Ausgespielt
Haus gelesen.
Das Grundstück war kürzlich erweitert worden und umfasste nun auf beiden Seiten eine große Landparzelle, die den Bau eines 375
prunkvollen Eingangsbereichs und zusätzlicher Parkplätze für die Hotelgäste ermöglicht hatte. Ein Namenswechsel sowie die mit Millionen von Dollar umgesetzte Renovierung hatten das alte Hotel wieder interessant gemacht. Inzwischen galt es als angesagtes Quartier für Rockstars, Schauspieler und staunende Touristen, die hip wirken wollten.
Ich bog in die großzügige halbrunde Zufahrt ein und reihte mich hinter zwei Stretch-Limousinen, einem Rolls-Royce, einem Mercedes und einem Bentley als Sechste in die Schlange ein. Es war Eincheckzeit. Ein Parkgehilfe und zwei oder drei livrierte Pagen wuselten um jeden Wagen herum, halfen den Gästen beim Aussteigen und luden unzählige Gepäckstücke aus Kofferräumen auf messingglänzende Gepäckwagen. Ein Portier in Livree und weißen Handschuhen pfiff ein Taxi herbei, das links um mich herum einen Haken schlug und vor dem Eingang hielt. Zwei wie Penner gekleidete Hotelgäste setzten sich eilig hinein, und der Wagen fuhr davon.
»Das ist ja der Wahnsinn hier. Soll ich nicht einfach schnell reinspringen?«, meinte Reba.
»Vergessen Sie’s. Ich lasse Sie nicht aus den Augen.«
»Oh, Herrgott noch mal«, fauchte sie. »Was denken Sie denn –
dass ich durch den Hinterausgang verschwinde und Sie hier sitzen lasse?«
Da ich genau das dachte, sparte ich mir die Antwort. Als wir an der Reihe waren, reichte ich dem Parkmann die Autoschlüssel, während Reba ihm ein strahlendes Lächeln schenkte und ihm einen gefalteten Geldschein in die Hand drückte. »Hey, alles klar?
Wir sind in ein paar Minuten wieder da.«
»Ihr Wagen steht für Sie bereit.«
»Danke.« Mit wackelnden Brüsten marschierte sie ins Hotel und schwenkte ihre schlanken Beine in den roten Shorts. Der Typ war so hin und weg von ihrem Anblick, dass er fast die Autoschlüssel fallen ließ.
376
Innen erwies sich das Hotel als wilde Mischung aus dunkelgrünem Marmor und Spiegeln, Wandleuchtern, Kandelabern und eingetopften Palmen. Der Teppich wies verschiedene Grün- und Blautöne sowie stilisierte Wellen auf, was Teil des nautischen Mottos war. Wie zu erwarten, war der römische Gott Neptun in einer Reihe massiver Basrelief-Tafeln aus vergoldetem Stuck präsent, auf denen er seine Kalesche über die Wogen lenkte, seinen Dreizack schüttelte, um die Fluten herbeizurufen, und eine Jungfrau vor einem Satyr rettete. Künstliches Licht schien aus einer fünfstöckigen Glasfontäne. Die Stühle waren aus hellem Holz, und die vereinzelten Tische waren schwarz lackiert. Eine breite Marmortreppe schwang sich ins Zwischengeschoss hinauf, wo es grüne, kannelierte Nischen gab, in denen auf schwarzen Sockeln Vasen mit frischen Blumen standen.
An den gekrümmten Wänden der Halle standen Bänke, die mit einem Stoff bezogen waren, der an wogendes Seegras erinnerte.
Irgendwoher kam so leise Swing-Musik, dass man sie kaum hörte. Vor dem mit Marmor verkleideten Empfangstresen hatten sich zwei Schlangen gebildet – Gäste, die eincheckten, Nachrichten abholten und mit den Angestellten sprachen.
Reba blieb kurz stehen, um sich zu orientieren. »Warten Sie hier«, bat sie.
Ich setzte mich auf einen Stuhl mit geschwungener Lehne, einen von vieren an einem Couchtisch mit geätzter Glasplatte. In der Tischmitte stand eine Kristallschale, in der Gardenien schwammen. Reba ging auf den Empfangschef zu, einen Mann mittleren Alters in einem Smoking. Sein Tisch war sinusförmig geschwungen und hatte Intarsienarbeiten mit Chromeinfassung.
Darauf erhob sich ein indirekt von unten beleuchtetes Pult aus grünem Glas. Reba zog einen dicken, gelben Umschlag aus ihrer Tasche, schrieb etwas darauf und reichte ihn dem Mann. Nach kurzem Wortwechsel legte er den Umschlag auf einen
Schreibschrank an der Wand hinter seinem Tisch. Reba fragte ihn etwas, woraufhin er in seine Unterlagen sah und einen 377
weißen Umschlag herausnahm, den er ihr reichte. Sie steckte ihn in ihre Tasche, ehe sie an ein Haustelefon ging und den Hörer abnahm. Nachdem sie mit jemandem gesprochen hatte, kehrte sie zurück.
»Wir treffen uns in der Cocktailbar.«
»Na, so ein Glück. Darf ich mitkommen?«
»Seien Sie nicht so albern. Natürlich.«
Die Cocktailbar lag am anderen Ende der Hotelhalle,
gegenüber den Aufzügen. Die Bar selbst war eine
stromlinienförmige Kurve, abgeteilt durch Glaswände, in die
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