Ausgesetzt
Wenn Walker sie doch gesehen hätte! Alex hatte in der Luft getanzt. Jamies Blut hatte er auf seinen Lippen geschmeckt. Walkers Duft war voll des Wunders und der Wonne gewesen.
Der Sekretär hatte sich an einer Brücke erhängt. Wie schade! In Jamaika hatte Walker den Pfleger attackiert. Das war beinahe komisch. Alles war anders, und alles war wie immer und würde immer so bleiben.
Bobby sah sich um in seinem Zimmer, seiner wasserblauen Höhle. Nur die Fische des Pflegers leisteten ihm Gesellschaft.
Irgendwo über ihm rang sein Vater nach Atem. Die Fische blubberten vor sich hin. Bobby war ganz tief unten, wo niemand ihn finden konnte.
Außer Jake und Bobby und den Fischen war niemand im Haus.
[home]
33
W alker sperrte erneut seine Wohnungstür auf. Er war noch einmal hinuntergerannt, um Krista zu versichern, dass alles in Ordnung sei. Er schloss zweimal hinter sich ab und sah sich um. Jetzt nahm er sich mehr Zeit, sah sich das Sofa an, die Kommode, die Lampe.
Krista wollte mit ihm zusammenziehen. Krista würde Möbel aussuchen, Vorhänge an die Fenster, Bilder an die Wand hängen, bunte Teppiche auf den Boden legen. Sie würde die Schränke mit ihren Kleidern füllen, das Bad mit ihren Toilettenartikeln, die Küche mit glänzenden Töpfen und Pfannen. Und es würde nach frischgebrühtem Kaffee und selbstgemachtem Abendessen duften.
Und Krista würde im Dunkeln über ihn herfallen, und danach würden sie zusammen einschlafen, ihr Körper warm an seinen geschmiegt.
Langsam ging er im Zimmer umher.
Irgendwo am Rande seines Bewusstseins braute sich ein Sturm zusammen.
Er verordnete sich selbst, sich hinzusetzen und an etwas Schönes zu denken.
Zusammenleben. Was bedeutete das eigentlich genau? Es klang gut, wie der Gedanke an frischgebackenes, warmes Brot. Es klang aber auch kompliziert.
Es bedeutete Verpflichtung. Das war das Wort, das seine Mutter benutzen würde. Aber wozu? Zum Glück? Wer würde sich dazu nicht verpflichten?
Der Sturm schwoll an.
Vielleicht, wenn er hinging, mit einem versteckten Aufnahmegerät, und Jake Nuremborski dazu brachte, etwas zu sagen. Aber er hatte kein Aufnahmegerät, und er hatte auch kein Geld, sich eines zu kaufen. Außerdem war das Blödsinn, denn Jake würde nichts sagen.
Er stand wieder auf und ging in der ganzen Wohnung auf und ab, in die Küche, ins Bad, ins Wohnzimmer. Sein Herz fing an zu rasen, und das Atmen fiel ihm schwer. Kyle und Lennie, Lennie und Kyle. Er hatte sie im Stich gelassen. Jetzt war der Sturm so nahe wie der nächste Atemzug.
Er stand im Bad. Er sah in den Spiegel.
Was war aus dem beglaubigten Scheck geworden?
Die Frage lag vor ihm wie ein Geschenk. Sie verblüffte ihn.
Was war aus dem Scheck über vierhunderttausend Dollar mit seinem Namen und Jake Nuremborskis Unterschrift darauf geworden? Dem Stück Papier, das sie miteinander in Verbindung brachte und bewies, dass zumindest ein Teil seiner Geschichte der Wahrheit entsprach?
Was macht man mit einem beglaubigten Scheck, wenn der Begünstigte ihn nicht will?, fragte er sein Spiegelbild.
Den Vertrag, den er hätte unterschreiben sollen, hatten sie bestimmt schon vernichtet, das war kein Problem. Aber den beglaubigten Scheck? Sie mussten sich das Geld doch von der Bank zurückholen, oder nicht? Wie würden sie das machen? Er wusste es nicht, mit Bankgeschäften kannte er sich nicht aus. Aber einen kleinen Hoffnungsschimmer bedeutete diese Frage.
Walker riskierte ein Lächeln, zumindest im Geiste. Der Scheck war Jake Nuremborskis großer Fehler gewesen. Er hatte keinen Augenblick damit gerechnet, dass Walker das viele Geld zurückweisen könnte. Er hatte keine Vereinbarung mit Walker. Walker konnte alles mögliche tun, auch zur Polizei gehen.
Falls Jake den Scheck vernichtet hatte, nachdem Walker sich geweigert hatte, ihn anzunehmen, wäre das Geld weg. Falls er ihn wieder auf sein eigenes Konto eingezahlt hatte, wäre diese Kontobewegung bankintern nachvollziehbar.
Dazu ist Jake zu gerissen, dachte Walker. Das Risiko wäre zu hoch. Er würde es nicht wagen, diesen Scheck einzuzahlen.
Nummer Neunzehn stand ganz allein neben der Garage in der Dunkelheit. Kein anderer hatte dieses Taxi genommen, weil keiner Lust hatte, damit zu fahren.
Walker ging durch das offene Garagentor und nahm den Schlüssel vom Brett.
Ohne mit jemandem ein Wort zu wechseln, stieg er ins Taxi und fuhr nach Forest Hill.
Er parkte eine Straße von Jake Nuremborskis Haus entfernt und sah auf die Uhr. Erst halb
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