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Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
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Moment hörte Berenike einen Schrei, der ihr durch Mark
und Bein ging. Eine Erschütterung, die sich auf ihre Knochen übertrug. Es war
der Hilferuf einer Frau in Lebensgefahr. Berenike ließ den Hörer fallen und
rannte los.

Zweiunddreißig

     

     
    Berenike hatte das Gefühl, nicht vom Fleck zu
kommen, als sie über den Gang zu Ellens Zimmer stolperte. Sie hämmerte an die
Tür. »Ellen? Bist du okay? Ellen! So sag was.«
    Stille. Dann ein Kreischen. Von weiter weg. Wie im Fieber
drehte sich Berenike um ihre eigene Achse, ratlos, von wo die Stimme kam. Sie
hastete zur Stiege, rutschte auf einem Stück Zellophan aus, das auf dem
Teppichboden lag, fing sich im letzten Moment, ging ein paar Stufen hinunter,
hier war aber nichts zu hören. Hinauf – ebenfalls Stille. Sie wollte schon
zweifeln, dass sie wirklich Ellens Stimme gehört hatte. Die Stille knallte ihr
wie eine Bestrafung um die Ohren. Dann wieder die normalen Geräusche eines
Hotels. Ein Fernseher, das Lachen eines Paares, Gläserklirren. Damn, sie musste
herausfinden, wer in Not geraten war. Womöglich machte sie sich gerade
lächerlich und die Schreie gehörten zu einem Fernsehkrimi. Bei den Essensdüften,
irgendwas Gegrilltes, knurrte ihr Magen plötzlich verlangend.
    Dann also zum Portier. Sie hetzte hinunter, zwei Stufen auf
einmal nehmend. »Haben Sie die Schreie gehört?«, fragte sie den Dicken. »Did
you hear someone crying – eh, shouting?« In der Hektik vergaß sie fast ihr
Englisch.
    »No. Yes. Something.
Nothing wrong, we have thin walls.«
    Berenike verlangte einen Schlüssel für Ellens Zimmer,
jetzt fiel ihr die Nummer nicht ein. Damn! »A key to Mr Gerlings room, please. Maybe you have a key that
unlocks all doors?«
    »What?«
    »It’s
urgent, I worry for my friend«, versuchte sie dem grauhaarigen Typen
klarzumachen. »We have to look in my friend’s room!« Ihr Englisch litt,
aber für sprachliche Präzision war jetzt keine Zeit. Die beiden würden doch
nicht einfach so abhauen, Sven und Ellen! Sven, sie hatte ein mehr als ungutes
Gefühl bei ihm, nach allem, was sie über ihn wusste, wie er sich verhalten
hatte die letzte Zeit. Er ging mit Ellen nicht gerade zimperlich um. Selma
hatte von Gewaltattacken gesprochen, Ellens wechselndes Verhalten sagte auch
einiges aus.
    Der Portier erhob sich, endlich, schob rumpelnd seinen Sessel
weg.
    »Please hurry!«, rief Berenike. Sie drehte sich um. »What is
that noise?«
    Der Lift! Gedämpfte Stimmen aus der Aufzugskabine. Berenike
rannte in den ersten Stock, legte ihr Ohr an die Aufzugtür, nichts war zu
hören. Im zweiten Stock ein Murmeln, eine Männerstimme. Berenike keuchte. Die
Fahrgastkabine befand sich zwischen zwei Stockwerken. Ein weiterer Schrei ließ
sie zurückschrecken. Jemand war in Lebensgefahr.
    »Ellen! Bist du da drin?«
    Ein gedämpftes »Hmpf« erklang.
    »Ellen?«
    »Sve-!«, hörte sie Ellens erstickte Stimme, die in irgendwas
unterging.
    »Ich hole Hilfe!«
    Berenike polterte wieder hinunter, sie schwitzte, aber das
war egal. »We need a key for the lift. Hurry up!«, schrie sie den Portier an. »Go find it and come to the
second floor! The lift is blocked there!«
    Sie hastete wieder nach oben. Im ersten Stock wich ihr ein
anderer Gast in letzter Sekunde aus. Berenike hetzte an ihm vorbei. Eine
Zimmertür öffnete sich. Stimmen, Fragen, keine Zeit dafür jetzt.
    »Ellen?« Im zweiten Stock hockte sich Berenike vor die
Aufzugtür auf den Boden. Sie konnte Ellens Gesicht vage erkennen, verzerrt von
dem geriffelten Glas. »Ellen, ganz ruhig, Hilfe ist unterwegs. Was ist
passiert?«
    »Eine Waffe!«, brüllte Ellen. »Sven!« Dann wieder das
erstickte Geräusch, eine schemenhafte Hand, offenbar hielt er Ellen den Mund
zu.
    »Du wirst mir zuhören, Ellen!« Sven. »Ich bring dich um!
Niemand wird mir dich wegnehmen. Auch nicht Caro! Das lasse ich nicht zu.
Niemals. Du bleibst bei mir. Nur der Tod wird uns scheiden.«
    »Caro«, hörte man Ellen undeutlich antworten.
    Der Portier schleppte sich die Treppe hoch, einen Schlüssel
in der Hand. »We have to … It will take some time.« Er erklärte mit Händen und
Füßen, dass er den Lift in den Keller kurbeln musste. Die Polizei hatte er
schon verständigt.
    Ein weiterer Schrei aus dem Lift.
    »Sven«, Berenike verlegte sich aufs Schmeicheln. Es war eine
Tonart, von der sie nicht gewusst hätte, dass sie sie beherrschte. »Bitte, gib
auf. Drück den Knopf und fahr nach unten. Alles wird gut, Sven. Glaub mir. Fahr
ins

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