Ausgespielt
Banalitäten. Sie schlossen mich am Rande mit ein, doch es war alles nur Blabla, eine Reihe wechselnder Themen, die, soweit ich es beurteilen konnte, im Grunde inhaltsleer waren. Ich trank zwei Tassen Kaffee, während sie ihre Drinks hinunterstürzten und eine zweite Runde orderten. Keiner von beiden zeigte auch nur das geringste Anzeichen von Betrunkenheit. Martys Teint war zwar geröteter als beim letzten Mal, doch er hatte sich unter Kontrolle.
Irgendwann begann mir ihr Zigarettenrauch auf die Nerven zu gehen. Ich entschuldigte mich und verzog mich auf die Damentoilette, wo ich so lange wie möglich herumtrödelte, ehe ich an den Tisch zurückkehrte. Ich setzte mich wieder und sah auf die Uhr. Wir saßen nun seit fünfundvierzig Minuten in der Hotelbar, und ich wollte los.
Reba lehnte sich vor und legte eine Hand auf Martys Arm.
»Ich glaube, wir müssen aufbrechen. Ich gehe noch kurz aufs Klo, und dann treffen wir uns draußen.« Sie hob ihr Glas, kippte den Rest ihres Drinks und kaute noch an der Olive, als sie bereits auf dem Weg zur Damentoilette war.
Marty rechnete ein Trinkgeld aus und ließ die Getränke auf Zimmer 817 buchen. »Wie lang sind Sie denn schon hier?«, fragte ich.
»Zwei Tage.«
»Dann fahren Sie wohl nicht mit uns zurück«, sagte ich.
»Wohl kaum«, entgegnete er belustigt.
Ich konnte den Witz daran nicht erkennen, doch was auch immer er zusammen mit Reba ausgeheckt hatte, schien den Effekt zu haben, dass er sich ins Fäustchen lachte.
»Was ist aus Ihrem Telefon geworden? War die Leitung nun angezapft oder nicht?«
»Keine Ahnung. Ich habe beschlossen, nicht so lange zu warten, bis ich es weiß.«
381
Er steckte seinen Durchschlag der Quittung ein, stand auf und hielt mir höflich den Stuhl. Dann gingen wir zu den Aufzügen hinüber, blieben schweigend vor ihnen stehen und warteten auf Reba, die gerade auf der anderen Seite der Halle aus der Damentoilette kam. Martys Blick folgte meinem, ehe er weiter nach links schwenkte. Zwei Männer in Freizeithosen und Sakko durchmaßen die Halle mit entschlossenen Schritten. Ich nahm an, dass sie in die Cocktailbar wollten. Um zu sehen, warum sie es so eilig hatten, wandte ich mich um. Marty trat einen Schritt zur Seite, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Einer der beiden schaffte es noch in den nächstgelegenen Aufzug, ehe die Türen zugingen. Er streckte die Hand aus, als wollte er die Türen für seinen Begleiter aufhalten. Der zweite Mann rempelte Marty an.
»Hey, Vorsicht!«, rief Marty.
Der Mann packte Martys Arm und zwang ihn durch den
Schwung seiner Vorwärtsbewegung, im Gleichschritt mit ihm in den bereitstehenden Aufzug zu steigen. Marty wedelte mit den Armen und versuchte sich loszumachen. Es wäre ihm vielleicht sogar gelungen, wenn ihm nicht der andere Mann die Beine weggetreten hätte. Marty fiel auf den Rücken und konnte sich gerade noch die Arme vors Gesicht schlagen, um den brutalen Tritt abzuwehren, der auf ihn zukam. Der Schuh traf mit einem feuchten, satten Geräusch auf und hieb Marty einen klaffenden Riss in die Wange. Der andere Mann drückte auf den Knopf. In dem Moment, bevor die Türen zugingen, sah mir Marty in die Augen.
»Marty?«, sagte ich.
Die Türen schlossen sich, und die Stockwerksanzeige
wanderte nach oben.
Zwei andere Leute in der Halle drehten sich um, um zu sehen, was los war, doch da schien alles schon wieder ganz normal zu sein. Der gesamte Vorfall hatte kaum fünfzehn Sekunden gedauert.
382
Reba langte mit aufgerissenen Augen bei mir an. Jegliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. »Wir müssen sofort von hier verschwinden.«
Gebannt vom Anblick des Pfeils, der sich inzwischen bis zum achten Stock bewegt und dort angehalten hatte, schlug ich auf den Aufwärts-Knopf. Angst überschwemmte meine inneren Organe mit so viel Säure, dass es mir fast den Brustkorb zerfressen hätte. Zwei Aufzüge weiter gingen die Türen auf. Ich packte Rebas Arm und drehte sie zur Halle um. »Verständigen Sie den Wachdienst des Hotels, und sagen Sie ihnen, dass wir Hilfe brauchen.«
Sie zerrte an meinen Fingern, ehe sie den Ellbogen hob und nach oben ausschlug, um meinen Griff abzuschütteln.
»Schwachsinn. Lassen Sie mich los. Marty muss da allein durch.«
Ich hatte keine Zeit für eine Auseinandersetzung. Ich schob sie, als könnte ich ihr für die ganze Strecke zur Rezeption Antrieb geben, ehe ich in den wartenden Aufzug stieg und die Acht drückte. Ich war alles andere als überzeugt davon, dass sie tun
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