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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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unter Berücksichtigung der Toterlayschen Mentalität ausgedacht.
    »Langsam und flach atmen, Großer«, vernahm ich Hannibals Psi-Durchsage. »Du hast einen massiven Kreislaufversager. Ich rufe Nero an. Nein, keinen Widerspruch bitte! Man hat längst bemerkt, daß dir nicht gut ist. Ich – sie kommen schon! Der Teufel soll’s holen. Schiebe es auf die Anstrengungen in der Grundstation. Das kann ein Späteffekt sein. Die großen Blutleiter deiner Bio-Kopffolie müssen an den Anschlußstellen zu den Halsschlagadern überprüft werden. Da stimmt etwas nicht. Gehirn und Maske bekommen im Moment nicht genug Sauerstoff. Die Durchblutung wird gedrosselt. Also flach atmen, keinerlei Anstrengungen, okay?«
    »Wie sehe ich aus?« fragte ich mühevoll.
    »Du sollst dich doch nicht anstrengen. Also gut – du siehst aus wie ein weißes Bettlaken im weißesten Waschmittelweißmacher aller Weißmacherzeiten. Begriffen?«
    Und ob ich begriffen hatte! Situationen wie diese pflegten ge meinhin dann einzutreten, wenn man sie nicht gebrauchen konn te. Mein Vater war grundsätzlich nur an Wochenenden erkrankt, wenn kein Arzt erreichbar gewesen war. Seltsam – wieso mußte ich in den kritischen Augenblicken an meinen Vater denken? Er war lange tot, verunglückt in einem alten Atomkraftwerk. Damals hatte man noch gefährliche Spaltstoffreaktoren betrieben und hinterher nicht gewußt, wo man die hochradioaktiven Abfallprodukte sicher lagern sollte. Dabei hatte er sein Leben lassen müssen.
    Ich vernahm das Zischen der aufgleitenden Panzertür. Nero Nofeney eilte herein. Zwei Mediziner folgten ihm auf dem Fuße. Ehe ich völlig die Besinnung verlor, hörte ich noch das Schnaufen eines Ungeheuers. Irrtum – das war nur Valerie Kojastnakow gewesen. Er war schließlich zwei Meter gerannt!
    Hoffentlich würde Hannibals Erfahrungsschatz als aktiver GWA-Schatten ausreichen, die beiden tüchtigen Bordmediziner von einer zu genauen Untersuchung abzubringen. Aber das würde der Kleine bestimmt schaffen. In solchen Dingen war der Zwerg an und für sich unschlagbar.
    Ich vernahm ein Geräusch. Es klang wie ein Klatschen. Als es lauter wurde, kam noch ein geringer Schmerz hinzu. Es dauerte einige Zeit, bis ich erkannte, daß mir jemand ziemlich kräftig die Wangen »tätschelte«.
    Es war Nero G. Nofeney, dessen Gesicht sich allmählich aus wallenden Nebeln hervorzuschälen schien.
    »Er kommt zu sich«, stellte der Ex-Fregattenkapitän fest. »Mann, das hätte mich den Kopf kosten können.«
    »Wieso?« vernahm ich Hannibals Frage.
    Nero lachte mit einem leicht hysterischen Unterton auf.
    »Wenn Sie annehmen, die Anwesenheit des allmächtigen Abwehrchefs würde mich von meinen Verpflichtungen als Kom mandant entbinden, dann haben Sie sich getäuscht, Mr. Bockosch. An Bord der TATO bin ich der alleinige Befehlshaber, aber auch der allein Verantwortliche. Valerie Kojastnakow hätte sich bestens aus der Affäre gezogen. Behalten Sie das aber für sich. Wenn es möglich ist, meine ich! Meinetwegen können Sie mich auch verraten.«
    »Wenn Sie nicht an die Abhöranlagen dachten, haben Sie es soeben selbst getan.«
    »Sie sind abgeschaltet. Das wußten Sie natürlich, nicht wahr? War ja auch zu erwarten. Ich habe dem Bullen gleich gesagt, er soll den Blödsinn unterlassen. Männer wie Sie merken das. Im Endeffekt erzeugt das nur Mißstimmungen.«
    »Sehr richtig. Wir haben uns gehütet, über wichtige Dinge zu sprechen. Wann kommen wir an, Kommandant?«
    Nero zögerte, aber nicht lange. Seine seelische Not war so groß, daß er einige Vorschriften vergaß.
    »In einer knappen halben Stunde. Dann muß Apoll wieder im Vollbesitz seiner Kräfte sein. Es wäre in jedem Fall vorteilhafter.«
    »Sollte man zu diesem Zweck nicht besser einen Arzt rufen?«
    »Nein«, erregte sich der schlanke Mann. »Begehen Sie keine Dummheiten! Man wartet schon auf den Riebsam-Effekt. Toterlay kann ja wohl ebenfalls Versager produziert haben.«
    Ich konnte wieder klar sehen. Nero war sehr nervös. Er beklopfte noch immer meine Wangen, obwohl ich ihn aus weit geöffneten Augen anblickte.
    Hannibal stand neben dem Ex-Kapitän. Ich fühlte, wie es in dem Kleinen arbeitete.
    »Riebsam-Effekt? Was ist das, Kommandant?«
    »Ach, hören Sie doch auf!« fuhr Nofeney auf. Sein Gesicht verzerrte sich. »Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß es bei Ihren Experimenten keine Time-Explosion gegeben hat. Allmächtig war Professor Toterlay bestimmt auch nicht.«
    Ich hütete mich, ihn

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