Ausgeträllert (German Edition)
schnippte die Asche weg. Dann hielt er mir wieder das Handy hin und sagte: »Rufen Sie Frau Heibuch an.«
Das Gespräch war gar nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Petra wirkte recht gefasst und bat mich, am nächsten Vormittag um elf Uhr in der Cateringküche zu erscheinen. Sie sagte, dass alle da sein würden. Ich wollte noch fragen, wie es Dennis ging und Wolfi und wie es mit dem Betrieb weitergehen würde, aber da hatte sie schon aufgelegt. Ich gab Matti das Handy zurück, und er reichte mir die nächste Zigarette. »Sie gehen also morgen zu Heibuch?«
»Ja. Und was machen Sie morgen – ohne Rudi?«
»Ich komme zurecht. Das meiste kann ich allein.«
»Und wenn Sie … ich meine … wenn jemand abgeholt werden muss und … Sie können doch einen Sarg samt Leiche nicht aus dem fünften Stock tragen, oder?«
»Wir werden sehen«, sagte er. »Ich habe zwei Träger auf Abruf. Machen Sie sich also keine Sorgen.«
»Und die Reifen für Ihr Auto?«
»Kein Problem. Das Auto ist morgen wieder fahrbereit.«
Ich trat meine Zigarette im Rinnstein aus. »Ich mache mir Sorgen um Rudi. Aber ich fand es auch irgendwie witzig. Aber jetzt ist es gar nicht mehr witzig, weil der blöde Knipser die Bilder aus der Überwachungskamera beschafft hat. Und dann muss der ausgerechnet das Auto auf dem Mittelaltermarkt sehen. So viele Zufälle kann es doch gar nicht geben. Mistkerl!«
Matti stand auf, trat seine Zigarette aus und steckte die Hände in die Hosentaschen.
»Ich hätte Ihnen das damals sagen sollen … ich meine, dass der Rudi … also.«
»Haben Sie aber nicht, Frau Margret. Aber es ist jetzt auch nicht mehr wichtig. Rudi hat eben ein anderes Verständnis von Gerechtigkeit – oder vielleicht könnte ich sagen, von den Mitteln, mit denen man sie erreichen kann.«
»Herr Matti, das waren jetzt aber viele Sätze hintereinander«, rutschte es mir heraus.
Er lächelte mich an und strich sich die Haare aus der Stirn. »Ich lerne von Ihnen.«
»Was? Sprechen etwa?«
»Ja. Ich habe lesen gelernt, und jetzt lerne ich sprechen.«
»Aha.«
»Eins nach dem anderen. Wie mit allem im Leben. Wir werden eine Lösung finden. Ich kann ja mal mit Ihrem Exfreund telefonieren.«
»Das werden Sie mal schön bleiben lassen! Die Einzige, die hier mit dem Knipser redet, bin ich. Ich muss den nur irgendwo auftreiben.«
»Wenn Sie meinen. Aber Sie müssen das nicht tun, wenn Ihnen das unangenehm ist.«
Ich schluckte und sagte tapfer: »Ist es. Verdammt unangenehm. Aber je unangenehmer es mir ist, desto unangenehmer wird es auch für ihn.«
Matti hielt mir wieder das Handy hin. Bevor mich der Mut verlassen konnte, wählte ich schnell. Die Mailbox sprang an. Als ich meine Telefonnummer durchgeben wollte, fiel mir ein, dass ich ja gar kein Telefon hatte. Mein Blick fiel auf das Firmenschild, das im Schaufenster des
Schickobello
lag, und ich gab ihm die Nummer vom Pudelsalon durch.
»Ich danke Ihnen, Frau Margret«, sagte Matti, reichte mir eine Hand und zog mich vom Bordstein hoch.
»Noch hat sich die Knalltüte nicht zurückgemeldet«, sagte ich. »Der kann sonstwo sein. Bedanken Sie sich erst, wenn die Anzeige vom Tisch ist.«
»Wir gehen jetzt besser rein.« Matti ging voraus, schob die Haustür auf und ließ mir den Vortritt. »Und Sie wohnen also jetzt auch hier. Rudi hat erzählt, Sie hätten ein etwas ungewöhnliches … Schlafzimmer.«
»Wir sind hier, bei dir«, hörte ich Elli rufen. »Ich mach grad’ne Führung für die Damen.«
»Ich hoffe, du nimmst Einritt«, rief ich zurück.
Während ich ins Schlafzimmer ging, bog Matti in die Küche ab.
Mia kniete auf dem Folterbett und probierte die Knöpfe aus. Berti hielt eines meiner verfärbten T-Shirts hoch und sagte: »Gehört dat auch zu Sadomaso?« Dann bestaunte sie die Lackstiefel und die Peitschen. Elli gab ihr eine und sagte: »Probier mal aus, das knallt ganz schön. Wenn ich dir jetzt erzähle, wessen Lieblingsstück das ist, legst du dich lang.«
»Lieblingsstück?«, fragte Berti ungläubig. »Dat is’ eine Privatknute?«
»Ja, Sado is nich gleich Maso, ne?«, erklärte Elli. »Das ist alles ganz speziell, und die Fiona war für alle Eventualitäten gerüstet. Ein paar Stammkunden haben eben ihre eigene Knute und ihre eigenen Latexmasken und Klistiere und …«
»Schon gut«, sagte Berti. »Mehr muss ich gar nich’ wissen.«
»Die würden dir bei der Erziehung von Richie helfen«, sagte ich, sammelte meine verfärbte Wäsche ein und stopfte sie
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