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Ausgeweidet (German Edition)

Ausgeweidet (German Edition)

Titel: Ausgeweidet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Lamberts , Annette Reiter
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Theater, und natürlich sind da noch unsere regelmäßigen Canasta-Abende.« Sie ist kaum zu bremsen. »Natürlich hat jede von uns auch ihre eigenen Aktivitäten. Ich besuche zum Beispiel regelmäßig das Fitness-Studio, und Charlotte spielt einmal die Woche Bridge.« Sie lächelt verschmitzt. »Im Parkhotel bei einem Glas Champagner. Und Erika geht zur Jagd. Charlotte und mir ist die Jagd fremd, aber die Erlebnisse von Erika haben uns schon oft einen unterhaltsamen Abend beschert.«
    Interessiert schaut Maria die Frau an, die so lebhaft erzählt und aufgrund ihrer Magerkeit zwar zerbrechlich wirkt, aber dennoch sehr agil ist. Diese gluckst, versucht so, ein Lachen zu unterdrücken, und ihre kleinen dunklen Augen blitzen auf. »Zweimal schon hat Erika Wilderer gestellt, und die Geschichte mit dem Liebespaar war auch nicht schlecht.«
    Ohne auf eine Nachfrage zu warten, fährt sie belustigt fort. »Es ist zwar schon ein paar Jahre her, aber ich amüsiere mich über diese Geschichte immer noch. Fast hätte Erika ein Liebespaar erschossen. Sie glaubte, da wäre eine Sau im Unterholz. Freiherr von Clausen, einem Jagdfreund von ihr, ist es zu verdanken, dass kein Unglück passiert ist. Er hat in letzter Sekunde das Gewehr von Erika nach oben gerissen, sodass der Schuss nur die Baumkronen erschüttert hat.«
    Sie fuchtelt mit ihrer mit Ringen und Armreifen geschmückten Hand vor Maria Essers Gesicht herum.
    »Erika hat bestimmt vor Wut gekocht. Und ihr Kommentar zu dem Vorfall: ›Was haben die da auch rumzumachen‹, war typisch.«
    Der Redeschwall von Irma Seidlitz wird jäh unterbrochen, als wie auf Kommando drei Katzen die Treppe heruntergelaufen kommen und ihr um die Beine schnurren. Maria bewundert die drei Kater ausgiebig und nutzt die entstandene Pause, um das Gespräch auf den letzten Canasta-Abend zu lenken. Irma Seidlitz bestätigt, dass sie und Charlotte gemeinsam wie immer um halb acht eingetroffen seien, der Abend sei normal verlaufen, vielleicht nicht ganz so unbeschwert, wegen des Gerichtsurteils. Das Essen war vorzüglich und Erika wie immer eine gute Gastgeberin. Auch diesmal habe sie beim Spielen geschummelt, und es wäre fast zum Streit gekommen, weil man sich mal wieder nicht auf die Regeln hätte einigen können. »Und das jetzt schon seit vierzig Jahren«, seufzt sie.
    »Wie sind Sie zu Erika Wagner gelangt?«, will Maria wissen.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, mit der Straßenbahn oder dem Taxi?«
    »Wie immer mit dem Taxi.«
    »Wissen Sie, wer Sie gefahren hat?«
    Irma Seidlitz lacht, erhebt sich, geht in die Diele und kommt mit einer Visitenkarte zurück, die sie Maria überreicht.
    »Wir haben unsere eigene Chauffeurin, und das schon seit mehreren Jahren«, antwortet sie, immer noch amüsiert. »Den Freitagtermin hat sie fest für uns reserviert. Und auch sonst ist Maria über Handy für uns jederzeit erreichbar, wenn wir ihre Hilfe benötigen.«
    Maria betrachtet die Visitenkarte. Maria Ndereba, selbstständige Taxifahrerin, Mitglied im Verbund Rheintaxi .
    »Darf ich die Visitenkarte behalten?«
    »Gerne. Ich habe noch eine am Telefon liegen.«
    Obwohl Maria weitere Fragen stellt und ihr Gegenüber reichlich erzählt, erfährt sie nichts Relevantes mehr. Lediglich die Bemerkung, dass Erika an diesem Abend erschöpft ausgesehen habe, lässt sie aufhorchen. Frau Seidlitz begründet dies damit, dass ihre Freundin über eine Woche jeden Tag bei Gericht war und so ihren normalen Rhythmus durchbrochen habe. Und in dem Alter sei das halt anstrengend.
    Auf der Straße macht sich die Hauptkommissarin ein paar Notizen, bevor sie sich erneut in ihr Auto setzt und zur Kaiserswerther Straße fährt. Hier besitzt Charlotte Prochnow eine Wohnung in den Backsteingebäuden aus den 1920er-Jahren. Schon die Haustür lässt vermuten, dass das Innere noch viel vom herrschaftlichen Charme früherer Zeiten besitzt. Maria wird nicht enttäuscht. Die Wohnung im Erdgeschoss ist zwar durch die hohen Kastanien vor dem Haus relativ dunkel, aber bereits die meterhohen, weiß gestrichenen Doppeltüren sind imposant, und das alte, sehr gepflegte Fischgrätenparkett wäre heute kaum bezahlbar. Charlotte Prochnow bittet sie in ihr Wohnzimmer, das mit den reich geschnitzten, dunklen Möbeln an alte Herrenzimmer erinnert. Sie ist nicht unfreundlich, aber doch sehr distanziert. Mit ihren hellwachen, stechenden Augen mustert sie die Hauptkommissarin intensiv, bevor sie ihr ein Glas Wasser anbietet. Maria lehnt dankend ab. Auch

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