Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausländer

Ausländer

Titel: Ausländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baumhaus
Vom Netzwerk:
gelangten, setzten sich zur Wehr. Einige Mädchen kreischten.
    »Wenn überhaupt, geht es nur über die Mauer«, sagte Peter.
    Aber die Mauerkrone war mit Stacheldraht besetzt. Und sie war zu hoch, als dass man sie ohne Hilfe erklettern konnte. Peter sprang auf eine der Mülltonnen und drückte bei dem Versuch, an den Stacheldraht zu kommen, den Deckel ein. »Das schaffen wir nicht. Der zerschneidet uns die Hände.«
    Er griff nach dem Draht und zerrte daran. Der Draht war so alt und verrostet, dass er sofort brach. Hinter ihnen kam der Lärm des Handgemenges immer näher. In der Ferne begann eine Polizeisirene zu heulen.
    Peter zerrte hektisch an dem Draht, bis die Lücke groß genug war, um über die Mauer zu klettern. Dann sprang er herunter, um Anna auf die Mülltonne zu helfen, aber mehrere andereJungen und Mädchen drängten ihn beiseite, um selbst möglichst schnell zu entkommen. Nachdem die ersten zwei oder drei über die Mauer geklettert waren, bekam Peter Angst um Anna und sich. Er stieß einen Jungen zurück, damit Anna hinaufsteigen konnte, und als sie über der Mauer war, kletterte auch er auf die Tonne. Der Junge, den er weggestoßen hatte, zerrte an seinem Hosenbein und zog ihn wieder herunter. Peter fiel hart zu Boden, da kippte die Mülltonne um und ihr Inhalt verteilte sich auf dem Hof. Der Junge war außer sich und schlug auf Peter ein. »Hör auf, du Idiot«, schrie Peter. »Prügle die anderen, aber nicht uns.«
    Er versuchte, eine andere Mülltonne zur Mauer zu ziehen. In blinder Panik wollte der Junge sie ihm streitig machen. Inzwischen hatte auch die HJ -Streife den Hof erreicht, worauf eine heftige Schlägerei mit Fäusten und Stiefeln entbrannte. Jemand in schwarzer Uniform zerrte den Jungen beiseite, der Peter attackierte, und verschaffte ihm damit die Gelegenheit, auf die Mülltonne zu springen. Peter schwang gerade sein linkes Bein über die Mauer, als eine Hand seinen rechten Fuß packte. Flugs schwang Peter zurück und trat mit seinem linken Fuß gegen die Hand und den Kopf des HJ -Jungen, der ihn festhielt. Der Junge taumelte zurück und hielt sich die Hand an den Kopf. Der Moment genügte Peter. In Sekundenschnelle war er über die Mauer und landete hart auf der kopfsteingepflasterten Straße. Vor ihm lag eine schmale Gasse und dahinter die breitere Große Hamburger Straße. Tanzende Schatten und ein Tumult auf der Straße verrieten ihm, dass die HJ schon dort draußen war. Die Sirene, die sie zuvor gehört hatten, gellte in seinen Ohren.
    Eine Gestalt trat aus einem Schlupfwinkel in der Gasse. Peter wappnete sich für eine weitere Prügelei. »Ich bin’s«, zischte Anna. Sie ergriff seine Hand. »Hier lang!«
    Sie führte ihn durch etliche schmalere Gassen weg von der Großen Hamburger Straße, bis sie schließlich den Hackeschen Markt erreichten. Im Schatten verborgen blieben sie stehen, um wieder zu Atem zu kommen. »Du hast auf mich gewartet!«, sagte Peter und küsste sie auf die Stirn.
    »Ich dachte, du schaffst es nie über die Mauer«, erwiderte sie. Er war sich nicht sicher, ob sie schluchzte oder kicherte. »Warum hat es so lang gedauert?«
    Ein Blutfleck auf ihrem Ärmel lenkte Peter ab. »Du hast dich verletzt!« Doch da spürte er einen stechenden Schmerz in seiner Handfläche. Er war es, der blutete. Er musste sich am Stacheldraht die Hand aufgerissen haben. Peter zog ein Taschentuch heraus und wickelte es fest um die hässliche Wunde. Anna knotete es zusammen.
    »Ich habe das Leistungsabzeichen für Erste Hilfe vom BDM , wie du weißt«, sagte sie mit scheinbarer Angeberei, »wie jedes gute deutsche Mädel. Um unsere tapferen Soldaten zu versorgen.«
    »Tut mir leid wegen deines Mantels«, murmelte Peter. Sie würde den Fleck erklären müssen.
    Der Platz war voller Menschen, die umherschlenderten oder vor den Bars und Cafés saßen. Anna zog Peter schnell die grellfarbene Krawatte vom Hals. Sie hakten einander unter und spazierten so ungezwungen wie möglich zum S-Bahnhof.
    »Was ist mit Segur?«, fragte Peter, mit einem Mal beunruhigt. Anna blieb wie angewurzelt stehen.
    »Ich habe ihn nicht davonlaufen sehen. Meinst du, er verrät ihnen, dass wir da waren?«
    Peter entgegnete, er sei sicher, dass Segur sie nicht verraten würde.
    »Aber sicher kann man nie sein«, gab Anna zurück. »Ich weiß, wie die vorgehen. Vati hat davon erzählt. Sie drohen dir sämtliche Höllenqualen an und versprechen gleichzeitig, dich laufen zu lassen, wenn du ihnen Namen

Weitere Kostenlose Bücher