Ausgewichtelt
anschließend, auf einem Bein zu stehen. Der Weihnachtsmann blätterte in seinem dicken Buch, in das er nach Weihnachten die neuen Botschaften von braven Kindern eingetragen hatte, die ihm die Schneeflocken gebracht hatten. Kyksi bekam ihre fünfzehn platt gedrückten Getreidekörner und zog sich zum Schlafen in ihr Nest unter der Traufe zurück, und der Wichtel nähte aus den Resten des Stoffes für seinen Anzug kleine Flickenpuppen.
Tag um Tag verging. Onni beschäftigte sich im Haus und auf dem Hof. Der Weihnachtsmann musste ihn immer wieder bremsen, denn der Wichtel war nach seiner langen Einsamkeit noch schwach. Doch bald wurden seine Wangen runder, und ehe er sich versah, musste er seine neue Hose weiter machen.
»Bei dir gibt es leckere Mahlzeiten, Weihnachtsmann. Mir scheint, ich esse zu viel. Jedenfalls werde ich allmählich kugelrund. Hoffentlich esse ich dir nicht die Vorräte weg?«
»Keine Sorge, Onni. Iss nur ordentlich, damit du Kraft hast, um zu arbeiten.«
Tatsächlich arbeitete der Wichtel unermüdlich. Er schnitzte ein Borkenboot nach dem anderen, setzte einen Span als Mast hinein und befestigte daran ein Stück weiche Birkenrinde als Segel. Die Stoffpuppen füllte er mit der langen, weichen Bartflechte, die er von den Fichtenzweigen zog und aus der er auch lustige runde Teddybären bastelte. Aber von Zeit zu Zeit, wenn er sich unbeobachtet glaubte, schluchzte der Wichtel leise und wischte sich die Augen.
»Was meinst du, Krähe, sollte ich Onni fragen, was ihn bedrückt?«
»Lass nur, Weihnachtsmann. Auch wenn wir alle unter einem Dach leben, muss doch jeder etwas für sich behalten dürfen. Kyksi erzählt mir auch nicht alles, obwohl ich ihr großer Bruder bin. Sie verheimlicht mir etwas, irgendetwas Großes.«
»Unsinn. Sie ist viel zu klein für große Geheimnisse, auch wenn sie sich noch so viel einbildet.«
Der Weihnachtsmann lachte schallend, als er daran dachte, wie die kleine Sumpfmeise immer wieder beteuerte, sie habe das Zeug zur Heldin. Aber der Krähenjunge lachte nicht mit.
»Wer weiß, womöglich wird sie uns eines Tages alle überraschen. Auch kleine Geschöpfe können Geheimnisse haben. Aber lass Onni nur Zeit. Wenn er bereit ist, erzählt er uns sicher, was ihm Kummer bereitet.«
Kapitel 7
I n der Hütte am Korvatunturi gab es reichlich zu tun, denn die Kleintrolle schienen noch mehr Schabernack zu treiben als zuvor. Zuerst musste die ganze Stube geputzt werden, weil die Tür einen Moment lang offen gestanden hatte und die Trolle Zweige und Tannennadeln auf den Fußboden geworfen hatten. Dann entdeckte der Weihnachtsmann unter seiner Bettdecke einen ganzen Haufen stachelige Fichtenzapfen. Auch die großen Trolle waren nicht müßig gewesen. Die großen Säcke mit den Geschenken, die im Speicher standen, waren schon zweimal auf dem Hof ausgekippt worden, und die sorgfältig aufgestapelten Holzscheite für die Sauna waren in den Schnee geworfen worden. Diesen Schaden zu beheben war schon mühsamer. Der Weihnachtsmann war sich nicht ganz sicher, ob er Grund zur Besorgnis hatte.
Er ahnte Böses, wusste aber nicht, wie nahe er damit der Wahrheit kam. Weit weg, am anderen Ende Lapplands, hatte der Staalo es geschafft, in dem riesigen Ofen im Innern seines Berges wieder Feuer zu machen. Vom Gipfel des Berges stieg grünlicher Rauch auf, der überall einen merkwürdigen süßlichen Geruch verbreitete. Anständige Tiere verabscheuten diesen Geruch, aber auf die Trolle wirkte er berauschend. Ihre langen Nasen zitterten, und sie krochen verzückt aus ihren Löchern, wie der Staalo es erwartet hatte. Der Zauberduft sollte sich ausbreiten und die Trolle hervorlocken. In der nächsten Vollmondnacht würde der Staalo dann ausziehen und sich einen nach dem anderen schnappen. Er brauchte neue Trolle für seine Kampftruppe. Je mehr, desto besser. Unermüdlich hatte er seine uralten Zaubersprüche geübt, bis er wusste, dass er imstande war, selbst die größten Trolle mit seinem Blick in den Bann zu ziehen.
Auf dem Zauberberg übten die Trolle mit angelegten Ohren, sich gegenseitig in vollem Lauf zu Fall zu bringen. Ein Höhlentroll hatte den Befehl bekommen, sich mit voller Kraft auf einen Dunkeltroll zu stürzen, doch ein kleines Ausweichmanöver und ein gezielter Stoß gegen die Schulter genügten, und der Dunkeltroll warf den fast doppelt so großen Höhlentroll zu Boden.
»Autsch, das hat wehgetan«, klagte der Höhlentroll und rieb sich die Seite. »Ich bin wohl mit der Rippe
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