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Ausgeträllert (German Edition)

Ausgeträllert (German Edition)

Titel: Ausgeträllert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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von dem ich nur die zappelnden Beine sehen konnte, weil er von Ellis Körperfülle verdeckt an der Wand lehnte und mit seinem Stuhl hin und her kippelte.
    »Is doch egal«, meinte Elli. »Raoul macht grad den wilden Stier und Kai-Uwe den Torero. Nicht sehr überzeugend, wenn’ze mich fragst. Ich diagnostizier’ Hormonstau auf beiden Seiten. Da wüsst’ ich was dagegen ... gib mir mal die gegrillte Chorizo ...«
    Winnie schob Elli den Teller mit den Tapas rüber, auf dem alle Köstlichkeiten aus Raouls Küche gestapelt waren, und sagte: »Wie gut, dass wir bestellt hatten, bevor der Küchenkrieg ausbrach.«
    Da der Herr des Hauses vollauf damit beschäftigt war, seine Kneipe vor dem wild gewordenen Küchenstier zu beschützen, ging ich zur Theke, langte über den Tresen, stellte eine Tasse in die Kaffeemaschine und drückte auf den Knopf für Espresso. Raoul hatte bereits ein Viereck von der Größe eines Fernsehers aus der Tür gesägt, und ich konnte seinen hochroten Kopf dahinter ausmachen. Seine Kochmütze hing schief auf seinen schwarzen Locken. Im nächsten Moment heulte die Stichsäge wieder kurz auf. Raouls Gesicht erschien hinter der Luke, diesmal steckten lange Nägel in seinem Mund, wodurch er Freddy Krueger sehr ähnlich sah. Er rammte ein circa vierzig Zentimeter langes Brett waagerecht in die Luke und hämmerte die Nägel hinein, sodass eine kleine Abstellfläche entstand. Als alle Nägel versenkt waren, sagte er: »Das iss mache für meine Nerve, Hasselbinke ... Komm’sse nie wieder in meine Kuche ... Du bisse aussgesperrt. Basta!«
    »Raoul ... bitte ...«, wimmerte Kai-Uwe den Tränen nah.
    »Geh doch einfach durch die Tür«, schlug ich Hasselbrink vor. Er fuhr herum und rief mit schriller Stimme: »Das geht nicht ... dieser Hirntote hat die von innen verbarrikadiert und zugenagelt!«
    »Und was hast du getan, dass es dazu kommt?«, ließ ich nicht locker und kippte meinen Espresso auf ex.
    Kai-Uwe drehte sich um und trat vor Wut gegen das Buffet. Doktor Thoma suchte spuckend und fauchend das Weite, landete mit ausgefahrenen Krallen auf dem neuen Poolbillardtisch, der erst kürzlich angeschafft worden war, und hinterließ dabei mächtige Bremsspuren im Filz. Die Fußballfreunde applaudierten.
    Kai-Uwe fuhr sich mit den Händen durch seine graue Hippiemähne und murmelte: »Wenn ich mit diesem Irren fertig bin, mach ich aus deinem Scheißkater Frikassee!«
    Die Feuerschutztür flog krachend auf. Raoul stand mit einem blitzenden langen Fleischmesser in der Kneipe und spuckte Gift und Galle: »Du rührsse nichte an El Doctor, sonst iss mache Frikassee aus deine Collons. Versprosse. Und heute bleibte die Kuche zu. Kalt. Arschekalt! Verstande!?«
    Die Fußballfreunde ließen ein lang gezogenes
Uhhhhhhhh
hören.
    Winnie hatte seine zwei Meter beinahe unbemerkt neben Raoul aufgebaut und ihm das Messer aus der Hand genommen, bevor der Koch protestieren konnte.
    »Nur so zur Sicherheit«, sagte Winnie. »Wir wollen doch nicht, dass dich dein Temperament in den Knast bringt. Das wäre fatal für alle, die gerne gut essen.«
    Er legte Raoul, der kaum größer war als ich, die Hand um die Schulter und schob ihn an unseren Tisch. »Kai-Uwe, wir hätten gerne alle einen Wodka und einen Espresso, bitte«, befahl Winnie und drückte Raoul auf einen Stuhl. »So – was ist los mit dir, bester Koch aller Zeiten, der je einen Fuß in diese ungastliche Stadt gesetzt hat?«
    Elli tätschelte Raoul die Hand und sagte: »Du kannst uns alles erzählen ...«
    Rudi verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust, weil Elli sich einem anderen kleinen Mann zugewandt hatte.
    Der Koch sank auf seinem Stuhl zusammen. Nach ein paar Sekunden ballte er die Fäuste und hob sie drohend in Richtung Hasselbrink. »Dasse hirnlose Hippie hatte verhindert meine große Auftritt in die Stadte bei de Mittelaltermarkte!«
    »Ja, gib mir ruhig die Schuld an allem«, meckerte Kai-Uwe aus sicherer Entfernung. »Mein Koch hat Starallüren und ist nicht mal in der Lage, seine Anmeldung für den Tingeltangel-Quark abzugeben.«
    »Dasse war deine Aufgabe – iss habe dir gebeten ssu mache das Anmeldung, verfluchte, weil isse niss kann schreibe sso gut in dasse Deutss.« Raoul riss sich die Kochmütze vom Kopf und warf sie quer durch die Kneipe. Kai-Uwe duckte sich hinter die Theke.
    Mit großer Geste fuhr sich Raoul mit beiden Händen durch die schwarzen Locken, warf den Kopf zurück und hob beide Hände gen Himmel. Das Zeichen dafür, dass jetzt

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