Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
ausgesucht. Das ist es ja gerade. Der Bursche hat Drähte. Er wusste bereits von der Sonderermittlung, bevor der Kripochef mir Bescheid gab. Er hat sich in diese Sache hineingedrängt. Und ich muss wissen, warum. Das ist die Aufgabe, für die ich Sie engagiert habe. Enttäuschen Sie mich nicht!«

Teil drei
    Sonderermittlung
     

27.
    Auch jetzt kein Licht hinter den Fenstern. Bruno stieg die Treppen hoch. Mit jeder Stufe fühlte er sich einsamer. Ohne Karen war ihm, als stünde die Zeit still.
    Im Schrank fehlten zwei Koffer und ein Teil ihrer Kleidung. Den Schreibtisch hatte sie bis auf Kleinkram und ein paar Ordner geleert. Im Badezimmer war ihre Hälfte des Spiegelschranks ausgeräumt. Bruno fand den kupfernen Spatel, mit dem sich Karen nach dem Aufstehen die Zunge abschabte. Er feuerte den Ayurvedascheiß in den Abfalleimer. Eine Nachricht hatte seine Frau nicht hinterlassen.
    Auf dem Anrufbeantworter war die Stimme von Ariane Klee. Freds Stiefschwester verspürte das Bedürfnis, sich über den Mord an ihren Familienangehörigen auszuweinen.
    Bruno fühlte sich zu matt, um jemanden zu trösten.
    Er konnte lange nicht einschlafen.
     
    Das Frühstück bestand aus Tee, vertrocknetem Brot und einem Rest Marmelade. Danach schmerzte Brunos Magen. Er vergewisserte sich, dass sein Handy geladen war, und verließ die Wohnung.
    Der Tag war grau, Nieselregen begleitete Bruno auf dem Weg zur Festung.
    Die piepsstimmige Kaffeetante mit den auftoupierten Dauerwellen, die in der Datenstation Dienst schob, war schon von Engel auf Brunos Besuch vorbereitet worden. Der Kriminalrat hatte ihm freien Zugriff auf die Datenbank versprochen und auf Hunderttausende von Hängeordnern, die in den Schränken der Kriminalaktenhaltung lagerten.
    Bruno ließ sich den PC zeigen, an dem er arbeiten konnte. Das Telefon klingelte und die Angestellte eilte zurück an ihren Platz, um die Anfrage eines Kollegen zu bearbeiten. Bruno knipste Schreibtischlampe und Monitor an und tippte das Passwort in die Tastatur. Es stand in den Unterlagen, die Engel ihm ausgehändigt hatte.
    In seiner Dienststelle verfügte Bruno lediglich über die Daten von Einwohnermeldeamt und Straßenverkehrsbehörde. Wenn ein Beamter Einblick in Kriminalakten brauchte, musste er bei der Datentante anrufen und sich mit einem Kennwort ausweisen, das jede Woche aktualisiert wurde. Dann bekam er zu den Namen, die er überprüfen wollte, die zugehörigen Aktennummern. Damit konnte er zur Kriminalaktenhaltung tigern und die Dossiers einsehen, die über die betreffenden Personen existierten. Er durfte sich Kopien anfertigen, die Akten aber nicht mitnehmen. Jede Einsichtnahme wurde vermerkt.
    Jetzt hatte Bruno direkten Zugriff. Er war Herr über Unmengen von Erkenntnissen. Er konnte in der INPOL-Datei des Bundeskriminalamts stöbern. Jede Person, die seit Ende der achtziger Jahre erkennungsdienstlich behandelt worden war, durfte er unter die Lupe nehmen. Dazu jeden Verdächtigen oder Zeugen, über den ein Düsseldorfer Kollege auch nur einen Vermerk angelegt hatte.
    Ein Suchformular erschien auf Brunos Bildschirm.
    Bruno ließ die Tasten klicken. Probehalber.
    Name: H-ö-v-e-l.
    Vorname: G-e-r-n-o-t.
    Nichts. Der Staatskanzleichef schien sauber – noch nie polizeilich aufgefallen.
    Bruno wiederholte das Spielchen. Er gab die Namen einiger Politiker ein, die ihm in den Sinn kamen. Innenminister, Ministerpräsident, Oppositionschef. Das gleiche Ergebnis. Gegen keinen von ihnen war jemals ermittelt worden, schon gar nicht in Drogensachen.
    Bruno machte sich ernsthaft an die Arbeit. Über INPOL wählte er das Aktenerschließungssystem DOK. Sämtliche Erkenntnisse nach Sachbereichen erfasst. Staatsschutz, Waffenhandel, Organisierte Kriminalität … Rauschgift.
    Er grenzte das Suchgebiet auf die Landeshauptstadt ein und surfte durch ein Geflecht aus Fällen, Personen und Örtlichkeiten. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, dass ihm Suchhilfen zur Verfügung standen: analyst’s notebook, datamining-tool.
    Das Drogengeschäft lag zum großen Teil in der Hand ausländischer Dealerbanden. Türken, Kurden, Albaner, Nigerianer. Bruno sortierte die Ausländer aus. Die Datenflut wurde etwas überschaubarer.
    Rauschmittel Kokain.
    Er überflog Namen, Adressen und Aktennummern. Vermerke über Beobachtungen und Anhaltemeldungen, Zeugenaussagen und vorläufige Festnahmen. Erkennungsdienstliche Maßnahmen, Haftnotizen. Personenbeschreibungen, Spitznamen, Autokennzeichen. Immer wieder Abkürzungen

Weitere Kostenlose Bücher