Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
Vom Netzwerk:
katholischen Kirche in
Hallstatt auf dich.«
    Ächzend legte Berenike auf. »Ich fahre hin«, sagte sie laut.
Alles war besser als warten. Dabei fehlte ihr schon so die Zeit für all ihre
Arbeit.
    »Gute Idee, wir nehmen meinen Wagen.« Helena sprang auf. Auch
Ragnhild wollte mitkommen.
    »Nichts da«, wehrte Hans ab. »Ich werde fahren. Ihr seid zu
aufgeregt, nicht dass noch ein Unfall passiert.«
    »Das ist lieb von dir.« Berenikes Körper fühlte sich
erdenschwer an. Nur noch diese Suche – und dann schlafen.
    »Gehen wir. Das Geschirr räumen wir später weg.« Die anderen
Frauen wollten mit Susi im Salon bleiben. So konnte wenigstens jemand das
Telefon abheben. Just in case.

     
    Los ging es, den Weg zurück nach Hallstatt. Hans
fuhr routiniert. Berenike war ihm dankbar, dass er nichts sagte, nichts zu
beschönigen versuchte. Vor der Kirche trafen sie wie besprochen auf Jonas.
Scheinwerfer, deren Licht auf das Blau der Polizistenuniformen fiel. Gemeinsam
suchten sie jeden Zentimeter Waldboden ab, Berenike erzählte Jonas von Denise
und beschrieb haargenau den Weg, den sie alle gemeinsam gegangen waren.
    »Ja, ich werde die Fahndung …«, sein Handy piepste dezent.
»Lichtenegger? Aha. Wo? Danke.« Er legte auf und sah Berenike an. »Wir haben
sie gefunden. Tot.« Ein hartes Schlucken. »Wie es aussieht …« Im Reden ging er
schon bergab.
    »Ermordet?«
    Jonas rannte. Berenike ihm nach. »Ja. Vor einer Massagepraxis
in Ischl. Der Beautykiller.«
    »Hat ein neues Opfer. Hat er sie erstochen?«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe geraten.«
    »Na gut. Ich muss los.«
    »Ich komme mit.«
    »Nein.« Sie hatten auf ihrer Suche eine Runde gezogen, jetzt
waren sie wieder an ihrem Ausgangspunkt bei der Kirche angelangt. Bevor sie
reagieren konnte, war Jonas in seinem Auto davongeprescht, hob nur grüßend die
Hand. Sie fühlte sich furchtbar hilflos. Pannen und Pech für die Polizei. Und
der Mörder hatte Glück. Verdammt.
    Hans rannte zum Auto, raste heran. Die Frauen sprangen ins
Auto, Berenike stieß sich den Kopf am Wagendach an, aber was machte das jetzt
schon. Los ging es, im Höllentempo dem Kriminalpolizisten nach. Zum Glück kein
Verkehr. »Ich fass es nicht, könnt ihr das glauben?« Berenike sprach wie zu
sich selbst. »Dass Selma tot ist.«
    »Dabei trainieren sie Selbstverteidigung im Frauenhaus.«
Ragnhild starrte auf ihre Füße, sah niemanden an. Angst vor dem, was noch kam,
kroch Berenikes Nacken hoch.

Sechsundzwanzig
Pfirsichtorte mit Grüntee
    Die Fahrt zum Fundort von Selmas Leiche kam ihr
unwirklich vor. Wie eine einzige Graffiti-Ausstellung, der in dunkler Nacht das
Publikum fehlte. Berenike war fassungslos. An die Fassade des altmodischen
Ischler Bahnhofs stand geschmiert: ›Weiber entwaffnen!‹ Oberhalb einer
Konditorei: ›Frauen an den Herd‹. Dann: ›Wir kriegen jede Frau‹. Wie
entsetzlich, so als lebten sie in einer Zeit, in der Frauen keine Rechte
hatten. Die Buchstaben glühten rot, trieften vor Farbe. Kräftiges,
kriegerisches Rot. Blutrot. Am Ende war es wirklich der Körpersaft. Von wem so
viel Blut stammte, daran wollte sie lieber nicht denken, ihr war so schon übel
genug
    Hans bremste jäh, als aus einer Seitengasse Jungs auf
röhrenden Motorrädern angerast kamen. ›Frauen versklaven‹ prangte an dem
Eckhaus. Berenike kam das Kotzen. Sie bewegten sich im Schritttempo die immer
noch Hochwasser führende Traun entlang.
    Blaulichter, Polizisten. Ein Geschäftsportal:
Wohlfühlmassagen. Hans hielt an und blieb sitzen. Berenike stieg aus, sah sich
suchend um. Absperrbänder, Scheinwerfer, die das Portal bestrahlten und … da
lag sie. Mit den Beinen zur Tür, der fast kahl geschorene Kopf nach hinten
verbogen. Selma, eindeutig. Ihre verdrehten Augen schienen Berenike
anzustarren. Der gelbe Pulli gab ein Stück weißen Bauch frei. Etwas glitzerte
metallisch an ihrem Körper. Angestrahlt von 1.000-Watt-Birnen und ausgeleuchtet
vom Blitzlicht des Polizeifotografen, der die Lage aus allen Winkeln festhielt.
Unter dem Strickstoff zeichneten sich Selmas Brüste ab. Wie weich sich noch vor
Kurzem Selmas Haut angefühlt hatte! Und jetzt war die Frauenhauschefin tot,
ihre weiblichen Formen bald Beute der Würmer.
    Berenike glotzte die Wand an, ohne zunächst wahrzunehmen, was
sie las: ›Vergeltu…‹, die letzten zwei Buchstaben fehlten.
    Plötzlich Schritte, irgendwo in der Finsternis. Männer, die
es eilig hatten. Springerstiefel, die Köpfe unter Kapuzen verborgen. Einer

Weitere Kostenlose Bücher