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Ausgezählt

Ausgezählt

Titel: Ausgezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Zuschauer geachtet.
    »Ich hab das mal genauso gemacht. Den gegnerischen Trainer zum Narren gehalten. Zweiundsiebzig, westdeutsche Landesmeisterschaft. Mein Gegner hielt mich tatsächlich für ’nen Distanzboxer und Rechtsausleger. Ich hätte gewonnen, wenn er mir nicht die Augenbraue aufgerissen hätte. Leider kannst du nicht alles planen.«
    Bruno setzte sich an die Nackenmaschine, legte den Riemen um den Kopf und strapazierte den Strecker.
    Janssen fragte: »Warum machst du den Scheiß mit? Sechs Runden, okay. Aber dann nur zwei Minuten statt drei. Und wieso ohne Kopfschutz?«
    Bruno wechselte die Position. Er quälte den Beuger. Als er fertig war, saß der Coach immer noch da. Janssen starrte auf seine Turnschuhe.
    Bruno fragte: »Was hast du? Geht’s dir nicht gut?«
    »Ich mach mir Sorgen wegen Hannah.«
    »Was ist los mit ihr?«
    »Sie ist nicht mehr mein Mädchen.«
    »Klar. Sie ist jetzt erwachsen.«
    »Das mein ich nicht. Sie benimmt sich komisch. Sie reagiert so aggressiv, wenn ich ihr kein Geld leihe. Ich glaub, sie nimmt Drogen.«
    Bruno spürte, dass ihn Janssens Blick verfolgte. Der Alte schien seine ganze Hoffnung in ihn zu setzen.

49.
    Bei Tagesanbruch fuhr Bruno in den Grafenberger Wald. Er hetzte die Hügel rauf und runter. Er trank reichlich Wasser mit Magnesium, dehnte die Muskeln und rannte eine zweite Runde. Blauer Himmel, ein warmer Tag. Bruno schlug Haken und Gerade während des Laufs. Noch eine Woche bis zum Kampf.
    Zu Hause duschte er und zog frische Sachen an. Sein bestes Hemd, leider war es ungebügelt. Er deckte den Tisch mit allen Schikanen, wie Karen es manchmal am Sonntag getan hatte: Stoffservietten, Kerzenleuchter, eine Vase mit frischen Blumen. Croissants, gebeizter Lachs, Entenleberpastete, drei Sorten Rohmilchkäse – Bruno hatte sich auf dem Markt eingedeckt.
    Es klingelte. Er drückte den Türöffner. Schritte im Treppenhaus. Lara, tatsächlich.
    Bruno lief durch die Wohnung, um nachzuschauen, ob alles aufgeräumt war. Er versteckte die ausgedrückte Zahncremetube im Spiegelschrank. Er stopfte den Pyjama unter das Federbett. Er ordnete herumliegende Zeitschriften im Wohnzimmer zu einem Stapel – was von seiner Frau stammte, kam nach unten.
    Lara stand in der Tür. Unbeholfen umarmten sie sich und hauchten sich gegenseitig ein Küsschen auf die Wange. Bruno registrierte, dass sie genauso nervös war wie er.
    Sie drückte ihm eine Flasche Champagner in die Hand. »Ich hab was zu feiern.«
    Lara erzählte: Eine Filmproduktionsfirma habe sie eingestellt als Disponentin. Ein Bekannter von Max arbeite dort als Cutter und habe ihr geraten, sich zu bewerben. Gestern habe sie die Zusage erhalten. Am zweiten Mai würde sie anfangen.
    Bruno gratulierte. Er bat sie, das Schampustrinken zu verschieben. Vor dem Kampf keinen Alkohol.
    Beim Frühstück wollte sie wissen, was er von der Wohnung über dem Palumbo halte. Sie überlege, den Vertrag ihres Bruders zu übernehmen. Die Miete sei günstig. Bruno bot ihr an, bei Renovierung und Umzug zu helfen.
    Die Unterhaltung blieb zunächst mühsam. Was sie gemeinsam hatten, schnitten sie nicht an – aus Angst, den anderen zu verletzen. Lara fragte nach den Vorbereitungen zum Boxkampf, doch Bruno erkannte rasch, dass sie sich dafür nicht wirklich interessierte. Er erkundigte sich nach der Arbeit bei der Filmproduktion, doch sie hatte noch keine Erfahrung gemacht, über die sie berichten konnte. Fast hätte er Karen erwähnt, die häufig mit Firmen arbeitete, die Kamerateams und Schnittplätze vermieteten.
    Lara war es, die schließlich die Schießerei ansprach: »Wie hast du die Sache weggesteckt?«
    »Ganz gut.«
    »Und Thomas wollte tatsächlich nicht, dass du ihn bei der Überprüfung des Amokläufers begleitest?«
    »Es war so. Nur sehen das die meisten Kollegen anders.«
    »Hast du überlegt, den Job zu wechseln?«
    »Man entscheidet sich irgendwann, Polizist zu werden. Du vergisst, warum, aber du musst deinen Entschluss ausbaden. Ich bin zweiunddreißig und hab nichts anderes gelernt. Ich glaube, dass ich den Job ganz gut mache. Mir bleibt nichts anderes übrig, als es auch allen anderen zu beweisen.«
    »Das hat mein Vater auch immer gesagt.«
    Bruno erinnerte sich: alter Polizistenadel, wie Max es formuliert hatte.
    Lara wollte den Tisch abräumen. Bruno hielt sie fest. »Das mach ich später.«
    Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. Er streichelte ihren Rücken. Seine Lippen suchten ihren Hals. Lara entzog sich ihm. »Tut mir

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