Ausgezählt
Engel ungeduldig.
»Ich will zum KK 11.«
»War ich heute Mittag nicht deutlich genug?«
»Sie sitzen am Hebel. Sie sind die rechte Hand des Kripochefs.«
Der Kriminalrat blickte auf das Tablett, als wollte er die Gläser zählen. Er sprang auf und verließ wortlos die Stube. Für einen Moment brandete der Brauhauslärm herein. Dann fiel die Tür hinter dem Langen ins Schloss.
Pommer tuschelte: »Gib ihm einen Einkaufsgutschein für das Modehaus Selbach und er glaubt, ihm gehört die Welt.«
Bruno musste lachen.
Der Grauschopf prostete ihm zu. »Find ich gut, wie du pokerst. Wird mir ein Vergnügen sein, unter deiner Leitung zu arbeiten.«
Das kann er nur ironisch meinen, dachte Bruno – Ebis Schwager war ein Dutzend Jahre älter als er und rangierte als Dienststellenleiter weit höher auf dem Karrieretreppchen.
Bruno räusperte sich. »Wie geht’s deiner Schwester?«
Sein Gegenüber wischte sich Schaum von der Oberlippe. »Besser. Nach dem Tod des Babys war es schlimm. Hätte nie gedacht, dass meine Schwester der Typ für ’nen Suizid ist. Lara hat jetzt endlich das Haus verscherbelt und wohnt vorübergehend bei uns. Meine Frau animiert sie, dass sie wieder unter Leute geht. Lara muss nach vorn schauen.«
»Und finanziell?«
»Es wurde was gespendet, damals. Und der große Bruder hilft, so gut er kann.«
»Ich kann wirklich nichts dafür, dass Ebi erschossen wurde.«
»Ich weiß.«
»Er wollte nicht, dass ich ihn begleite. Ich dachte, Ebi und dieser Tünnes hätten etwas Persönliches zu bequatschen. Ich konnte doch nicht ahnen, dass dieser BMW-Fahrer ein Psycho war. Als Helmer schoss, ging alles rasend schnell.«
Pommer legte die Hand auf Brunos Arm. »Dreitausend Beamte in unserer Behörde sind heilfroh, dass sie nicht an deiner Stelle waren. Sei froh, dass du es überlebt hast.«
Die Tür wurde aufgerissen. Engel kehrte zurück und verstaute das Handy in der Innentasche seines Sakkos. Der Lange musterte Bruno. »Die Stelle im KK 11 ist bereits vergeben. Aber die nächste wird Ihre sein, darauf haben Sie mein Wort.« Der Kriminalrat streckte die Hand aus.
Bruno hielt sich an seinem Glas fest. Eine geheime Ermittlung. Ein Sumpf, den keiner überschauen konnte. Andererseits die Beförderung. Die Chance auf Versetzung – irgendwann.
Pommer zwinkerte. »Die Landesregierung wird uns dankbar sein.«
Ebis Schwager verachtete ihn nicht.
Bruno schlug ein. Er war im Boot. Als Leiter der Schnüffelaktion. Vielleicht würde er es schaffen, das Ding zu schaukeln, ohne sich selbst in den Morast zu manövrieren.
Der Grauschopf hob den Finger wie in der Schule. »Herr Kriminalrat …«
»Jetzt ist es zu spät für weitere Forderungen«, wehrte Engel ab.
»Sie sprachen von zuverlässigen Mitarbeitern. Ich habe einen Vorschlag. Markus Seberich aus meiner Dienststelle. Großartiger Ermittler. Für seine Diskretion lege ich die Hand ins Feuer.«
Bruno bemerkte Engels fragenden Blick und stimmte zu.
Der Grauschopf hatte es jetzt eilig. Er angelte seine Lederjacke vom Kleiderständer und verabschiedete sich mit einem letzten Zwinkern. Die Tür fiel hinter Pommer ins Schloss.
Der Kriminalrat brauste auf: »Mensch, Wegmann, warum zum Teufel lassen Sie sich auf Pommers Vorschlag ein? Kennen Sie keinen Kollegen, dem Sie vertrauen können?«
»Nein, wieso? Was haben Sie gegen Seberich?«
»Halten Sie Pommer und Seberich an der kurzen Leine!«
»Sie müssen mir schon erklären, was los ist.«
Der Lange schlüpfte in seinen Regenmantel. »Der Tod Ihres früheren Partners Thomas Eberhard.«
»Was ist damit?«, fragte Bruno, obwohl er wusste, was kommen würde.
»Max Pommer und Markus Seberich meldeten am 27. November letzten Jahres um 20.38 Uhr, dass sie den BMW des Polizistenmörders Michael Helmer auf einem der Parkplätze der Grafenberger Rennbahn gefunden hätten. Man munkelt, die beiden hätten den Mörder gestellt und hingerichtet. Die Ermittler vom Inneren Dienst konnten Pommer und seinem Spezi nichts nachweisen, aber die Sache bleibt dubios.«
Noch ein Gerücht. Wenn es stimmt, gratuliere ich euch beiden von Herzen, dachte Bruno.
Engel wühlte in den Manteltaschen, als suche er etwas. Er fand seinen Schal unter dem Stuhl und schlang ihn um den Hals.
»Der Innere Dienst wurde aufgelöst, bevor er richtig loslegen konnte. Die Sache stinkt zum Himmel. Dieser Pommer wird gedeckt.«
»Warum haben Sie ihn für diese Sonderermittlung ausgesucht, wenn Sie ihm misstrauen?«
»Ich hab ihn nicht
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