aber herzlich wenig. Ein Krampf zerrt an meinen Eingeweiden, zerrt und
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