Ausgewichtelt
kleine Schwester Kyksi sie mag. Und wie geschickt du das vom Schneesturm zerzauste Gefieder des Raben geordnet hast! Aber am meisten wundert mich, dass du die Fährte der verirrten Maus im Schnee entdeckt hast.«
»Na, ich habe ja Erfahrung darin, Tieren zu helfen. Zum Glück konnten wir die Maus zu ihrem Bau bringen, bevor es dunkel wurde. Dabei warst du mir eine große Hilfe. Du bist der beste Gefährte, den man sich wünschen kann.«
»Ich mag dich auch, Oiva.«
Am Tisch setzte sich die Krähe neben ihren neuen Freund und gab sich alle Mühe, gesittet zu fressen. Oiva seinerseits half dem Vogel, wo er nur konnte. Es war eine Freude, ihnen zuzuschauen!
Nach dem Abendessen holte Onni das geheimnisvolle Bündel, mit dem er sich den ganzen Tag beschäftigt hatte, von der Eckbank und reichte es Oiva. Der schnürte es vorsichtig auf.
»Ein neuer Anzug! Und was für eine schöne Quaste, genau wie an deiner Zipfelmütze. Du kannst wirklich gut nähen, Vetter.«
Sie umarmten sich, und dann probierte Oiva den neuen Anzug an; er passte ihm wie angegossen. Freudestrahlend standen die beiden Wichtel vor dem Weihnachtsmann.
»Nun bist auch du ein echter Weihnachtswichtel, Oiva. Ich bin wirklich glücklich, dass ihr mir helft«, sagte der Weihnachtsmann gerührt. »Und heute habe ich mir auch überlegt, was du als Weihnachtswichtel tun sollst. Deine Aufgabe wird es sein, mit der Krähe für alle hilfsbedürftigen Tiere des Waldes zu sorgen.«
»Juchhu! Genau das, was ich am besten kann und am liebsten tue!«, jubelte Oiva und schlug gleich drei Purzelbäume.
»Ein für alle Mal fantastisch!«, krächzte die Krähe.
Kapitel 9
E ine junge Kleinriesin hockte vor dem Eingang ihrer Höhle. Sie war auf der Hut, denn aus dem Zauberberg des Staalo strömte schon seit einiger Zeit ein gefährlich süßer Rauch. Es war ein einladender, überwältigender Duft, der Herrliches versprach – und gerade deshalb wusste die Kleinriesin, dass sie vorsichtig sein musste. Ein solcher Geruch gehörte nicht zum Wald. Seine Versprechungen waren Lügen.
Dennoch zog der Duft sie unwiderstehlich an. Sie schob ihre Hakennase ein kleines Stückchen aus der Höhle, atmete gierig den süßen Rauch ein und gab sich ihren Träumen hin.
Ach, dieser Duft! So würde ihr Traumriese riechen. Irgendwo gab es sicher einen stattlichen Kleinriesen mit einem mächtigen behaarten Nacken und einer rauen Rückenmähne. Und wie süß er riechen würde! Ganz genau so wie der Rauch aus dem Berg des Staalo, aber ohne Gefahr und Lüge. Diesen herrlich männlichen Geruch würde die Kleinriesin irgendwann wahrnehmen und dann ihr ganzes Leben lang einatmen, und auch der Riese würde an ihr schnuppern und, entzückt von ihrer Witterung, zufrieden brummen. Sie würden sich an einem fernen Berg niederlassen und die schönste und prächtigste Höhle bauen, die je ein Kleinriese in den Fels gehauen hatte. Und dann würden sie sich eine ganze Schar von Kleinriesenkindern zulegen.
Doch eigentlich war alles Hoffen vergeblich. Nur noch hier und da im weiten Lappland gab es einzelne Kleinriesen, und männliche hatten sich seit mindestens einem Jahrhundert nicht mehr blicken lassen. Die Zeit war mit der Sippe der Kleinriesen ungnädig umgegangen. Viel zu viele hatten aufgegeben und waren weit hinauf in den Norden gezogen, in der Hoffnung auf ein freieres Leben. Bisher war keiner von ihnen zurückgekehrt. Die Kleinriesin wusste nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Sie war schon so lange allein, dass sie eigentlich nichts mehr mit Sicherheit wusste.
Im Nachhinein hatte sie sich überlegt, dass es klüger gewesen wäre, sich den letzten Kleinriesen anzuschließen, die sie gesehen hatte, und mit ihnen nach Norden zu wandern. Aber sie war damals noch ganz jung gewesen und hatte die Elternhöhle gerade erst verlassen. Der lange Weg in den unbekannten Norden hatte sie nicht gelockt, denn sie hatte gerade ihre erste eigene Höhle gefunden. Von dort aus hatte sie den Aufbruch der anderen Kleinriesen beobachtet, ohne sich Sorgen zu machen. Sie hatte sich damit beschäftigt, ihre Höhle mit Felsbrocken wohnlich einzurichten und immer neue Gänge und Kammern in den Berg zu hauen. Erst nach Jahrzehnten hatte sie zum ersten Mal leicht besorgt über ihr Alleinsein nachgedacht, denn auch die genaueste Steinmetzarbeit wird irgendwann einmal fertig, und alle Wände ihrer Höhle waren inzwischen mit Gewölben und Mauerwerk kunstvoll geschmückt. Nach jahrzehntelanger Arbeit
Weitere Kostenlose Bücher