Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgesetzt

Ausgesetzt

Titel: Ausgesetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James W. Nichol
Vom Netzwerk:
bedeutete.
    Alphonso spielte Poker mit hohem Einsatz, in einer Dauerrunde, die sich über die ganze Stadt erstreckte. Manchmal spielten sie bei A. P. Taxis, in einem Büro im ersten Stock, und Joe, der Mechaniker, stand Schmiere, falls die Bullen auftauchen sollten. Da der Staat keinen Anteil bekam, blickte er voller Missbilligung auf private Glücksspiele, obwohl genau dieser Staat sich mit den Einnahmen aus Lotterien und Kasinos eine goldene Nase verdiente. Auf diese Diskrepanz hatte Alphonso Walker schon des öfteren hingewiesen.
    »Du musst die Mädels für mich nach Hause bringen«, verkündete Alphonso. »Und damit meine ich auch nach Hause, bis vor die Haustür. Lass dich von denen zu nichts überreden. Und dass du sie mir bloß nicht in der Yonge Street absetzt, oder so.«
    Walker sah, dass er seine Verantwortung als Onkel sehr ernst nahm.
    »Die passen aber nicht alle rein«, sagte er und deutete auf die begrenzten räumlichen Möglichkeiten der schäbigen Nummer Neunzehn. »Wie haben Sie sie denn hergebracht?«, fragte er, als ob er es nicht genau wusste.
    Alphonso verzog das Gesicht, schlurfte auf und ab, langte widerstrebend in seine Tasche und händigte Walker einen Schlüsselbund aus. »O. K., aber ein Kratzer, und ich lass mir deine Eier vergolden und häng sie mir als Glücksbringer über die Haustür. Und fackel ihn mir nicht ab.«
    Die Mädchen passten problemlos in Alphonsos makellosen rosa 1958er Eldorado. Zwei vorne. Drei hinten. Jetzt, wo sie sich keine Notizen mehr dazu machen mussten, wie man ein Geschäft nicht führt, waren sie nicht mehr zu bremsen. Walker fuhr los. Er hatte schon immer einmal einen Cadillac-Oldtimer fahren wollen.
    »Mach das Radio an, Walker! Nein, sing uns was vor, Walker! Nein, leg eine Kassette rein, Kassette rein, Kassette rein!« Lieber Gott, war das ein Geschnatter. Aber Walker war nicht umsonst mit sechs Schwestern aufgewachsen.
    Alphonso hatte sich ein Kassettendeck einbauen lassen, sein einziges Zugeständnis an die Gegenwart, alles andere war original. Das riesige Handschuhfach war voller Kassetten, alle von Tina Turner. Die Mädchen brüllten vor Lachen. Bald bebte der Wagen im Takt von »What’s Love Got to Do with It?«
    »Mädels, ich hab eine Idee«, verkündete Walker. »Warum fahren wir nicht einfach nach Kalifornien?«
    Daraufhin brach die Hölle los. Superidee! Sie könnten am Strand leben, surfen, sich den Busen vergrößern lassen und auf Pamela Anderson machen. Die letzte Bemerkung kam von Rebecca Applebaum. Gleich würden sie überschnappen. Die Mädchen lachten derart, dass Walker befürchtete, sie könnten hysterisch werden.
    Was ist, wenn einer schlecht wird?, überlegte er. Ich sollte sie wieder zur Ruhe bringen.
    »Demoliert mir bloß nicht die Sitze, ja? Sonst schmeißt Alphonso mich raus.«
    Sie hörten ihn nicht einmal.
    »Aber zuerst müssen wir bei der Bridge vorbei«, brüllte eines der Mädchen. »Und der Anders sagen, dass wir mit Walker nach Kalifornien fahren!«
    »Die wird sagen, kann ich mitkommen?«, schrie eine andere.
    »Ihr vernebelt mir ja die Fenster«, beschwerte sich Walker. Dann blieb ihm das Herz stehen.
    Er drehte sich um. »Was hast du gesagt?«, fragte er ein Mädchen mit gerötetem Gesicht auf dem Rücksitz.
    »Worüber?«, fragte sie zurück. »Über Miss Anders?«
    »Das ist die Direktorin«, gab eine andere Auskunft.
    »Die Drecktorin«, sagte eine dritte.
    »Nein«, sagte Walker. »Es war was über eine Bridge.«
    »Ach so.«
    »Die Bridge, Walker. So heißt die bei uns.«
    »Unsere Schule.«
    »St. Bridget.«
    »Du weißt doch, wer Bridget ist, Walker, oder?«, fragte Rebecca Applebaum. »Die heilige Brigitta. Sie ist eine der Schutzheiligen von Irland.«
    »Ihr nennt eure Schule die Bridge?«, fragte Walker.
    »Na klar. Alle tun das«, antwortete Rebecca.
     
    Walker beugte sich über den Tisch bei Ruby und bat Krista, nach dem Frühstück noch ein bisschen zu bleiben. Sie war schon halb aufgestanden und im Begriff, mit der übrigen Frühstücksgesellschaft aufzubrechen. Kein Wort hatte sie an ihn gerichtet, außer »Gib mir mal den Ahornsirup«.
    Widerstrebend setzte sie sich, mit einem Gesichtsausdruck, als wäre sie in der Schule zum Nachsitzen verdonnert worden. Walker wartete, bis die anderen gegangen waren.
    »Was stimmt nicht?«
    »Alles bestens«, sagte Krista. »Seh ich aus, als ob was nicht stimmt?«
    »Ja.« Und da wusste er, was es war.
    »Es tut mir leid, dass ich nicht im Bus mit zurück- und

Weitere Kostenlose Bücher