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Ausgesetzt

Ausgesetzt

Titel: Ausgesetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James W. Nichol
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sich auf die Kante seines zerwühlten Bettes.
    Nicht Lennie. Nicht Kyle. Sondern Robert.
     
    Um vier Uhr kam Walker zur Eingangstür von A. P. Taxis herein. Krista war schon da, obwohl sie fast den ganzen Tag damit verbracht hatte, die Wogen zwischen ihrer Mutter und ihrem Vater zu glätten. Sie hatte nur drei Stunden geschlafen und dunkle Ringe unter den Augen.
    Als Walker sie so mitgenommen sah, war ihm klar, dass Nick und die anderen Fahrer ihr Aussehen als Zeichen sexueller Erschöpfung auslegen würden. Es würde das Thema des Abends werden.
    »Hi«, sagte er.
    Am Funktisch saß noch immer Donna in ihrer weiten alten Strickjacke. Krista ging einen Stapel Rechnungen durch. Sie trennte sie in solche, die noch einmal dreißig Tage auf ihre Bezahlung warten konnten, und solche, bei denen sie Alphonso überreden musste, sie gleich zu bezahlen, um gerichtliche Schritte zu vermeiden. Dieses Spiel spielten sie jeden Monat. Alphonso zahlte immer nur im allerletzten Moment. Das war eine eherne Regel, und es gab keine Ausnahme davon.
    »Hi«, sagte sie.
    Donna, die gerade ein Taschenbuch las und sich die nächste Zigarette an der vorhergehenden anzündete, drehte sich zu Walker um.
    Krista sagte: »Gehen wir auf den Flur. Alphonso hat seinen freien Abend. Wieder einmal.« Sie schwenkte ihren Rollstuhl herum und fuhr an ihm vorbei.
    Walker hatte sie nie geschoben. Soweit er wusste, hatte das auch sonst noch niemand getan. Er nahm an, dass man sein Leben riskierte, wenn man es versuchte, auch wenn der Schnee einen halben Meter hoch lag.
    Sie stieß sich den Flur entlang, rumpelte die Rampe hinunter und fuhr in Alphonsos Büro. Walker immer hinterdrein.
    »Donna ist schrecklich neugierig«, sagte sie. »Wir haben meine Mutter gefunden.«
    Walker setzte sich auf die Armlehne von Alphonsos ramponiertem Ledersessel. Er hatte auch Neuigkeiten, aber keine Eile, sie loszuwerden. »Wo?«
    »Sie war bei meiner Tante. Die wohnt nur ein paar Blocks weiter, aber Dad hatte richtig Muffensausen.«
    »Ist sie zurückgekommen?«
    »Schon, aber nur unter der Bedingung, dass Dad und ich nicht mehr soviel streiten.«
    »Geht das denn?« Walker lächelte sie an.
    »Schwer vorstellbar«, sagte sie und lächelte ebenfalls ein wenig. »Das war schon irgendwie komisch heute, nicht?«
    »Was?«
    »Das weißt du genau.«
    »Ja«, sagte er.
    Sie sahen sich lange in die Augen. Dann brach Walker das Schweigen. »Ich habe was über diese Rettungsfahrt herausbekommen.«
    »Aha?«
    »Ja. Es
war
Robert Nuremborski, den sie an diesem Abend eingeliefert haben.«
    »An welchem Abend?«
    »An dem Abend, an dem sie mich am Straßenrand gefunden haben. Genau an dem.«
    »Tatsächlich? Das passt doch zu der Geschichte, dass Robert dein Vater ist, oder?«
    Er starrte auf seine abgetragenen Schuhe. »Ja«, sagte er.
    Teilnahmslos und verzagt fuhr Walker die ganze Nacht Taxi. Der strömende Regen machte es ihm auch nicht leichter. Er versuchte, an Reef Island zu denken, versuchte, sich vorzustellen, dass es dort jemanden gab, der seinen Namen wiedererkennen würde. Walker, nicht den Namen, den der Sekretär ihm genannt hatte. Nicht Edward William Jenkins, der in England lebte und in Edinburgh studierte, sondern Walker. Walker ohne Nachnamen.
    Während das Lichtermeer der Stadt gegen die Windschutzscheibe brandete, versuchte er sich Strände und Wellen vorzustellen, eine weite Fläche türkisen Wassers, einen unglaublich blauen Himmel. Und einen kleinen Jungen, der dort spielte. Einen Jungen namens Walker. Oder Little Kyle, weil sein Vater Big Kyle war – das hatte Kim gesagt.
    Genau in diesem Moment – als wäre der Regen plötzlich festgefroren, als hätten die Autos in dem spärlichen Licht mit quietschenden Bremsen angehalten – erkannte Walker die Wahrheit. Er sah sie direkt vor sich. Nicht Edward William Jenkins. Und auch nicht Little Kyle. Walker hatte die Antwort.
     
    An diesem Morgen dauerte es deutlich länger als sonst, den Rest des Frühstücksclubs bei Ruby loszuwerden. Alle waren in besonders redseliger Stimmung, grinsten Walker und Krista an und bedauerten sie sehr ob der Müdigkeit, die ihnen doch in allen Gliedern stecken musste. Erst die Nachtschicht und dann auch noch die Tagschicht. Doppelschicht fahren und so. Ha, ha.
    Schließlich gingen sie doch.
    Walker spielte mit einer Streichholzschachtel. Wieder und immer wieder schnipste er sie zwischen seinen Fingern hin und her.
    »Was ist los?«, fragte Krista.
    »Wieso?«
    »Es ist wegen dem,

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