Ausgeträllert (German Edition)
gekriegt hat, in eine andere Abteilung versetzt. Und die Berti hat gesagt, dass der stinksauer is’, weil der jetzt bei der SoKo nicht dabei sein darf.«
Ich hatte wegen Kommissar Seidel seinerzeit bis zum Hals in Schwierigkeiten gesteckt und war einer Mordanklage nur knapp entgangen. Seidel, in Abwesenheit von Winnie, hatte sich ein abstruses Szenario ausgedacht, in dem Matti, Rudi und ich eine kriminelle Vereinigung bildeten, deren Opfer ein Bochumer Millionär gewesen war. 1
»Ja, und jetzt? Der Rudi hat die Reifen geklaut, daran besteht kein Zweifel«, sagte ich.
»Und warum hat der die geklaut?«, wollte Elli wissen. »Der klaut doch nicht einfach was. Ohne Grund. Ich kenn doch meinen Rudi.«
»Elli, ich weiß nicht, was du glaubst, wie gut du nach drei oder fünf Tagen deinen Rudi kennst. Der hat vor ein paar Jahren seine Mutter umgebracht. Wusstest du das?«
»Ja, eine Jugendsünde ... im Affekt. Und dafür hat der auch gesessen. Lange genug.« Elli weinte und schnäuzte in ihr Taschentuch. »Was hier keiner versteht, is’, dass der Rudi’ne grundehrliche Haut ist. Der klaut nix. Das mit seiner Mutter war ... halt so ... Und du, du glaubst, ich würd den nicht kennen! Ich hab ja wohl mehr Menschenkenntnis als wie du.«
»Ich wollte dir nur reinen Wein einschenken. Ich finde, man sollte ein bisschen Bescheid wissen, bevor man sich über beide Ohren in einen Muttermörder verknallt.«
Elli hob ihren Kopf und drehte ihn ein wenig zur Seite. Sie maß mich mit einem tödlichen Blick von oben bis unten und sagte nur: »Prinzesschen. Worüber reden wir hier eigentlich? Ob ich mich verknall und in wen, das kann dir doch egal sein. Ich will bloß wissen, warum der im Knast is’ und was du damit zu tun has’. Dass der die Reifen nich’ für sich geklaut hat, kann ich mir selber denken!«
Draußen fuhr die Nokia-Bahn vorbei, und die Regale zitterten leise, genauso wie die sieben Kinne von Elli, was aber womöglich mehr damit zu tun hatte, dass sie wieder anfing zu weinen.
»Okay, Elli. Der hat die geklaut, weil der Knipser mich mal wieder voll verladen hatte ... äh, die Einzelheiten kann ich dir später mal erzählen ... Nur so viel: Das hat sich alles am Düsseldorfer Flughafen abgespielt.«
»Und weiter? Red endlich mal Klartext.«
»Na gut: Knipser lädt mich zu einem Flug in die Karibik ein. Fotoshooting er – bisschen in der Sonne liegen ich. Ich denk also, alles wieder okay mit meinem Ex, steh’ mit dem Ticket in der Abflughalle und sehe, wie der schon wieder eins von seinen Models knutscht ... Ich bin also nirgendwohin geflogen. Dazwischen jede Menge Drama, ich obdachlos, von der Polizei verfolgt, du erinnerst dich. Und als alles vorbei ist, will der Rudi dem Knipser eins auswischen. Und was macht der Rudi? Fährt noch mal zum Flughafen, weil er weiß, dass der Angebervolvo vom Knipser da steht, und montiert dem die Reifen ab. Mehr so aus Spaß, dass wenn der Knipser mit seinem Model aus der Karibik zurückkommt, er ein bisschen blöd aus der Wäsche guckt.«
Elli machte große Augen.
»Kannst du mir noch folgen?«
»Ja, ja«, schniefte sie. »Und weiter?« Sie klaubte die kaputte Wodkaflasche, deren Hals abgebrochen war, aus dem Waschbecken und füllte zwei Plastikbecher.
Ich winkte ab. »Der war nur für den absoluten Notfall. Ich wollte nix mehr trinken. Und schon gar nicht vorm Abendessen.«
»Ich kauf dir’ne neue. Also weiter.« Elli kippte die beiden Becherinhalte zusammen und gönnte sich einen großen Schluck.
»Na ja. Hat funktioniert«, fuhr ich fort. »Mein Ex kommt aus der Karibik wieder zurück. Und sieht, wen wunderts? – ganz schön blöd aus, weil der Wagen keine Reifen mehr hat. Der hat mich damals angerufen und krauses Zeug durchs Telefon geplärrt. Aber später hab ich dann die Reifen auf Mattis Volvo gesehen. Der wusste ja nicht, woher die waren. Also hab ich nix gesagt. Ich hab mich sogar ein bisschen gefreut, dass der Rudi das gemacht hatte. Der Knipser hatte es verdient.«
»Und wie hast du die Reifen erkannt, wenn ich ma’ fragen darf? Bist du Reifenexpertin?«
»Nein. Auf den Felgen sind seine Initialen, R. R. Das ist aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit zwischen Rudi Rolinski und dem Knipser.«
Elli schenkte sich noch mal nach. »Aha.«
»Wie ist der Seidel denn jetzt auf den Rudi gekommen? Ich meine, der hat den seit der Geschichte mit der Mutter eh auf dem Kieker, aber ... woher ... Moment mal! Nee, Elli, komm, das glaub ich jetzt
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