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Ausgewichtelt

Titel: Ausgewichtelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Havaste
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Ohren. Heute ist kein guter Tag für den Stamm der Trolle.«
    Die Trolle standen ratlos und niedergeschlagen in der Frostnacht und betrachteten den schroff aufragenden Zauberberg.
    »Dahin gehen wir jedenfalls nicht. Dem Staalo will bestimmt keiner mehr dienen.«
    »Und du, Kleinriesin? Du kannst ja jetzt in deine schöne Höhle zurück.«
    Die Kleinriesin stand immer noch still da. Auf ihrem Gesicht lag ein seltsamer Ausdruck.
    »Riecht ihr das?«, fragte sie. Ihre Nüstern bebten. »Es riecht süß und einladend, wie eine Prise von etwas unermesslich Herrlichem. Es kommt von Norden. Spürt ihr es?«
    Die Trolle sahen sie besorgt an.
    »Brodelt da etwa der nächste Zauberkessel?«
    »Ihr müsst genauer schnuppern. An dem Geruch ist nichts Gefährliches, und der einzige Zauber, der dahintersteckt, ist ein uralter, ewiger Zauber. Der einzig richtige Zauber. Der einzige, den man sich wünschen kann.«
    Die Trolle verstanden sie nicht. Sie schnupperten und schnupperten, doch sie rochen nur Schnee und Birken, den heißen Atem eines vorbeilaufenden Hasen und den Geruch von trockenem Heidekraut.
    »Vielleicht ist dieser Geruch ja nur für mich bestimmt«, wisperte die Kleinriesin glücklich lächelnd. »Ich bin verliebt, darin besteht der Zauber. Irgendwo im fernen Norden lebt ein Riese, und er riecht so wundervoll, dass er mein Gefährte sein muss. Lebt wohl, Trollfreunde, ich breche jetzt auf, um mein Glück zu suchen.«
    »Du gehst? Einfach so und jetzt sofort? Was wird denn aus deiner Berghöhlenwohnung, aus all den Gewölben und Mauern, von denen du uns erzählt hast?«
    »Lasst ihr euch darin nieder, ich brauche sie nicht mehr. Wenn ich meinen Riesen finde, haben wir Zeit genug, das prächtigste Höhlensystem zu bauen, in dem je ein Riese gelebt hat. Ich bin ja noch jung, die besten Jahre, um kleine Riesen zur Welt zu bringen, liegen noch vor mir.«
    »Und wie finden wir deine Höhlenwohnung?«
    »Der Eingang liegt hinter dem viereckigen Stein da oben. In den Höhlen ist reichlich Platz, ihr könnt alle obdachlosen Trolle dort aufnehmen. In den Gängen und Sälen würden sich Felszeichnungen gut machen. Das wäre doch etwas für dich und deinen Familienzweig, Höhlentroll. Und im unteren Hauptsaal könntet ihr jeden Abend ein Feuer für eure Tänze anzünden, Dunkeltroll. Die scharfäugigen Dunsttrolle müssten aufpassen, was der Staalo treibt, und die Kleintrolle sind doch lustige Kerlchen. Ihr findet bestimmt alle Platz.«
    Die Trolle nickten. Das großherzige Angebot der Kleinriesin rührte sie, und sie hätten ihr gern gesagt, wie viel es ihnen und den anderen obdachlosen Trollen bedeutete, doch die Kleinriesin hatte es eilig. Sie lächelte den Trollen noch einmal zu und lief dann mit langen Schritten nach Norden.

Kapitel 17
    O bwohl die Trolle vertrieben waren, stürmte es auf dem Korvatunturi immer noch. Der Weihnachtsmann war so erschöpft wie nie zuvor. Der Staalo war wild und stark, und der lange Kampf hatte den Weihnachtsmann alle Kraft gekostet. Nun waren nur noch sie beide übrig, der Staalo und er. Der letzte Kampf begann.
    Der Weihnachtsmann sah den Staalo an, der angriffsbereit vor ihm stand. Der Bannzauber, den der Staalo ein ganzes Jahr lang geübt hatte, war nicht stark genug gewesen, um den Weihnachtsmann zu bezwingen, und die Trollschar hatte ihm auch nicht helfen können. Deshalb verließ er sich nun bei seinem letzten Versuch auf rohe Gewalt, stürmte mit ausgestreckten Armen auf den Weihnachtsmann zu und stieß ihn in den Schnee. Mit aller Kraft hielt er ihn am Boden, riss seine Jacke auf, zerfetzte sein Hemd, schnappte die Kette mit dem Polarlichtstein und zog sie dem Weihnachtsmann über den Kopf. Zu seinem Entsetzen sah der Weihnachtsmann seinen kostbarsten Besitz in der Hand des Staalo.
    »Na also, endlich«, triumphierte der Staalo. »Jetzt kannst du von mir aus gehen, denn der Sieg ist mein. Sobald dieser Stein um meinen Hals hängt, vergisst das Polarlicht dich und macht endlich mich zu seinem Liebling. Ohne den Stein hast du keine Zauberkraft mehr. Ich dagegen werde all die Kraft besitzen, die das Polarlicht dir gegeben hat. Du bist von nun an klein und machtlos. Ohne Zauberkraft kannst du nichts weiter tun als in deiner albernen Stube hocken und beobachten, wie die lächerlichen Geschenke, die deine blöden Wichtel gebastelt haben, vor sich hin modern. Die guten Taten oder Wünsche der Kinder haben nichts mehr zu bedeuten, denn die Kinder werden dich nie mehr zu Gesicht bekommen.

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