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Ausgesetzt

Ausgesetzt

Titel: Ausgesetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James W. Nichol
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was du über diesen Krankentransport herausgefunden hast, oder?«
    »Möglich.«
    »Schau, Walker«, sagte sie, »das ist nicht das Ende der Welt. Jetzt weißt du wenigstens, wer dein Vater und deine Mutter waren. Und dass deiner Mutter nie irgendwas Schreckliches passiert ist. Sie ist einfach weggegangen. Das ist doch was, oder?«
    Walker sah sie an. In seinen Augen lag echter Schmerz. »Ich glaube, ich bin draufgekommen, warum ich so vernagelt bin. Es liegt auf der Hand, man muss nur hinschauen.«
    Bald dreht er durch, dachte sie. »Was denn?«
    »Na, denk doch mal nach. Warum wurde Lennie nach Jamaika verbannt? Ist es ein Zufall, dass Lennie nach Toronto zurückfliegt, kurz bevor Roberts Kind, auch drei Jahre alt, ausgesetzt wird? Zwei Kinder, zwei Jungen, beide drei, beide Halbindianer? Merkst du was?«
    Krista schob ihren Kopf so nahe an Walkers, dass ihr Haar sein Gesicht berührte, und hielt seinen Arm mit beiden Händen fest. »Nein«, sagte sie leise.
    »Beides ist gelogen!«, zischte er.
    Er schaute weg, als brächte er es nicht über sich, mehr zu sagen. »Es gibt nur ein kleines Kind, einen dreijährigen Jungen«, brachte er schließlich hervor. »Ich bin Lennies Sohn. Und ich bin auch Roberts Sohn!«
    Krista hielt seinen Arm noch fester umklammert.
    »Lennie hat Kim angelogen. Es hat nie einen Freund gegeben. Ihr eigener Bruder war’s. Robert war’s.«
    »Warum wollte sie dann nicht abtreiben, wenn sie von ihrem Bruder schwanger war?«
    »Weil sie sich viel zu sehr gefürchtet und geschämt hat, um was zu sagen. Sie war erst vierzehn. Und als sie es nicht mehr verbergen konnte, war es schon zu spät. Also hat sie einen Jungen erfunden, der sie geschwängert hat. Ich glaube nicht, dass Jake Nuremborski die Wahrheit wusste, als er sie zum Kinderkriegen nach Jamaika abgeschoben hat. Die hat er erst später herausgefunden. Vielleicht erst, als ich schon auf der Welt war. Aber irgendwann muss sie’s ihm erzählt haben. Oder Robert war’s.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Sie hat Kim geschrieben, dass sie nach Hause kommt und das Inzestkind, das Monster, nach Toronto zurückbringt. Und da ist Jake ausgerastet. Er hat sie umgebracht. Robert hat er fast umgebracht. Mich hat er ausgesetzt.«
    Krista war seiner Wange so nahe, dass er ihren Atem fühlte. »Hat er dir deshalb das Geld angeboten? Will er deshalb, dass du für immer verschwindest?«
    »Ich bin der lebende Beweis, dass Jake Nuremborski ein Mörder ist«, sagte Walker.
    Das passte alles zusammen. Und es ergab auf furchtbare Weise Sinn. Auch Krista erkannte das.
    Heather Duncan, die Informantin. Der Sekretär, der sie abschrecken sollte. Die vierhunderttausend Dollar.
    Lange saßen sie schweigend da.
    »Ich weiß, wo ich die ersten drei Jahre meines Lebens verbracht habe. Kim hat mir am Vormittag die Adresse gegeben«, sagte er. »Als sie mich gefunden haben, wusste ich meinen Namen, Walker. Wenn ich nach Jamaika fliege, kann ich vielleicht beweisen, dass ich das Kind bin, das dort geboren wurde. Immerhin kann ich, verdammt noch mal, vielleicht beweisen, dass ich das Kind bin, das ausgesetzt wurde. Wenn es dort Leute gibt, die sich an einen kleinen Jungen namens Walker erinnern, oder wenn es irgendwo ein Geburtenregister gibt und ich irgendwo als Walker eingetragen bin, kann ich eine Verbindung herstellen zwischen mir und Jamaika und Lennie. Dann kann ich zur Polizei gehen. Die würden mit Jake sprechen. Sie würden einen Bluttest bei Robert anordnen. Sie würden anfangen, nach Lennie zu suchen.«
    Krista musste ihn das fragen. Sie holte tief Luft. »Bist du sicher, dass du beweisen willst, dass du das Kind von Bruder und Schwester bist?«
    »Ich muss.«
    »Ja«, sagte Krista. »Walker, ich hab ein bisschen was gespart. Das kann ich dir geben.«
    »Ich möchte, dass du mitkommst.«
    Sie sah ihn prüfend an. Jetzt, wo er seine Geschichte losgeworden war, war er anscheinend wieder halbwegs klar im Kopf.
    Und es sah aus, als ob er meinte, was er sagte.
    Sie dachte an Mary’s Point. Sie spürte, wie ihr die Krücken im Sand wegrutschten, spürte, wie ihr die Luft wegblieb, die Lungen brannten. »Du kannst mich dort gar nicht brauchen. Mit mir brauchst du für alles viel länger.«
    »Und wie ich dich brauche«, sagte er. »Wir machen das zusammen. Außerdem wird Jake Nuremborski nicht aufgeben, nur weil ich seinen Scheck nicht genommen habe. Aber er ist nicht in Jamaika. Dort sind wir sicher.«
    Krista zögerte einen Augenblick. »O. K.«, sagte

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