Ausgesetzt
zurückgekommen war. Er wusste nicht, warum, und hatte keine Vorstellung, wie er es herausfinden sollte. Wenn seine Mutter unvermittelt »zumachte«, wie sein Vater das nannte, konnte man sich auch keinen Reim darauf machen.
»Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«, fragte Gerard dann. Das führte jedoch nur dazu, dass sie ein noch verkniffeneres Gesicht machte, und ihre grauen Augen blitzten, als würde sie ihn erschießen, wenn sie ein Gewehr hätte. Dann verfiel auch sein Vater in Schweigen, ein, zwei Wochen redeten beide kaum ein Wort, bis sie eines Tages, genauso unerklärlich, wieder »aufmachte«. Irgendeine lächerliche Kleinigkeit passierte, sie lachte ihr wunderbar kehliges Lachen, und mit einem Mal war das Haus von Sonnenlicht durchflutet.
Walker schaute wieder verstohlen auf Krista. Lange konnte es nicht mehr dauern, dann würden ihr die Zifferntasten des Rechners um die Ohren fliegen.
Er wusste, dass sie wegen ihres Wagens wütend war. Und er wusste, dass sie Angst hatte. Der Einbruch, das ausgebrannte Auto – das war’s vielleicht schon. Sie distanzierte sich von ihm, wählte die Selbsterhaltung.
Sie blätterte eine Seite im Kassenbuch um, sah zu ihm hoch und sagte: »Ist doch wohl klar, oder? Wir verfolgen die Spur deiner Mutter, und irgend jemand verfolgt unsere.«
Das Telefon klingelte. Sie sagte: »Scheiße«, stieß sich vom Tresen ab, glitt rückwärts zum Funktisch, drehte sich herum und hob den Hörer ab.
»A. P. Taxis. Mhmh. O. K. Bei Ihnen. Seiteneingang.«
Es war vier. Kristas Schicht begann erst in einer halben Stunde, aber Donna war auf dem Klo.
Krista wandte sich dem Funkgerät zu. »Simon, wo bist du, Simon? O. K. Paketabholung, Sherbourne 684, Seiteneingang … woher, zum Teufel, soll ich das wissen?«
Alphonso stürzte von der Straße herein, eine gackernde Schar halbwüchsiger Mädchen im Schlepptau. Sie trugen alle die gleichen grüne Faltenröcke, grüne Kniestrümpfe, weißen Blusen und grüne Blazer. Alle hatten Notizblöcke griffbereit, wie Sekretärinnen in der Ausbildung.
»So etwas dürft ihr niemals durchgehen lassen«, sagte Alphonso zu den Mädchen. »Dass die Fahrer und die vom Funktisch sich verbünden. Führt zu Eifersüchteleien an der Basis. Wie können die anderen Fahrer sicher sein, dass dieser Ganove hier nicht doppelt so viele Fuhren zugeschanzt kriegt?«
»Kriegt er nicht, sei ganz beruhigt«, sagte Krista und warf Alphonso einen finsteren Blick zu.
Walker verzog sich auf die andere Seite des Tresens. »Hi«, begrüßte er die Mädchen.
Alle lächelten ihn an, kicherten und erwiderten: »Hi.«
»Redet bloß nicht mit dem. Der macht nur Ärger«, sagte Alphonso.
Walker erschien den Mädchen durchaus wie einer, der Ärger machen konnte, mit seinem attraktiven Gesicht und der aufregend schiefen Nase. Auch wenn sie erst zwölf oder dreizehn waren.
»Er ist mit ihr ausgegangen und hat ihr das Auto abgefackelt«, erklärte Alphonso, und um seine Augen bildeten sich kleine Fältchen.
»Alphonso«, sagte Krista, »halt die Luft an.« Sie kam in ihrem Rollstuhl angefahren. »Also, welche der jungen Damen ist deine Nichte?«
Alphonso legte einem hübschen dunkelhaarigen Mädchen seine Riesenhand auf die Schulter.
»Das hier ist Rebecca Applebaum. Sie ist zwar eine halbe Jüdin, aber eine ganze Italienerin, oder, Beck?«
»Das sagt er schon, solange ich denken kann. Er findet das lustig.«
Rebecca seufzte, lächelte aber dabei. Um Onkel Alphonso bei Laune zu halten. »Hi.«
»Hi. Ich bin Krista Papadopoulos. Schwedin und Griechin.«
»Und ich bin ’ne Staubwolke«, verkündete Alphonso. »Hab ’ne Menge zu tun, Mädels. Sonst würd ich euch alles höchstpersönlich erklären.« Er verschwand auf dem Flur in Richtung seines Büros.
»O. K.«, sagte Krista, »wenn ihr mal hier herumkommt, dann zeige ich euch, wie man ein Geschäft unter keinen Umständen führen sollte.A. P. Taxis ist nämlich eine Katastrophe.«
Alle fünf Mädchen lächelten Walker an, als sie sich an ihm vorbeidrückten.
»Hast du eigentlich nichts zu tun, Walker?«, fragte Krista.
Walker wollte gerade in Nummer Neunzehn einsteigen und mit seiner Schicht beginnen, als Alphonso aus dem Haus kam. »Bleib da«, sagte er, »ich brauch dich.«
»Wofür?«
»Ich hab eine Verabredung.«
Als Walker seinen Dienst bei A. P. Taxis angetreten hatte, war ihm bald klargeworden, dass »Verabredung« immer »eine äußerst vielversprechende Pokerrunde«
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