Ausgespielt
kürbisfarbenes Fell war seidig, und sein Schnurren wurde immer sonorer, während er seinen dicken Kopf reckte und gegen meine Hand drückte. »Hör mal, Rags. Ich würde dich ja liebend gern mit hineinnehmen, aber wenn Lucinda die Tür aufmacht, haben wir keine Chance.«
Er stolzierte neben mir den Weg entlang, lief mir aber immer wieder vor die Füße, um weitere Streicheleinheiten und Schmeicheleien einzuheimsen. Allmählich begriff ich, wie der Besitz einer Katze einen erwachsenen Menschen mit der Zeit verblöden lassen kann. Ich hob den Arm zur Klingel, doch die Tür ging vorher auf. Im Licht der Veranda stand Lucinda. Sie trug ein flottes gelbes Mantelkleid, dazu helle Strümpfe und Pumps im gleichen gelben Farbton. Sie war braun gebrannt, und ihr gesträhntes blondes Haar war zu einer Frisur drapiert, die wirkte, als wehe ständig der Wind hindurch. »Oh!«, rief sie aus.
»Freddy hat gesagt, dass jemand geklingelt hat, aber ich wusste nicht, dass Sie es sind. Ich dachte, Sie seien verreist.«
»War ich auch. Ich bin gerade zurückgekommen und muss dringend Mr. Lafferty sprechen.«
Sie ließ sich Zeit mit ihrer Reaktion. »Dann kommen Sie besser mal rein.« Sie trat beiseite, um mich eintreten zu lassen.
Beim Anblick von Rags runzelte sie verärgert die Stirn. Sie blockierte ihn mit schnellem Fußeinsatz und schob ihn weg. So ein Mensch war sie also, eine Katzentreterin. Was für ein Miststück. In der Diele stand gleich neben der Tür eine kleine Reisetasche. Ihre Handtasche hatte sie auf das
Garderobentischchen gestellt, und nun blieb sie stehen, um sich im Spiegel zu betrachten und einen Ohrring sowie eine abtrünnige Haarsträhne zu adjustieren. Sie machte die Handtasche auf und suchte offenbar nach ihren Schlüsseln.
»Nord ist nicht hier. Er hatte heute Morgen einen Kollaps, und 401
ich musste einen Krankenwagen rufen. Er liegt im Saint Terry’s.
Ich wollte gerade hinfahren, um ihm Waschsachen und
Bademantel zu bringen.«
»Was ist denn passiert?«
»Nun ja, er ist unheilbar krank«, antwortete sie, als hätte ich eine selten dumme Frage gestellt. »Die ganze Aufregung wegen Reba hat ihm schwer zugesetzt.«
»Ist sie hier?«
»Natürlich nicht. Sie ist nie da, wenn er sie braucht. Das ist eine Aufgabe, die Freddy oder mir zufällt.« Ihr Lächeln war selbstzufrieden und spröde, ihr Auftreten energisch. »Nun gut.
Was können wir für Sie tun?«
»Darf er Besuch empfangen?«
»Sie haben mich wohl nicht verstanden. Er ist krank. Er darf nicht belästigt werden.«
»Danach habe ich nicht gefragt. Auf welcher Station liegt er?«
»Auf der Herzstation. Wenn Sie darauf bestehen, können Sie ja mit seiner Privatpflegerin sprechen. Was wollen Sie eigentlich?«
»Er hat mir einen Auftrag erteilt. Ich möchte ihm gern Bericht erstatten.«
»Es wäre mir lieber, Sie würden es lassen.«
»Ich arbeite aber nicht für Sie, sondern für ihn.«
»Sie steckt schon wieder in Schwierigkeiten, stimmt’s?«
»Kann man so sagen.«
»Sie begreifen einfach nicht, wie sehr ihm das zu schaffen macht. Sein Leben lang hat er sie immer wieder retten müssen.
Reba bringt ihn andauernd in dieselbe Lage. Sie manövriert sich in Situationen, in denen sie hoffnungslos verloren ist, wenn er nicht eingreift – oder zumindest möchte sie, dass er das glaubt.
Bestimmt würde sie es abstreiten, aber im Grunde ist sie noch 402
ein Kind, das alles tut, um die Aufmerksamkeit seines Vaters zu erregen. Wenn ihr irgendetwas zustieße, würde er sich auf ewig Vorwürfe machen.«
»Er ist ihr Vater. Er kann ihr helfen, wenn er will.«
»Tja, das habe ich möglicherweise verhindert.«
»Wie das?«
»Ich habe Priscilla Holloway angerufen, Rebas
Bewährungshelferin. Meiner Meinung nach musste sie erfahren, was los ist. Bestimmt hat Reba getrunken und wahrscheinlich auch gespielt. Ich habe Ms. Holloway erzählt, dass Reba Kalifornien verlassen hat, und sie war empört.«
»Damit schicken Sie sie ins Gefängnis zurück.«
»Genau das hoffe ich. Dann wären wir alle besser dran, sie selbst eingeschlossen.«
»Großartig. Wirklich toll. Bei wem haben Sie sonst noch gepetzt?« Ich hatte die Frage sarkastisch gemeint, doch das nun folgende Schweigen sagte mir, dass ich unerwartet ins Schwarze getroffen hatte. Ich starrte sie an. »Hat Beck dadurch erfahren, wo sie ist?«
Sie senkte den Blick. »Wir haben über das Thema
gesprochen.«
»Sie haben es ihm gesagt? «
»Allerdings. Und ich würde es wieder
Weitere Kostenlose Bücher