Ausgewichtelt
dem kleinen Stein an seinem Hals. Wenn der Staalo ihm das kostbare Geschenk wegnahm, das er zur Geburt bekommen hatte, war womöglich auch die Zauberkraft des Polarlichts gebrochen. Mit dem Stein würde der Weihnachtsmann seine Fähigkeit verlieren, an Weihnachten alle Kinder zu besuchen, die auf ihn warteten. Ohne die Zauberkraft, die ihm das Polarlicht verliehen hatte, würde er am Weihnachtsabend machtlos vor seinem Haus stehen, und die ganze Arbeit der Wichtel wäre vergebens gewesen.
»Das würde ja bedeuten, dass es kein Weihnachten mehr gibt«, stammelte der Weihnachtsmann bestürzt.
»Jetzt verstehst du sicher, dass die anderen Wichtel nichts davon erfahren dürfen. Es genügt, wenn wir beide uns Sorgen machen.«
Der Weihnachtsmann nickte und sah sich verstohlen um. Die schöne Sommernacht erschien ihm plötzlich düster.
»Vorläufig können wir nur warten. Vielleicht wird ja doch noch alles gut«, sagte Onni müde, gähnte herzhaft und ging dann zu den schlafenden Wichteln ins Haus.
Der Weihnachtsmann blieb draußen sitzen. Er stützte den Kopf auf die Hände und spürte große Trauer in seinem Herzen. Warum musste der Staalo so böse sein? Gab es im weiten Lappland nicht genug Platz für sie beide, ohne Streit und Bosheit?
Da setzte sich eine braune Libelle auf seine Hand. Der Weihnachtsmann betrachtete ihre feinen, schimmernden Flügel, in denen sich die leuchtenden Farben des Polarlichts zu spiegeln schienen. Als die Libelle den Kopf drehte, glitzerten ihre Augen schwarz. Sie saß eine Weile da und wärmte sich, drehte dann probeweise ihre Flügel und flog plötzlich auf wie eine kleine Elfe. Sie schoss vorwärts, machte in der Luft halt, wechselte die Richtung und flog weiter.
Fasziniert beobachtete der Weihnachtsmann die kunstvollen Bewegungen des Insekts und spürte, dass ihm leichter ums Herz wurde. Es gab doch auch so viel Schönes in der Welt. Vielleicht wurde doch noch alles gut.
Am nächsten Morgen erwachten die Wichtel gähnend und setzten sich an den Frühstückstisch.
»Gestern wart ihr zu müde, um viel zu erzählen. Wie war denn euer Treffen?«
»Ganz toll. Wir haben allen von unserem Leben hier erzählt, und mir scheint, dass einige Lust hätten, auch Weihnachtswichtel zu werden.«
»Gut. Wir haben noch Platz für weitere Wichtel, und wenn es eng wird, bauen wir im nächsten Sommer an. Habt ihr denn eure Verwandten getroffen?«
»Natürlich. Fast alle waren gekommen, und viele hatten etwas Neues zu erzählen oder zu zeigen. Am tollsten war das neue Spiel, das uns die Wichtel vom Ounasvaara vorgeführt haben.«
Alle Wichtel nickten eifrig. Es sei wirklich ein interessantes und mitreißendes Spiel, sagten sie.
»Wollen wir es dem Weihnachtsmann zeigen?«, fragte Otto.
Die Wichtel rannten hinaus. Ihr Eifer belustigte den Weihnachtsmann. Rasch legte er Tassen und Teller in den Spülbottich, den die Hausmutter schon bereitgestellt hatte. Sie spülten gemeinsam und lauschten dabei auf die Sägegeräusche und Rufe, die vom Hof hereindrangen.
»Der ist zu lang geworden, Onni.«
»Soll ich ein Stück absägen? Ist es so besser?«
»Genau die richtige Länge. Oiva, wo bleibt denn der Pinsel?«
»Mach keinen Aufstand, hier kommt er ja schon. Du hast zwar die erste Meisterschaft gewonnen, aber bilde dir ja nicht ein, dass du wieder siegst. Diesmal werde ich dich schlagen, Otto!«
Die Wichtel schienen genau in dem Moment mit ihren Vorbereitungen fertig zu werden, als alles Geschirr gespült war. Die Hausmutter und der Weihnachtsmann sahen ein Dutzend kleine Klötze auf dem Hof stehen. Sie waren alle unterschiedlich lang, und in jeden war eine Nummer eingeschnitzt.
»Guckt genau zu«, sagte Otto. »Ich bin Meister geworden, deshalb zeige ich euch, wie es geht. Ich stelle mich hinter diese Linie und werfe diesen dunklen Klotz nach den anderen, die eine Nummer haben. Für jeden Klotz, der umkippt, bekomme ich einen Punkt. Wenn nur einer umfällt, bekomme ich die Punktzahl, die draufsteht. So! Seht ihr, ich habe acht Klötze umgeworfen. Also habe ich schon mal acht Punkte. Jetzt stelle ich die Klötze da wieder auf, wo sie hingefallen sind. Wer ist jetzt dran? Du, Oiva?«
»Ja. Und ich versuche jetzt, den niedrigen Klotz zu treffen, der ein bisschen abseitssteht und die Nummer zwölf hat. Hepp! Geschafft! Jetzt habe ich zwölf Punkte und liege in Führung. Hausmütterchen, willst du es als Dritte versuchen?«
Die Hausmutter warf gut. Nach ihr war der Weihnachtsmann an der Reihe, und
Weitere Kostenlose Bücher