Ausgesetzt
sagte sie.
»Lieber Himmel«, stöhnte Alphonso, als sie auf dem Flur verschwand. Er wollte doch nur, dass sie ein bisschen nachdachte, sich etwas einbremste. Er hatte gesehen, wie die beiden herumturtelten. Er wollte nur nicht, dass ihr jemand weh tat. Weil sie so, na ja, klein oder so was in der Art war. Und er liebte sie wie eine Tochter oder so ähnlich. Und er hatte ihr die verdammten Schlüssel gegeben, was wollte sie denn noch? Alphonso fühlte sich hundsmiserabel.
»Er sagt, wenn du ihm auch nur einen Kratzer in den Wagen machst, musst du die nächsten zehn Jahre gratis für ihn arbeiten«, verkündete Krista und ließ die Schlüssel in Walkers Hand fallen.
Walker stand vor der Garage neben Nummer Neunzehn. Aus der Düsternis der Werkstatt fühlte er Joe Smarts Augen auf sich, doch sehen konnte er ihn nicht. »Trotzdem hätte ich ihn selbst fragen sollen.«
»Ein Mann sollte niemals Frauenarbeit tun.«
Er sah sie genauer an. Sie sah irgendwie komisch aus, als wäre sie in eine steife Brise gekommen – ihre Augen glänzten, ihr Gesicht war ein wenig rotgefleckt. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Sicher.«
»Danke.«
»Bitte.« Abrupt wandte sie sich ab und schwang sich durch die offene Garagentür zum Seiteneingang.
Walker fuhr schnell zu Hause vorbei, um Zahnbürste und Zahnpasta, frische Unterwäsche und Socken zusammenzupacken und in eine Einkaufstüte zu stecken. Er rannte die Treppe wieder hinunter, warf die Tüte auf den eleganten Rücksitz des Cadillacs und verließ die Stadt Richtung Norden.
An einem anderen Tag, zu einer anderen Zeit, in einem anderen Leben hätte er seine Freude daran gehabt, diesen Wagen durch den stockenden Verkehr zu lenken. Alle reckten die Hälse, um zu sehen, wer einen solchen Wagen fuhr. Alphonso liebte es, seinen rosa Cadillac im Sommer in einem Hawaii-Hemd zu fahren. Im Winter trug er einen schwarzen maßgeschneiderten Mantel mit Biberkragen, weil er glaubte, damit sähe er aus wie ein Pate aus Chicago. Alphonso sah gut aus in dem Caddy, doch Walker, mit seiner Lederjacke, seinem langen, schwarzen Haar und seiner grüblerischen Miene, sah noch besser aus.
Heute jedoch hätte der Cadillac genausogut sein alter Dodge sein können oder sogar Nummer Neunzehn, die Kohlenmonoxidschleuder, Walker wäre es egal gewesen. Er merkte kaum, was er da lenkte, dass andere Autos um ihn herum waren oder die Leute ihn ansahen. Er war zu sehr mit seinen Gedanken über Krista beschäftigt.
Er legte eine Kassette von Tina Turner ein und rauchte eine von den fünf Zigaretten, die er sich in Vorbereitung seiner vierstündigen Fahrt gedreht hatte. Im Moment jedoch, da der Caddy die Hälfte der Zeit still stand, sah es mehr nach fünf Stunden aus.
Krista ging ihm nicht aus dem Sinn. Irgend etwas hatte nicht gestimmt. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt, ihm nicht einmal viel Glück gewünscht, geschweige denn ihn geküsst. Vielleicht hatte sie ihn ja aufgegeben. Vielleicht glaubte sie, er habe sich schon selbst in den Wahnsinn getrieben, sei ein hoffnungsloser Fall.
Plötzlich drohte ihn eine Depression zu überwältigen. Er konnte kaum die Arme bewegen. Sein Kopf wollte nicht mehr recht funktionieren.
Es war etwa acht Uhr abend, es war dunkel und es regnete heftig, als Walker die Stadt Parry Sound am Highway 69 erreichte. Es war nur mehr eine Stunde bis zum French River. Er beschloss, etwas zu essen. Dann würde er nach einem Rastplatz an der Straße Ausschau halten, der einen Waschraum hatte. Es hatte gar keinen Sinn, um diese Zeit noch auf Teufel komm raus zum French River zu wollen. Vernebelt durch den Schleier der vergangenen Jahre und der momentanen Alkoholdämpfe war Kim sich nicht sicher gewesen, wo genau sich das Sommerhaus befand. Ganz sicher war sie allerdings, dass das Haus direkt außerhalb eines kleinen Ortes namens Weirtown stand, an einer scharfen Kurve, dort wo die Straße auf den Fluss zulief. Irgendwo da.
Es war besser zu warten, bis es wieder hell war.
Walker aß einen doppelten Hamburger mit Pommes, trank eine Limo und zwei Kaffee in einem fast leeren Schnellrestaurant.
Er betrachtete sein Spiegelbild im Fenster. Walker Devereaux. Walker Nuremborski. Verschwunden.
Kurz nach neun verließ er das Restaurant. Er hatte herumgetrödelt, so lange er konnte, doch es war immer noch zu früh zum Schlafengehen.
Es schüttete noch stärker, der Regen prasselte auf das dicke Stahldach des Caddy, als er sich in den Wagen flüchtete und die Tür zuschlug. Er fuhr
Weitere Kostenlose Bücher