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Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
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Ordnungshüter hatten sie schon einmal im Leben im Stich gelassen.
Damals war sie selbst angegriffen worden. Von einem Kunden. In ihrem früheren
Leben als Eventmanagerin, in Wien. Niemand hatte ihr damals geholfen, der Mann
war zu berühmt gewesen, Zeugen hatte es nicht gegeben und somit hatte sie auf
einen Gerichtsprozess verzichtet, quasi verzichten müssen. Der Mann war
prominent gewesen, er hätte sich reingewaschen, alles abgestritten – mithilfe
der richtigen Freunde unter den Mächtigen. Das Ganze war lange her. Irgendwie
hatte Berenike dieses Erlebnis zu den ›Akten‹ legen können, es verarbeiten. Und
jetzt drohte ein neuer Fall, der sie auf die Angst und die Wut von damals
zurückwarf, in eine Situation, in der sie geglaubt hatte, sterben zu müssen.
    Sie schlüpfte in einen Shalwar Kameez, einen Hosenanzug aus
Indien. Die kühle Seide auf ihrer Haut hatte etwas sanft Schmeichelndes, wie
die Hände einer sorgenden Mutter, und beruhigten sie kurzfristig. Doch da war
immer wieder Caro, das Bild der ermordeten Caro …!

     
    Vor der Tür hielt Berenike nach Amélie Ausschau.
Nach wie vor herrschte wechselhaftes Wetter, diesmal war es wenigstens gerecht
auf ganz Österreich verteilt. Immerhin regnete es im Moment nicht. Noch nicht.
Die dunklen Wolken über dem Loser sprachen ihre eigene Sprache. Praktisch in
Minutenschnelle verschwand der Gipfel hinter einem grauen Regenvorhang. An der
Anlegestelle des Linienschiffs schliefen, noch friedlich, ein paar Enten. Ein
Mann mit einem kleinen Kind an der Hand stürmte gerade heran. Umständliches
Rascheln mit einem Papiersackerl, dann kam Brot zum Vorschein. Der Kleine
schrie und trampelte, die Enten erwachten, flüchteten ins Wasser und schwammen
weg, das Kind fing zu heulen an, der Vater redete laut.
    Dann war der Regen da. Er wusch alles weg, wie Kulissen aus
Sand gebaut die Berge. Nichts war mehr zu sehen. Graue Umrisse blieben hinter
den Regenschnüren, wie bei einem feuchten Perlenvorhang. Wenn sich Leute
begegneten, sahen sie einander kurz unter dem Schirm hervor an. Die
Einheimischen trugen ihre Lodenumhänge bis zu den Knien, dazu Hut und robustes
Schuhwerk. Nach dem vielen Regen der letzten Zeit waren nur noch vereinzelt
Gäste im Ort geblieben, abwarten, wie es weiterging.
    Berenike sah wieder nach der Suppe. Hans, ihr neuer Kellner,
kam in die Küche. Sie war froh, endlich einen ständigen Mitarbeiter beschäftigen
zu können. Damit gab es für sie wenigstens einen freien Tag pro Woche. Bis
dahin war der Betrieb eine ständige Improvisation gewesen. Thank goodness, das
war vorbei. In den Sommerferien arbeitete auch die Studentin Susi wieder mit.
    »Die Seminarleut san da.« Hans schnupperte an der Suppe.
»Essen scho’ fertig?«
    »Ja«, bestätigte Berenike.
    »Sie sind zu zehnt.« Der naturweiße chinesische Leinenanzug
stand Hans hervorragend zur gebräunten Haut. Während Berenike die Kürbissuppe
ein letztes Mal umrührte, sah sie durchs Fenster Amélie aus dem Auto steigen.
Die ein wenig mollige Tanzstudiobesitzerin strebte energischen Schrittes auf
das Haus zu. Schnell stellte Berenike die Teller bereit und legte
Toastscheiben, die wie in irischen Pubs mit Butter gereicht wurden, ins
Backrohr. Immer wieder entfuhr ihr ein Seufzer, aber davon wurde Caro nicht
wieder lebendig.
    »Passt du bitte auf das Brot auf?«, bat sie Hans und ging
hinaus.
     
    »Griaß di, Berenike.«
    Schlecht sah Amélie aus. Dunkle Ringe hatten sich um die
sonst so strahlend grünen Augen gelegt. Sie schleppte sich herein, als würde
sie die Last der Welt auf ihren Schultern tragen. Ihr modisches grünes
Trachtenkleid wirkte zerknittert, ein Kaffeefleck prangte am weißen
Blusenärmel.
    Sie blieb stehen, ratlos und still, ganz untypisch für
Amélie, die sonst fröhlich-quirlig durchs Leben ging. Berenike führte sie in
den hinteren Bereich des Teesalons, wo man bequem auf Sitzsäcken lümmeln
konnte. Ein Regal bot die Möglichkeit, die Schuhe auszuziehen und abzustellen.
Amélie steckte ihre Sonnenbrille in den zerrupften blonden Locken fest und trat
sich die bequemen Slipper achtlos von den Füßen. Vor der hellgrün gestrichenen
Wand wirkte sie käsig blass, der grüne Stoff ihres Kleides tat ein Übriges.
    »Möchtest du etwas essen? Ich hab frische Kürbissuppe.«
Berenike sah ihre Besucherin abwartend an.
    Die schüttelte den Kopf. »Ich bring nichts runter.« Mit ihren
kräftigen, zupackenden Händen hielt sie sich den Magen. »Nicht, dass es mir
schaden würde zu

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