Ausgespielt
ebenso gut ein blinkendes Schild mit der Aufschrift PROZESS *
PROZESS * PROZESS an der Stirn tragen können.
»Entschuldigen Sie bitte, Sir.«
»Möchten Sie einen Moment Platz nehmen? Der
Geschäftsführer kommt gleich.« Sein Ton war freundlich, doch diesmal würdigte er mich keines Blickes. Er griff nach einem Stapel Papier, stieß ihn auf den Tresen, um die Kanten auszurichten, und verschwand im dahinter gelegenen Büro, als wäre er auf einer Mission zur Wahrung der inneren Sicherheit.
Verdrossen stellte ich fest, dass auf einmal mein böser Geist auf meiner Schulter hockte und stumm einen Finger ausstreckte.
Ich sah die gelbe Versandtasche, die Reba hinterlegt hatte. Sie lag nach wie vor auf dem Schreibschrank, kaum anderthalb Meter von mir entfernt. Von meinem Standort aus konnte ich Martys Namen entziffern, der mit dicker schwarzer Tinte auf dem Umschlag stand. Also los … Ich ging ein Stück am Tresen entlang und machte einen untätigen Mitarbeiter auf mich aufmerksam, einen jungen Mann von etwa zwanzig Jahren, der wahrscheinlich noch in der Ausbildung war. »Ja, Ma’am?«, sagte er. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Das hoffe ich. Mein Name ist Mrs. Blumberg. Ich wohne mit 393
meinem Mann hier im Hotel. Er hat gesagt, er hinterlässt ein Päckchen für mich, und ich glaube, das da könnte es sein.«
Ich zeigte auf die Versandtasche.
Der junge Mann hob sie auf. »Sie sind Marty?«
»Ja.«
Er reichte mir das Päckchen.
Ich war auch froh. »Vielen Dank.«
Ich ging zur Damentoilette, schloss mich in einer Kabine ein und setzte mich auf die Toilette. Ich stemmte die Füße gegen die Tür, damit nicht der junge Mann von der Rezeption
hereingestürmt kam und wegen unrechtmäßiger Aneignung einen Riesenaufstand machte. Die Versandtasche hatte Umfang und Gewicht von zwei Taschenbüchern. Sie war mit einem selbstklebenden Verschluss versehen, doch ich zupfte so lange daran, bis sich die beiden Streifen Klebeband voneinander lösten. Dann spähte ich hinein.
Vor mir lag ein Paradebeispiel dafür, warum es unmöglich ist, mich davon zu kurieren, immer wieder diese grässlichen Lügen zu erzählen. Schwindeleien und verwandte Formen der
Täuschung bringen einem nämlich oft die erstaunlichsten Belohnungen ein. In der Versandtasche fand ich Folgendes: Einen Reisepass der Vereinigten Staaten, ausgestellt auf einen gewissen Garrisen Randolph, mit einem fünf mal fünf
Zentimeter großen Foto von Martin Blumberg.
Einen kalifornischen Führerschein, ausgestellt auf Garrisen Randolph, mit einer leicht verkleinerten Version des gleichen Fotos. Seine Wohnadresse war angegeben mit Los Angeles, Postleitzahl 900Z4, also Westwood. GESCHLECHT: m,
HAARE: braun, KÖRPERGR.: 1,80; GEWICHT: 123 kg,
GEBURTSDATUM: 25.08.1942, Letzteres in Rot. Über dem Foto stand ebenfalls in Rot das Ablaufdatum: 25.08.1990.
Dazu kamen eine American-Express-Karte, eine Visa-
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Kreditkarte und eine MasterCard, allesamt ausgestellt auf Garrisen Randolph, sowie eine Geburtsurkunde aus Inyo County, Kalifornien, der ich die Daten von Garrisen Randolphs Geburt entnehmen konnte.
Natürlich handelte es sich um Umarbeitungen der gefälschten Papiere, die Reba aus der Geheimschublade in Alan Beckwiths Schreibtisch gestohlen hatte. Der Name auf diesen Dokumenten war eine Variante des Namens Garrison Randell, wahrscheinlich um sicherzugehen, dass er bei einer Computersuche nicht gefunden wurde. Theoretisch konnte Marty das Land jederzeit verlassen, und niemand würde davon erfahren. Mir war sonnenklar, dass Misty Raine die Papiere verändert hatte. Ich hatte nicht vergessen, wie mir Reba erzählt hatte, dass Mistys neu entdecktes Fälschertalent ihr zu den Mitteln für ihre ausladende Oberweite verholfen hatte. Der Mann, den sie im Silverado getroffen hatte, lieferte ihr wahrscheinlich das Papier für die Fälschungen, die Siegel oder die Blanko-Kreditkarten.
Doch was hieß das?
Falsche Papiere dieser Machart kosteten eine Stange Geld.
Reba war diejenige, die all das arrangiert hatte, aber für welche Gegenleistung? Sie und Marty mussten irgendeine Abmachung getroffen haben. Mir war klar, was er davon hatte, aber was sprang für sie dabei heraus? Ich dachte an den Umschlag, den sie an der Rezeption entgegengenommen hatte. Vielleicht hatte er ihr die fünfundzwanzigtausend Dollar gegeben, die sie für Salustio brauchte. Womit die Frage nach dem Koffer offen blieb, in dem Gott weiß was sein konnte. Ich sah auf die Uhr.
Kurz vor sechs. Ich
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