Ausgeweidet (German Edition)
Tiefkühlfach findet er noch ein Croissant, die kauft er bei chez lui auf dem Carlsplatz. Er backt es in einem kleinen Grillofen auf, der in Augenhöhe an der Küchenwand befestigt ist, streicht die Reste des selbstgemachten Apfelgelees seiner Mutter darüber und kehrt mit Kaffee und Croissant zu seinem Schreibtisch zurück. Mit seinen Überlegungen ist er erst einmal zufrieden, obwohl er immer noch nicht einzuschätzen weiß, ob Schneider Hausmann nun umbringen wollte oder nicht. ›Heute Mittag kann ich das ja mit Alexander besprechen.‹
Ein leichter Kopfschmerz kündigt sich an. Er geht ins Bad und schluckt zwei Aspirin. ›Die muss ich auch noch kaufen und den Kühlschrank auffüllen, hier herrscht gähnende Leere.‹ Kaum hat er sich aufs Bett gelegt, um etwas zu entspannen, klingelt das Telefon. Steinbeißer ist dran. »Clemens, Schneider hat heute Nacht Suizid verübt.«
Als der Hauptkommissar den Flur des Präsidiums entlangeilt, hört er schon die kräftige Stimme von Staatsanwalt Helmuth Fischer, die aus dem Besprechungszimmer tönt.
»Das wird Konsequenzen haben.«
Clemens verdreht die Augen, atmet tief ein und betritt den Raum. Sofort blafft Fischer ihn an.
»Nett, dass Sie auch kommen, Herr von Bühlow.«
Kreutz versucht, Fischer zu beruhigen, doch der hat sich so in Rage gesprochen, dass er für keinen Einwand empfänglich ist.
Nachdem sich Fischer ausgetobt hat, dreht er sich auf dem Absatz um und geht.
»Wirklich ein Sympathieträger, dieser Mann«, bemerkt Clemens ironisch und schaut zu Steinbeißer hinüber, der sichtlich mitgenommen aussieht.
»Schneider zeigt keine äußeren Verletzungen, er ist schon in der Gerichtsmedizin. Hummel übernimmt die Obduktion.«
»Scheint so, als ob er etwas eingenommen hat«, ergänzt Kreutz.
»Wir sollten das Appartement von Schneider durchsuchen. Ich will wissen, wie er auf Hausmann gekommen ist und ob er sich mit Briest auch außerhalb der Gerichtsverhandlung beschäftigt hat. Und den Computer von Schneider soll sich Hendrik genauestens ansehen.« Clemens geht im Zimmer auf und ab und wendet sich dann an Steinbeißer und Kreutz.
»Ich bin davon überzeugt, dass Schneider mit dem Mord an Briest nichts zu tun hat. Das werde ich euch aber zu einem späteren Zeitpunkt darlegen. Jetzt muss ich mich wieder mehr auf den Mordfall Briest konzentrieren.«
Pia Cremer, die gerade hinzukommt, hat die letzten Worte gehört. »Entschuldigung, bin gerade erst benachrichtigt worden und musste noch mit dem Kollegen Fischer sprechen. Dass Fischer für den Entführungsfall zuständig ist, macht es etwas komplizierter. Die Situation wäre einfacher, wenn ich beide Fälle übertragen bekommen hätte.«
Clemens lächelt in sich hinein. ›Schau an, die Oberstaatsanwältin scheint auch kein Fan von Staatsanwalt Fischer zu sein.‹
»Ich bin mir mit dem Kollegen aber einig«, fährt Pia Cremer fort, »dass wir parallel ermitteln. Steinbeißer verantwortet die Ermittlungen rund um die Entführung und von Bühlow wie bisher die Ermittlungen zum Mord an Briest. Jetzt kommt es darauf an, dass wir eng zusammenarbeiten und uns regelmäßig auf den neuesten Stand bringen. Auch wenn Sie«, Pia schaut Clemens an, »fest davon überzeugt sind, dass die beiden Fälle nicht zusammengehören. Dennoch müssen wir uns jetzt alle Optionen offenhalten.«
Auf dem Flur trifft Clemens Maria, die bereits informiert ist.
»Ich statte den Tatorten einen Besuch ab. Sprich doch nochmals mit Mönnekes. Dass so gar nichts Ermittlungsrelevantes von der Bevölkerung kommt, verstehe ich nicht. Auch die erfolglose Befragung der Nachbarn von Sieglinde Frank und Erika Wagner will mir nicht in den Kopf.«
Clemens grinst Maria entschuldigend an, sie nickt ihm zu, und er verlässt das Präsidium. Früher war sie etwas pikiert, wenn er allein loszog, doch mittlerweile versteht sie, dass er den Tatort ungestört auf sich wirken lassen will.
Er holt sich noch schnell ein belegtes Brötchen aus der Kantine, das er auf dem Weg zum Parkplatz ohne Genuss verzehrt. Bevor er seinen Porsche aufschließt, wischt er sich eilig mit dem Stofftaschentuch über den Mund. Mit röhrendem Motor biegt er auf die Straße vor dem Polizeipräsidium ein und steckt sofort im Rheinufertunnel im Stau. Nur langsam kommt er voran. Konzentriert lauscht er auf das Motorengeräusch. Der typische Sound des Porsches, den er so liebt, ist deutlicher als sonst zu vernehmen.
›Das hört sich ganz so an, als ob ich einen neuen Auspuff
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