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Ausgewichtelt

Titel: Ausgewichtelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Havaste
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kostete.
    »Schmeckt es?«
    »Einen guten Brei hast du da gekocht, allerdings mit weniger Salz, als ich es gewöhnt bin.«
    »Man darf nicht zu viel Salz nehmen. Das ist ungesund, Weihnachtsmann. Aber wenn du willst, kann ich nachsalzen.«
    »Lass nur. Vielleicht gewöhne ich mich daran.«
    Der Wichtel selbst aß kaum etwas. Er wippte nervös auf der Bank hin und her. Der Weihnachtsmann sah, dass er etwas auf dem Herzen hatte.
    »Willst du mich etwas fragen?«
    »Ja, aber ich weiß nicht, ob es sich schickt. Ich hätte eine Bitte … Ach nein, ich will dir keine Mühe machen. Entschuldige. Vergiss es.«
    »Kraak, jetzt fragst du gefälligst. Fragen kann man immer, das nimmt dir der Weihnachtsmann nicht übel. Nun red schon, Wichtel.«
    »Du darfst Onni nicht so drängen, Krähe. Lass ihm Zeit.«
    »Die Krähe hat mir gesagt, dass du dort im Schrank ein Stück Stoff hast. Und ich habe ja nur diese Jacke und die eine Hose, und beide haben schon wieder ein neues Loch. Ich weiß nicht, ob ich sie noch einmal stopfen kann. Dürfte ich wohl ein kleines Stück von dem Stoff als Flicken benutzen?«
    Der Weihnachtsmann war verlegen. Daran hätte er selbst denken sollen! Den ganzen Vormittag hatte er verschlafen und die fadenscheinige Kleidung des Wichtels ganz vergessen.
    »Natürlich darfst du dir von dem Stoff nehmen, so viel du willst. Am besten nähst du dir gleich eine neue Hose und eine Jacke dazu. Eine Nadel findest du auf dem Fensterbrett, und das Garn liegt gleich dahinter.«
    »Juchhu! Danke, lieber Weihnachtsmann!«
    Und so saß der Wichtel bald darauf mit vor Eifer geröteten Wangen am Kamin und ließ die Nadel fliegen. Jacke und Hose waren im Nu fertig, und der Stoff reichte auch noch für eine lustige Zipfelmütze. Nun fehlte nur noch die Quaste.
    »Ich nähe eine länglich ovale, flauschige Quaste. Solche Quasten haben nur aktive Darrenwichtel«, erklärte Onni ernsthaft. »Größe und Form der Quasten sind genau festgelegt, und diese Tradition wird von Generation zu Generation weitergegeben. Die Saunawichtel zum Beispiel haben eine stabförmige Troddel mit rundem Ende. Bei den Stallwichteln ist die Quaste bauschig, aber von der Form her dezent. Die Quasten sind wichtig, damit man schon von Weitem erkennt, zu welcher Gruppe ein Wichtel gehört.«
    »Aber du bist doch kein Darrenwichtel mehr«, entschlüpfte es der Krähe. »Du hast ja gar keine Darre.«
    Das fröhliche Lächeln verschwand vom Gesicht des Wichtels, und seine Augen wurden feucht. Der Weihnachtsmann funkelte die Krähe böse an. Sie steckte beschämt den Kopf unter den Flügel, denn sie wusste, dass sie etwas Schlimmes gesagt hatte, wenn auch nicht in der Absicht, den Wichtel zu verletzen.
    »Man muss nicht alles laut sagen, Krähe. Entschuldige dich bei Onni, sofort!«
    »Bitte verzeih mir, Onni, es war nicht so gemeint.«
    Onni nickte und schniefte. Da hatte der Weihnachtsmann eine Idee.
    »Du bist tatsächlich kein Darrenwichtel mehr. Du bist ein Weihnachtswichtel, und zwar der erste, den es gibt. Deshalb musst du jetzt eine neue Quaste entwerfen, an der man dich als Weihnachtswichtel erkennt.«
    Onnis Miene hellte sich auf. Freudestrahlend wickelte er sich Wollfäden um die Finger.
    »Weihnachtswichtel … Das klingt toll! Die Quaste muss also etwas ganz Besonderes sein. Vielleicht oval wie bei den Darrenwichteln, aber an der Spitze abgerundet wie bei den Saunawichteln und dezent nach Art der Stallwichtel. Die grüne Farbe der Waldwichtel wäre schön, aber vielleicht übernehme ich doch lieber das Rot der Schmiedewichtel, oder was meint ihr?«
    Die Quaste wurde so schick wie der ganze Anzug. Onni war über alle Maßen stolz auf seinen neuen Anzug und nähte rasch noch fröhlich rote Zierstreifen an. Jubelnd schlug er einen Purzelbaum nach dem anderen, sodass dem Weihnachtsmann ganz schwindlig wurde.
    »Hör auf, mein lieber Wichtel, sonst tust du dir noch weh. Du bist wirklich ein lustiges Kerlchen. Anfangs hatte ich allerdings Angst, du würdest nach deiner langen Einsamkeit pausenlos reden.«
    »Ich hätte eine Menge zu erzählen, Lustiges und Trauriges, aber das eilt nicht. Ein andermal, wenn es euch recht ist. Gerade jetzt ist es so schön, gemeinsam still zu sein.«
    »Stimmt, Onni. Manchmal ist es gut, gemeinsam zu schweigen, nur dem Knistern des Kaminfeuers und dem klirrenden Frost zu lauschen.«
    So saßen sie bis zum Anbruch der Nacht beieinander, jeder für sich beschäftigt. Die Krähe putzte sich sorgfältig das Gefieder und übte

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