Ausgewichtelt
würde. Er hoffte von ganzem Herzen, Kyksi möge nicht merken, dass das Polarlicht nicht ihretwegen gekommen war.
»Heb mich jetzt hoch, zum Himmel hin«, forderte Kyksi.
Der Weihnachtsmann betrachtete das winzige Bündel, unterdrückte ein Schluchzen und legte Kyksis zerquetschten Körper auf seine Handfläche. Kyksi stöhnte leise und seufzte dann.
»Höher, sonst sieht das Polarlicht mich nicht.«
Und der Weihnachtsmann hob die Hand, so hoch er nur konnte, weinte lauthals und hörte die Wichtel schluchzen. Er dachte an all das Schöne, das Kyksi getan hatte. Er dachte an all das Gute, das er selbst dank des Polarlichts hatte tun dürfen. Und an die Kinder, die in Erwartung des Weihnachtswunders ihren Streit begruben, Gutes taten und freundlich von ihren Mitmenschen dachten. Ach, wenn diese guten Gedanken Kyksi doch ihre letzten Minuten erleichtern würden.
Da zischte es am nördlichen Himmel. Das Polarlicht kehrte vom Zauberberg zurück, so stürmisch, dass wogende, flackernde und sprühende Farben am Himmel aufleuchteten. In Gedankenschnelle eilte es zum Korvatunturi, und der Weihnachtsmann spürte, wie sich seine Trauer in die herrliche Freude verwandelte, mit der er den wundersamen Glanz des Polarlichts immer begrüßte.
Der Weihnachtsmann stand auf dem Gipfel des Korvatunturi und streckte die Hand in die Höhe. Er hoffte so inständig, wie er nie zuvor gehofft hatte. Auf seiner Hand machte die zerquetschte Sumpfmeise, die winzige, tapfere Heldin ihre letzten Atemzüge.
Das Polarlicht weiß echte Helden zu erkennen und schaut nicht auf die Größe. Es ist selbst so groß und mächtig, dass vor ihm jeder nur ein kleines graues Bündel ist. Das Polarlicht sah in Kyksis Brust das Herz einer Heldin, und deshalb flammte es bis zur Erde hinab, umgab den Weihnachtsmann und die kleine Kyksi mit seinem Glanz und nahm das glücklich seufzende Vögelchen sanft von der Hand des Weihnachtsmannes.
»Nun gehe ich als Heldin mit dem Polarlicht, Weihnachtsmann. Trauert nicht um mich. Ich habe meine Aufgabe erfüllt und darf mich jetzt ausruhen. Leb wohl, Korvatunturi. Ich bin so glücklich.«
Und so verschwand Kyksi. Ein Flackern, und das Polarlicht trug sie davon, weit weg, hinter andere Himmel. Der Weihnachtsmann blieb bestürzt stehen und sah, wie langsam eine einzelne graue Feder herabschwebte. Sie schaukelte leicht durch die Luft, ohne Eile, drehte sich nach links und nach rechts, wirbelte verspielt im Kreis und drehte sich erneut. Vom Gipfel des Berges kam ein kleiner Windhauch, der die Feder erfasste und sanft zum nächsten Fjell trug.
Kapitel 18
U nten im Haus des Weihnachtsmannes wartete die Hausmutter mit wachsender Sorge. Der Weihnachtsmann und die Wichtel waren verschwunden, und auf dem Gipfel des Korvatunturi hatte es seit dem Vormittag gedonnert. Das war merkwürdig und sogar ein wenig unheimlich.
Als die Hausmutter die Tür zum Speicher öffnete, flog ein ganzer Haufen Holzspanvögelchen nach draußen in den kalten Schnee. Sie sahen aus, als würden sie frieren.
Es begann zu dämmern, und immer noch ließ sich niemand blicken. Bald kam die Zeit der Zauberkraft, aber wo waren die Rentiere, wo war der Weihnachtsmann? Warum waren die Wichtel nicht hier und luden die Säcke auf die Schlitten?
Die Hausmutter war kurz davor, die Hoffnung aufzugeben und dem Schicksal seinen Lauf zu lassen, riss sich dann aber doch zusammen. Da der Weihnachtsmann und die Wichtel nun einmal verschwunden waren, musste sie selbst tun, was sie konnte. Also zog sie sich die bunte Mütze tiefer in die Stirn und packte die Spanvögel in ihren Sack. Als der Sack voll und sorgfältig zugebunden war, versuchte sie, ihn auf den Hof zu tragen. Gerade in dem Moment spähte ein Fuchs aus der Tür der Pflegestube, der ihr flugs zu Hilfe eilte, und bald war eine ganze Schar von halbwegs wieder gesunden Waldtieren der Hausmutter behilflich.
»Wenn die Rentiere sich endlich herbequemen und der Weihnachtsmann rechtzeitig zurückkommt, um seine Aufgabe zu erfüllen, wird das Ganze zumindest nicht an meiner Faulheit gescheitert sein«, ächzte die Hausmutter, wischte sich den Schweiß von der Stirn und griff nach dem nächsten Sack.
Auch bei Sampo Lappalainen waren alle besorgt.
»Ich verstehe nicht, wo der Weihnachtsmann bleibt«, sagte das Zauber-Ren mit dem goldenen Geweih. »Hoffentlich hat das Gewitter, das dahinten über dem Korvatunturi steht, nichts damit zu tun.«
Am unruhigsten waren die Kälber. Sie scharrten mit den Hufen im
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