Ausgewichtelt
standen verloren wirkende Trolle, die sich zu fragen schienen, wie sie auf diesen Berg geraten waren, weit weg von ihrer eigenen Höhle.
Die Kleinriesin sah, wie der letzte grünliche Dunstkringel aus den Nüstern des neben ihr stehenden Höhlentrolls glitt; gleich darauf blickten auch seine Augen wieder klar. Der Dunkeltroll schüttelte verblüfft den Kopf. Viele andere Trolle saßen ratlos im Schnee. Sie konnten nicht begreifen, wieso es ihnen gerade noch so selbstverständlich erschienen war, anzugreifen und zu kämpfen. Jetzt wollten sie nur noch fort, irgendwo in eine tiefe Höhle schlüpfen, wo sie in aller Ruhe ihr Trollleben führen konnten. Gekrümmt rannten sie davon.
Die Waldwichtelinnen brachen in Triumphgeheul aus.
»Wir haben gesiegt! Die Trolle fliehen! Die Trolle sind geschlagen!«
Die Kleinriesin fasste den Höhlen- und den Dunkeltroll bei der Hand und lief mit ihnen den Berg hinunter.
»Horcht mal«, keuchte sie. »Neben den Wichteln hat der Weihnachtsmann noch andere Freunde, und die werden bald hier sein. Hört ihr die Rufe? Das sind wilde Rächer mit kalten Schnäbeln und harten Klauen. Alle Vögel Lapplands sind im Anflug, um uns vom Korvatunturi zu vertreiben, und sie drohen, uns jedes Haar einzeln von den Ohren zu rupfen.«
Mehr brauchte die Kleinriesin nicht zu sagen. Alle drei legten schleunigst die empfindlichen Ohren an und rannten schneller als je zuvor.
Die Kleinriesin, der Höhlentroll und der Dunkeltroll mit den schwarzen Augenbrauen waren die schnellsten Läufer in Staalos Truppe, denn der Staalo hatte seine drei stärksten Kämpfer härter trainieren lassen als die anderen. Daher überholten sie die anderen Trolle und vergrößerten den Abstand mit jedem Schritt, sodass sie dem heftigsten Angriff der Vögel entgingen. Nur die wütendste Eule setzte ihnen nach und riss jedem eine Wunde ins Ohrläppchen.
Die drei Freunde rannten, so schnell sie konnten. Hinter sich hörten sie die triumphierenden Rufe der Vögel, die Jagd auf die langsameren Trolle machten. Ein ganzer Schwarm von Adlern und Falken, Unglückshähern und Spechten, Birkhühnern und Auerhühnern setzte den wimmernden und heulenden Trollen zu.
»Gleich seid ihr eure Ohrhaare los!«, rief die weiße Schneeeule, die die fliegende Truppe anführte.
»Machen wir doch einen Wettbewerb!«, schrie ein kleiner Sperber. »Wer die meisten Ohrhaare sammelt, gewinnt!«
Die Vögel verfolgten die fliehenden Trolle und zupften und pickten mit ihren harten Schnäbeln an deren Ohren.
»Au, ich bin doch ganz brav. Ich lauf ja schon weg. Lasst meine Ohrhaare in Ruhe!«
Ein grauer Jagdfalke hielt ein dickes Büschel im Schnabel.
»He, ich hab schon Haare von einem Dutzend Trolle!«, nuschelte er und nieste.
»Pah, guck dir mal meine Beute an«, murmelte eine Dreizehenspechtin, deren Schnabel mit rauen Haaren gefüllt war.
Die Trolle rannten, so schnell sie konnten, und die Vögel setzten ihnen triumphierend nach.
»Ich weiß, ich weiß, du hast gewonnen, aber ich mag noch nicht aufhören«, erklärte ein Habichtskauz der neben ihm fliegenden Dreizehenspechtin und rupfte einem wimmernden Kleintroll das letzte Ohrhaar aus.
»Dreiundsechzig!«
»Siebenundsechzig bisher!«, jubelte die Dreizehenspechtin. »Und drauf! Das achtundsechzigste!«
Die Kleinriesin, der Höhlentroll und der Dunkeltroll wussten, dass sie glimpflich davongekommen waren. Sie liefen die ganze Nacht weiter, und als der Morgen dämmerte, zeichnete sich in der Ferne der Zauberberg des Staalo ab. Es war vollkommen still, aus dem Berg stieg kein einziges Rauchwölkchen mehr auf. Die drei Freunde waren die Ersten, ein Vortrupp, der entscheiden musste, was die später eintreffende Trollherde tun sollte.
Erschöpft und ratlos blieben die drei stehen.
»Zum Schluss hat er uns also den Zaubertrank eingeflößt«, dachte der Höhlentroll laut.
»Kein Wunder, dass ich wie ein Wahnsinniger in den Kampf gezogen bin«, brummte der Dunkeltroll.
»Aber jetzt ist der Zaubertrank weg, und sein süßlicher Geruch lockt keinen Troll mehr auf Abwege«, meinte die Kleinriesin. »Jetzt können alle in ihre eigene Höhle zurückkehren.«
»In ihre eigene Höhle können nur die zurück, die sich noch erinnern, wo sie früher gewohnt haben«, seufzte der Dunkeltroll bedrückt.
»Ich weiß auch nicht, wohin ich gehen soll«, klagte der Höhlentroll. »Wahrscheinlich gibt es viele obdachlose Trolle. Bald kommen sie scharenweise vom Korvatunturi, kläglich und mit schmerzenden
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