Ausgesetzt
verkrüppelte Krista ausnutzte und sie wahrscheinlich in einer Tour vögelte. Außerdem hatte Walker ihr das Auto abgefackelt. Und ganz besonders passte ihm nicht, wie Alphonso mit Walker herumalberte, ihm auf die Schulter klopfte, wie er es früher bei Joe getan hatte.
»Hat er mein Taxi geklaut?«
»Das weiß kein Mensch. Krista sagt, er is ’ne Weile damit abgehauen. Das kann er doch nich bringen! Was is, wenn ein andrer Fahrer da drauf wartet?«
Natürlich wussten beide, dass das nicht der Fall war. Es gab sonst niemanden, der so blöd oder so schlecht dran war, dass er Nummer Neunzehn fuhr.
»Er is nich zurückgekommen«, sinnierte Alphonso und kratzte sich den Bart.
»Das Arschloch kann einem echt auf den Arsch gehen!« Ungewollt versprühte Joe eine Ladung Spucke in einem fast perfekten Bogen über Alphonsos linke Schulter.
Fünf Minuten nach halb zehn läutete bei George Papadopoulos das Telefon.
»He, Georgie«, sagte Alphonso, »wie geht’s denn so? Wo is denn dein hübsches Töchterlein?«
»Im Bett«, antwortete George. George war ein Mann von Bedeutung, doch weder ein Freund vieler Worte noch ein Charmeur. Er hatte jahrelang erfolgreich an der Börse spekuliert, und er war eine Privatbank für die Hälfte der griechischen Geschäftsleute in der Danforth Avenue. Man respektierte ihn, liebte ihn, fürchtete ihn sogar ein wenig. Es gab keinen treueren Freund, keinen unversöhnlicheren Feind. Die allgemeine Devise war: Leg dich nicht mit Georgie Papadopoulos an.
»Ich muss mit ihr reden«, sagte Alphonso.
»Sie schläft«, erwiderte George. »Ruf um halb vier wieder an.«
»Wer ist dran? Ist das für mich?«, rief Krista ihrem Vater zu und kam aus der Küche gerollt. Sie war im Schlafanzug, hatte jedoch nicht schlafen können. Die ganze Zeit hatte sie an Walker denken müssen. Gerade war sie mit dem Treppenlift heruntergekommen und hatte sich noch einen Kaffee eingeschenkt, auch etwas, das ihren Vater garantiert zur Weißglut brachte.
George war der Meinung, sie tränke viel zuviel Kaffee und schliefe viel zu wenig. Und das eine habe durchaus etwas mit dem anderen zu tun. Außerdem solle sie nicht in der Nacht arbeiten und bei Tage schlafen. Sie solle sich etwas für tagsüber suchen und nicht in diesem Drecksladen von Piattelli arbeiten. Dazu sei sie zu gut. Praktisch führe sie den Laden ja schon. Sie solle lieber brav sein und ihm, ihrem Vater, im Geschäft helfen. Doch jedesmal, wenn er das vorschlug, steckte sie sich den Finger in den Hals und machte Würgegeräusche.
»Nein, das war nicht für dich«, sagte George zu Krista, und zu Alphonso: »Ruf später wieder an.« Dann legte er auf.
»Wer war das?«
»Dieser nichtsnutzige Penner, für den du arbeitest. Komm, geh schlafen. Du bist blass. Du wirst noch krank. Ich muss jetzt ins Geschäft. Er ruft dich um halb vier wieder an.«
»Gott im Himmel, du hast Nerven«, fauchte Krista, fuhr an ihm vorbei zum Telefon, hob den Hörer ab und wählte.
»Wenn du den Namen des Herrn aussprichst, sollten deine Hände gefaltet und deine Augen geschlossen sein«, erinnerte sie George. »Wenn du nicht schläfst, ruinierst du dir die Gesundheit. Du kannst jung sterben oder alt«, fügte er noch hinzu, als er zur Tür hinausging.
Krista klärte Alphonso auf. Walker hatte Nummer Neunzehn nicht geklaut. Welcher normale Mensch würde das schon tun?
»Na, und wo is er dann? Weil ich jetzt nämlich gleich die Polizei rufe.«
»Du würdest die Polizei nicht einmal rufen, wenn man dich gerade umbrächte, vor lauter Angst, dass jemand einen Blick in deine Abrechnungen wirft«, konterte Krista. »Er hat sich den Wagen nur für einen Tag geliehen. Er ist noch mal an den Eriesee gefahren.«
»Er ist was?«, fragte Alphonso.
»Na ja, das ist nämlich so …« Krista überlegte einen Augenblick. Es war nicht leicht, das zu erklären, insbesondere weil niemand außer ihr und Walker von dessen Suche nach seiner Mutter wissen sollte. »Es hat was mit meinem Auto zu tun, aber ich kann dir nicht sagen, wieso«, schloss sie und legte auf.
Walker war an diesem Morgen kurz nach sechs vor dem Gemeindeamt des Bezirks McKormack vorgefahren. Früher hatte hier einmal jemand gewohnt, jetzt aber war es zu mehreren Büros und einem Sitzungssaal umgebaut worden. Er hatte nicht erwartet, jemanden anzutreffen, und es war auch niemand da. Eben erst begann diffuses Licht sich langsam über den Horizont zu ergießen.
Er hatte den Wagen, Heck nach hinten, neben der Garage
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