Ausgetanzt
allem Eistee, den sie an heißen Tagen
in vielen Sorten bereithielt. Sie bemühte sich um Höflichkeit, dabei war ihr
das Herz so schwer. Doch die Gäste konnten ja nichts dafür.
Wieder schwang die Tür auf, Gero kam herein. »Servus, na,
hast wenigstens heute frei?«, begrüßte ihn Berenike.
»Ja danke. Am Montag geht’s wieder los. Nach dieser Gruppe
hab ich endlich Urlaub, da flieg ich tauchen, in die Südsee. Lauter exotische Fischerln.
Raubfische, weißt. Der Rochen zum Beispiel, weißt, wie schnell der töten kann?«
Berenike nickte ihm kurz zu und ging zur Theke. Sie war
heute froh über die viele Arbeit. Sie stellte zwei Kannen grünen Tee mit Minze
zum Auskühlen aufs Fensterbrett. Sie würde ihn mit Eiswürfeln und frischem
Zitronensaft in Gläsern servieren, deren Rand sie zuerst in Kristallzucker
tauchte.
Kurz darauf tauchte Amélie auf. »Puh, einen Tag frei, was für
ein Luxus.« Sie wischte sich die verschwitzten Locken aus dem Gesicht. »Ich hab
noch aufräumen müssen, meine Putzfrau ist krank.« Sie trug einen ausgebleichten
Rock mit Blümchenmuster, dazu eine zerknitterte weiße Bluse.
»Mehmet«, murmelte sie, es wirkte fragend, sie sah dabei
Berenike an, aber jetzt war keine Zeit, um Amélie von ihren Nachforschungen in
Wien ausführlich zu berichten.
»Wir reden in Ruhe.«
Sinnend starrte Berenike Amélie an. Diese drei Morde passten
einfach nicht unter einen Hut. Gehörten sie überhaupt zusammen? Waren es
Beziehungstaten? Mehmet hatte mit Caro ein Verhältnis gehabt und mit seiner
kleinen Türkin, nicht mit Frau Starkmann und nicht mit Selma.
»Katharina, was machst du hier?« Amélie glotzte die
Hallstätter Friseurin an. Zum Glück kam Hans, um nach Amélies Wünschen zu
fragen: »Irish Breakfast Tea für dich?«
Amélie nickte. »Ja ja, egal.« Sie drehte sich mit einer müden
Bewegung zu Gerhild, als diese plötzlich losbrüllte: »Das ist er!«
»Wer?«, rief Berenike und ging auf den Tisch mit den
Frauen zu. »Wer?«, rief sie noch. Dann wurde es finster um sie.
Siebenundzwanzig
I’m not interested in immortality but only in
tea flavour. / (Übersetzung von A.Bu:) Ich interessiere mich nicht für die
Unsterblichkeit, nur für die Aromen von Tee. (Lu Tung)
Verwirrt kam Berenike zu sich. Sie sah eine grüne
Mauer vor sich, die ihr bekannt vorkam, ein Schmerz stach durch die linke
Schulter. Sie hockte irgendwie schief auf dem Boden, in einem Spalt zwischen
Wand und Sofa. In ihrem eigenen Salon. »Was ist passiert?«, murmelte sie, mehr
zu sich selbst.
Neben ihr stammelte jemand. Amélie! Sie putzte sich gerade
ihren Rock ab. »Er ist weg.«
»Wer?«
»Der Mann da drüben. Der die ganze Zeit zu uns
herübergeglotzt hat. Er war’s.«
Berenike rappelte sich auf, versuchte aufzustehen. Sie fühlte
sich benommen. »Er war was?«
Gerhild beugte sich über sie. Ellen streckte ihr eine Hand
entgegen. »Ich habe nichts gesehen, Berenike, leider. Erst als ihr beide da
gelegen seid …!«
Amélie half Berenike auf. »Er hat mich geschubst und ich bin
auf dich draufgeplumpst. Warst du kurz weg oder was?«
»Mein Kopf tut weh«, Berenike ertastete eine Beule an ihrem
Hinterkopf und ließ schnell die Finger davon, »ich kann mich an nichts
erinnern.«
»O je, Berenike, du wirst doch nicht eine Gehirnerschütterung
haben? Ist dir auch schlecht?« Ellen sah sie aus großen Augen besorgt an, als
wäre Berenike eine ihrer Töchter.
»Nein, oder ja, ein wenig.« Berenike ließ sich auf das Sofa
fallen. »Es geht gleich wieder.« Nur nicht nachlassen, nicht jetzt. Sie hatte
Schlimmeres erlebt, hatte es überlebt.
»Nicht bewegen, Berenike, das ist das Beste.«
»Du musst was trinken.« Glühende grüne Augen – Amélie beugte
sich jetzt auch über sie und machte Ellen mit guten Tipps Konkurrenz. Berenike
sah Amélie forschend an. Am Ende hatte die Blondine sie selbst außer Gefecht
setzen wollen. Aber nein, dafür hätte es zu viele Zeugen gegeben. Berenikes
Hals fühlte sich rau an. Zu rau zum Sprechen. »Bitte einen Schluck Tee.«
Hans stand schon bereit. »Hier, Kräutertee.« Jetzt standen
sie zu dritt da wie besorgte Glucken und machten sich den Platz um sie
streitig. Berenike trank gierig. Tee half, half fast immer.
»Wer war das, Berenike?«
»Was meinst du?« Sie wollte sich aufrechter hinsetzen und
zuckte vor Schmerzen zusammen. »Au, mein Schädel.«
»Vielleicht brauchst du einen Arzt?« Hans hatte das Rennen
gemacht und beugte sich an vorderster
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