Ausgetanzt
Woher
auch immer die Medienmeute ihre Informationen nahm. Berenike verschwand schnell
in einem Haustor, bevor sie auch auf Bild gebannt wurde.
Jonas blickte Kain an. Der nickte. »Lass ihn gehen, Kollege.
Wer weiß, was in seinem Kopf vorgeht. Armes Würschtl.«
»Ok«, willigte Jonas ein, »ich will Ihnen vertrauen. Morgen
früh um neun Uhr sehen wir uns auf dem Polizeiposten in Hallstatt.« Er wies
einen Streifenpolizisten an, Adis Personalien aufzunehmen und auch die von
Selma. Langsam gingen die beiden dann weg. Es war nicht klar, wer hier
eigentlich wen stützte.
Berenike tastete sich an Jonas heran. Ein
Schritt, noch einer. War gar nicht so schwer. Jetzt stand sie neben ihm.
»Ist sie so zu Tode gekommen?« Berenike fuhr sich mit dem
Finger über den Hals. Sogar diese kleine Berührung schmerzte. Überrascht und
seltsam distanziert sah er sie an.
»Das müssen wir erst herausfinden.« Er warf ihr einen Blick
zu, den Berenike nicht zu deuten wusste. »Aber ich wüsste nicht …«
»… was mich das angeht? Ich habe die Leiche gefunden, schon
vergessen?« Es schüttelte sie, Kälte und Grauen vermischten sich. »Dies ist
nicht der Tatort, oder?«
»Geh nach Hause, Berenike.« Seine Stimme hörte sich mit einem
Mal weich und samtig an, ohne das sonstig übliche Kratzen und Hüsteln. Eine
Hand auf ihrem Schulterblatt. Diese Wärme! Nie wieder aufhören, wollte sie
schnurren, dann riss sie sich zusammen. Er behandelte sie, als wäre sie ein
kleines Mädchen! Sie wusste selbst, dass er ihr nichts sagen durfte. Aber sie
war doch mit Caro bekannt gewesen, es war doch das Mindeste, dass sie erfuhr,
wie die Tänzerin gestorben war.
»Kain soll deine Aussage aufnehmen, dann kannst du gehen.«
Jonas hatte sie wieder losgelassen und winkte dem Dorfpolizisten.
»Jaja.« Berenike trat einen Schritt zur Seite. Seine Hand
fiel von ihrer Schulter. Er ging und warf ihr einen letzten Blick zu. Diese
Augen, wie sie ins Violette spielten! Weiche Knie und eine seltsame Sehnsucht,
Berenike gestand es sich nur ungern ein, Sehnsucht nach einem normalen Leben.
Very silly.
Sie beobachtete die Polizisten, wie sie den Fundort der
Leiche absuchten. Mal wanderte eine Zigarette in ein Plastiksäckchen, dann
undefinierbarer Müll. Irgendein Werkzeug, mit dem der Täter Caro zersägt haben
könnte, schienen sie nicht zu finden.
Wände, Türklinken wurden mit Pulver bestäubt. Die Suche nach
den Fingerabdrücken, nach Spuren rollte an. Bestimmt würden sie den
Leichenfundort auch mit Luminollösung einsprühen, um für das normale Auge nicht
sichtbare Blutspuren erkennbar zu machen. Vielleicht hatte ein verrückter
Mörder den Tatort geputzt …
Sie hörte, wie Jonas sich an Katharina wandte. »Ihr
Friseurladen ist gesperrt. Ich muss Sie bitten, ihn nicht zu betreten, bis wir
unsere Ermittlungen beenden.«
Die Friseurin riss den Mund auf, wollte auffahren, aber
angesichts der Autorität eines fast zwei Meter großen, durchtrainierten Mannes
blickte sie stattdessen bewundernd zu ihm auf. Berenike war überrascht über den
Stich, den es ihr gab, als sie den Widerhall davon in seinen Augen entdeckte.
Sie mussten sich natürlich alle für Befragungen
bereithalten. Alle, bis auf Adi. Auch Selma kam zurück. Inspektor Kain nahm
Berenikes Aussage auf. Sie hatte kaum etwas zu berichten. Nur die Uhrzeit, zu
der sie Caro gefunden hatten. Und welchen Weg sie gegangen waren. Fades
Kleinzeug. Auch Kain sagte ihr nichts.
Jonas blieb wie absichtlich fern. Eine leise Traurigkeit
beschlich Berenike. Ein Weinen, mehr innerlich. Totgeweint. Dann dachte sie an
die leblosen Augen von Caro in der Auslage. Und hatte nur Gedankenleergut im
Kopf.
Da war Jonas wieder, gemeinsam mit Kain. Selma sah die
Friseurin skeptisch an. Auch Ellen hatte einen merkwürdigen Blick.
»Dein Mann Sven ist aufgetaucht, als ich gerade Caro die
Haare gemacht hab«, schniefte die Friseurin Ellen an. Und zu Kain: »Er hat sie
gesucht«, sie deutete auf Ellen, »aber nur Caro war da. Und die Frau Mellinger.
Ich hab gerade mit dem Rasiermesser …« Katharina zuckte zusammen. »Sven war
zornig. Weil er schon die ganze Zeit nach Ellen gesucht hat. Zu Hause ist sie
nicht, hat er gesagt. Und dass er überall nach ihr Ausschau hält. Er hat mich
ganz nervös gemacht und ich hab das Messer fallen gelassen.«
»Aha, Moment«, Jonas ging weg, kam gleich darauf mit dem
Beutel zurück. »Ist das ein Rasiermesser, wie Sie es verwenden? Können Sie es
identifizieren? Geht Ihnen
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